„Hallo und schön, dass Sie wieder dabei sind, hier Lars-Uwe Jung, Prediger in Aschersleben und Hettstedt mit ein paar Gedanken zum ersten Kapitel des Jakobusbriefs.“
Fanden sie sich auch schon Mal in einer Situation, in der sich nicht wussten, wie sie sich entscheiden sollten? Da ging es nicht um die Farbe des Hemdes bei ihrem Lieblingsbekleidungsgeschäft, sondern um wichtigeres. Vielleicht ging es darum, eine Wohnung zu finden oder eine neue Arbeitsstelle. Vielleicht mussten sie sich für die eine oder andere Behandlungsweise entscheiden um einer Krankheit entgegenzutreten. Oder es ging um Entscheidungen, die in und für die Gemeinde getroffen werden müssen.
Manchmal fällt es einem leicht, ein anderes Mal schwerer sich für eine Option zu entscheiden. Dann gibt es auch Entscheidungen, die man alleine treffen muss und andere, die man in der Gruppe treffen muss. Hier oder da ist es oft gut kompetente Ratgeber einzubeziehen.
Jakobus kennt solche Situationen zu Genüge und zählt einige in seinem Brief auf. Oft weiß noch nicht einmal er selbst, als Leiter der Gemeinde in Jerusalem, wofür er sich entscheiden soll. Neben den anderen Gemeindeleitern kennt er aber einen Ratgeber, auf den er seine Leser unbedingt aufmerksam machen will. Denn dieser Ratgeber hat wirklich den Überblick, verliert ihn auch nicht. So schreibt er:
„Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern und ohne Vorwurf gibt; so wird sie ihm gegeben werden. * Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und aufgepeitscht wird.“
(Jakobus 1,5–6 aus der Lutherbibel von 2017)
Dieser Zuspruch ist so schön, wie auch herausfordernd.
Als Christen dürfen wir mit einem Gott rechnen, zu dem wir kommen dürfen, wie wir sind. Er macht uns keine Vorwürfe, wenn wir nicht weiter wissen oder noch nicht einmal, wenn wir den Karren in den Sand gefahren haben und dann mit gesenktem Haupt zu ihm kommen, weil wir etwas vergeigt haben. Er freut sich einfach, wenn wir ehrlich zu ihm kommen. Dazu gibt er gerne. Ist er doch der Schöpfer des Himmels und der Erde, der Geber und Erfinder aller Dinge.
Die Herausforderung liegt in der Bedingung, die an den Zuspruch geknüpft ist: „Komm mit Glauben und zweifle nicht!“ Doch wie oft ist es so, dass wir doch an uns selbst zweifeln oder an Gottes Möglichkeiten? So meinen wir zuschauen zu müssen, wie sich der Zuspruch gegen uns wendet, wenn wir meinen Gott würde uns nicht antworten. Haben wir etwa keinen Glauben, dass Gott uns nicht der Antwort würdigt?
Die Antwort ist eine doppelte.
Im ersten Teil der Antwort betont Jakobus ja gerade, dass wir nicht mit unserer Weisheit zu Gott kommen sollen, sondern um seine bitten sollen. Wenn wir zu Gott kommen, dann sollen und dürfen wir mit leeren Händen zu ihm gehen. Das ist es ja gerade, was Jakobus uns sagen will. Das einzige, was du brauchst ist Glauben, ist eine vertrauensvolle Beziehung, die Gemeinschaft mit dem schöpferischen und von Ideen überfließenden Gott sucht. Was ist dein Bild von Gott? Diese Frage stellt dir Jakobus hier.
Dazu eine kleine Hausaufgabe: Suchen sie doch die sechs Geschenke im Jakobusbrief, die Gott für uns bereit hält. Sie zeigen den unermesslichen Wert, den wir in Gottes Augen haben.
Kommen wir jetzt zum zweiten Teil der Antwort. Wir finden sie im dritten Kapitel.
„Die Weisheit aber von oben her ist zuerst lauter, dann friedfertig, gütig, lässt sich etwas sagen, ist reich an Barmherzigkeit und guten Früchten, unparteiisch, ohne Heuchelei.“
(Jakobus 3,17 aus der Lutherbibel von 2017)
Hier kommt Jakobus auf den Kern der Bitte um Weisheit. Er hat gemerkt, dass es oft gar nicht um die Entscheidung für oder gegen etwas geht, sondern darum, was diese Entscheidung prägt. Jakobus zählt hier einige Charaktereigenschaften auf, nach denen wir uns ausstrecken sollen, die in unserer Entscheidungsfindung sozusagen nicht fehlen dürfen. Er fragt dich und mich:
„Bist du lauter und ehrlich in deiner Argumentation? Möchtest du Frieden oder deinen Willen? Begegnest du deinem Gegenüber mit Güte? Bist du kritikfähig? Darf man dich hinterfragen? Bist du selbstgerecht oder barmherzig mit dir und anderen? Wodurch lässt du dich überzeugen, den Anschein oder das Herz des Gegenübers? Willst du jemand vortäuschen, der du nicht bist?“
Paulus drückt das fast genauso aus und malt den Christen in Galatien die Früchte des Heiligen Geistes vor. Denn darum geht es den beiden, Jakobus und Paulus, nämlich dass wir uns vom Heiligen Geist, von der Weisheit Gottes, erfüllen, prägen, verändern lassen dürfen. Denn es oft geht es ja nicht um die eine oder andere Option für die wir uns entscheiden müssen, sondern darum in welchem Geist wir die Entscheidung fällen. Ist es Gottes Geist, so ist sie immer richtig. Ist es unser Dick- oder Dumpfkopf verfallen wir eher auf den Zufall.
Es gibt wenige Entscheidungen, für die es ein definitives Ja oder Nein gibt, allen voran unser Ja zur Entscheidung Gottes für uns, also unser Ja ihm Vertrauen zu schenken. Bei den meisten anderen Entscheidungen sollen wir lernen, in der Weisheit Gottes abzuwägen und zu entscheiden. Wir dürfen vertrauensvoll zu ihm kommen und auf seine sanfte Stimme hören.
Darauf kommt es an, wenn du nicht weiter weist. Komm zum Herrn, der dich nicht rügt, sondern dir hilft. Komm zu dem, der dich nicht richten will, sondern möchte, dass du deine Augen und dein Herz auf ihn richtest. Lass dich beschenken und erfüllen vom Schöpfer, Retter und Erhalter der Welt.
Amen!