Abgelenkt

Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch und bereite diesen Kurzimpuls vor. Rechts von mir ist das Dachfenster. Plötzlich scheint die Sonne grell ins Zimmer. Dann wird es wieder dunkel. Ich muss niesen. Das wiederholt sich mehrmals. Ich will aber die Jalousie nicht runtermachen, habe keine Lust auf künstliches Licht. Ich schaue raus und sehe einen Schwarm Vögel durch den Wind gleiten und nach Insekten jagen. Plötzlich stehe ich am Fenster und schaue fasziniert auf diese pfeilschnellen Jäger. Was für Vögel sind das wohl? Schwalben? Nein. Mauersegler? Auch nicht. Ich schaue und rätsle. Blauer Bauch, rotbraune Flügel, spitzer Schnabel, nicht zu groß, nicht zu klein. Gehe interessiert zurück an den Schreibtisch und recherchiere im Internet und werde fündig. Ich glaube, es sind … (Auflösung unten)

So schnell lasse ich mich ablenken. Dabei war genau das schon mein Gedanke, als ich den Bibeltext las: „abgelenkt„. Da geht Jesus mit drei seiner engsten Nachfolger auf einen hohen Berg. Sie sehen unglaubliche Dinge. Jesus weißer wie Schnee. Die zwei großen Männer Gottes, Elia und Mose, wie sie mit Jesus sprechen. Eine Wolke über Jesus. Eine mächtige Stimme:

Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören! Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein

Worte aus der sogenannten Verklärung von Jesus aus Markus 9,7–8.

Man mag jetzt denken, dass die ganze Aufmerksamkeit der drei Freunde bei Jesus wäre. Es ist aber nicht so. Hatten sie schon mitten in diesem außergewöhnlichen Ereignis verwirrt gefragt, ob sie drei Zelte für Elia, Mose und Jesus aufschlagen sollten, kommen sie bei ihrer Rückkehr wieder auf Elia zurück.

Physisch sahen sie Jesus neben sich gehen und sprachen mit ihm. Innerlich waren sie aber ganz woanders. Jesus geht geduldig auf seine abgelenkten Freunde ein und lenkt ihre Aufmerksamkeit immer wieder auf sich zurück. So ging es schon die ganzen Ereignisse vor diesem und in denen danach danach auch gleich wieder. Markus scheint das in seinem Evangelium, seinem Bericht über Jesus, besonders auffallen. Da wählt sich Jesus 12 unkonzentrierte Menschen aus, die er zu seinen engsten Vertrauten macht.

Sie lassen ihre Gedanken immer wieder schweifen, wie Vögel im Wind. Sie schnappen immer wieder etwas auf, verdauen es kaum, und lassen sich von der nächsten Windböe weiterwirbeln. Was macht Jesus? Jesus gibt ihnen immer wieder neu ein bisschen Futter. Man merkt es kaum. Aber langsam wächst das Vertrauen der 12 in Jesus. Oft fällt es ihnen schwer sich zu konzentrieren. Doch Jesus fängt sie samt ihrer Gedanken wieder ein und füttert sie geduldig.

Was die 12 erst nach und nach verstehen und ganz erfassen ist, dass es wirklich um Jesus allein geht. Es geht um Jesus, nicht um die alten Glaubenshelden. Denn ein Held im Glauben ist man nicht, wenn man große Dinge tut, sondern dann, wenn man auf Gott, den Vater, und Jesus, seinen Sohn, schaut.

Lassen wir uns auch immer wieder von Jesus auffangen, wenn unsere Gedanken von Windböen erfasst und abgelenkt werden. In Jesus sehen wir die bunten Farben der Liebe Gottes, nirgendwo anders. Ganz besonders werden sie deutlich, wenn wir Jesus am Kreuz sehen und Jesus vor dem leeren Grab. Genau darauf bereitet Jesus seine Nachfolger vor. Lassen wir uns genau darauf ein. Schauen wir nicht weg. Lassen wir uns immer wieder auffangen von Jesus. So schön die Welt und so spannend die Dinge in ihr, Jesus ist schöner, ein Leben mit Jesus entspannend ohne langweilig zu werden. Hören wir auf den Vater und lassen wir uns von ihm zu Helden machen, die immer wieder nur auf einen schauen:

Das ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören! Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein

Worte aus der sogenannten Verklärung von Jesus aus Markus 9,7–8.

Auflösung: Die Vögel, die mich abgelenkt haben, sind wahrscheinlich Bienenfresser. Sie retten uns davor, dass zu viele Fliegen und Wespen durch die offenen Fenster in unsere Wohnung kommen. Gott hat unsere Welt schön und bunt gemacht. Lassen wir ihr ihren Platz.