Nicht vergessen!

Hallo und schön, dass Sie wieder dabei sind, hier Lars-Uwe Jung, Prediger in Aschersleben und Hettstedt mit ein paar Gedanken zum fünften, sechsten und siebten Kapitel des Buchs Hiob, besonders Hiob 7, Vers 17 und Psalm 8, Vers 5.

Hiob stellt Gott eine Frage, die wir im Liederbuch der Psalmen fast genauso lesen können. „Was ist der Mensch, dass du ihn groß achtest und dich um ihm bekümmerst?“, ruft Hiob voller Schmerzen und Zweifel Gott zu. „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst?“ singt David fasziniert und lobt Gott.

Nun ist es so, dass auch David schwere Zeiten durchleben musste. Hiobs Leid stellt das Davids jedoch noch weit in den Schatten. Zudem blickt David zurück auf Gottes Handeln in der Schöpfung. Hiob dagegen befindet sich mitten in einer, für ihn aussichtslosen, Situation. Er kann auch auf gute Zeiten zurückschauen. Seine augenblickliche ist jedoch so finster, wie er es sich nie hätte vorstellen können oder wollen.

Er hatte selbst Menschen in tiefer Not aufhelfen können. Doch jetzt sieht er sich umgeben von Freunden, die ihn nicht verstehen und doch nach Lösungen suchen. Nichts ist falsch, an dem, was sie sagen. Aber irgendwie findet es keinen Platz im Erleben Hiobs.

Er versteht seine Freunde nicht, Gott aber noch viel weniger. Doch von beiden fühlt er sich nicht verlassen. Genau das ist das Schlimme, am Erleben Hiobs:

Warum bin ich Gott so wichtig, dass er mich sogar leiden lässt? So reich, weise und vorbildlich ich war. Vor Gott bin ich doch nur ein Mensch von unzähligen auf der Erde. Jetzt, vor mir und nach mir wird es noch viele geben. Warum gibt sich Gott mit mir ab? Warum bin ich ihm so wichtig, dass er mir sogar so Schlimmes zumutet? – eigenes Leid und verständnislose Freunde – Warum?

Was wir beim Lesen des Buches Hiob nicht vergessen dürfen ist, dass wir als Leser mehr wissen, als er, seine Freunde, seine Frau. Wir wissen, was sich im Hintergrund abspielt. Satan will Hiob von Gott wegbringen. Doch Gott ist sich sicher, dass Hiob an ihm festhält. Gott wird eins seiner Lieblingskinder nicht aus der Hand fallen lassen. Er lässt überhaupt gar keines fallen. Hiob weiß das irgendwie. Doch genau dieses Wissen macht es ihm so schwer.

Gott lässt mich nicht fallen und zerschellen, und doch lässt er es zu, dass ich in seiner Hand, vorher für mich unvorstellbares Leid erleben muss.

Wenn er auch die Worte des ersten Freundes überhaupt nicht als hilfreich empfindet, hört er doch auf seinen Rat:

Sprich mit Gott! Wende dich an ihn!

Hiob 5,8 nach den Worten von Elifas von Teman, Freund Hiobs

Genau das tut Hiob dann und beginnt sein Gespräch mit Gott. Er versteht sein Handeln nicht, aber wendet sich an ihn. Genau, weil er es nicht versteht, spricht er mit ihm und überschüttet ihn mit Fragen. Hiob hinterfragt Gott sogar. Es ist glaubender Zweifel, den wir hier erleben, Glaube, der wehtut, der seinen Schmerz hinausschreit.

Halten wir solch einen Glauben aus? Bleiben wir an der Seite von Menschen stehen, die uns mit solchen Fragen begegnen? Gehen wir ihnen lieber aus dem Weg und wechseln die Straßenseite. Oder verlassen wir nach dem Gottesdienst den Saal lieber durch eine andere Stuhlreihe, um Zweiflern aus dem Weg zu gehen?

Ich glaube, oft geht es gar nicht darum, dass wir die richtige Antwort haben. Denn Hiobs Freunde liegen ja gar nicht so ganz falsch. So einige Worte finden wir im Neuen Testament wieder bei Jesus, Paulus, Jakobus und anderen. Es sind eben nur die richtigen Worte am falschen Platz.

Setzen wir einfach ein Zeichen der Gemeinschaft, die im Schweigen schreiend vor Gott tritt. Gott hält das aus. Gott hält uns. Gott formt uns, korrigiert uns. Wenn wir auch seinen ganz persönlichen Plan mit uns nicht kennen. So können wir mit Hiob und David trotzdem zusammen fragend, staunend und manchmal auch zweifelnd bekennen:

Was ist der Mensch, dass du er dir so wichtig ist? Wer bin ich, dass ich dir so wichtig bin?

Hiob 7, Vers 17 und Psalm 8, Vers 5

Wir sind Gott einfach wichtig. Er lässt uns nicht einfach so, wie wir sind. Er hat uns zu ihm hin geschaffen. Diese Richtung ändert er nicht.

Letztendlich ist es nicht unser Glaube, der uns hält, sondern Gottes Gnade und Treue. Mitten in der Zeit ohne Antworten, in der Zeit unserer Fragen, bricht er die Macht des Bösen. Wir wissen das, erleben es aber oft noch nicht so – manchmal aber schon. So dürfen wir früher oder später zurückblicken auf das, was Gott getan hat und auf uns, die er uns geschaffen hat; vielleicht schon jetzt:

Was ist der Mensch, dass du ihn nicht vergisst? Wer bin ich, dass du mich nicht vergisst?

Danke Gott!

Dein Kind