Einer von Euch – Teil von Dir

(Ein paar Gedanken zum Schluss des Briefs von Paulus an die Christen in Kolossä, Laodizäa und Hierapolis.)

Es gibt Stellen in der Bibel, die werden gewöhnlich überlesen. Dazu gehören auch die Grüße zum Abschluss der Briefe im Neuen Testament. Da werden viele Namen erwähnt, die man oft nicht oder nur einmal wieder woanders entdeckt, aber auch nur, wenn man sucht. Für Paulus, der die meisten der Briefe geschrieben hat, waren sie aber wichtig. Sie waren auch für die wichtig, an welche er die Briefe schrieb. Nun, vielleicht auch nicht. Trotzdem erwähnt er sie. Warum macht Paulus das? Schauen wir doch mal nach ein paar Gründen. 

Für Paulus waren es nicht einfach nur Namen, sondern konkrete Menschen. Er kopiert nicht einfach nur eine Seite aus seinem Adressbuch. Er ist mit diesen Menschen verbunden, selbst in der Ferne. Er ist eben nicht der einsame Überflieger und unabhängige Leiter. Er fühlt sich als einer von ihnen. Da sind Aristarch und Epaphras, seine Mitgefangenen, aber auch Tychikus, Markus und Jesus Justus, die er Mitarbeiter nennt. Mit ihnen und sie mit ihm. So teilen sie ihr Leben im Auf und Ab, ihre Erfahrungen. Sie teilen aber auch ihren Glauben und den teilen sie anderen mit. 

Dann sind da am Ende des Briefs an die Gemeinde in der Stadt Kolossä aber noch zwei so ganz unterschiedliche Menschen. Besonders einen vermissen die Kolosser sehr. Den anderen kennen sie vielleicht noch nicht einmal persönlich. Möglicherweise ist er auch nur einem von ihnen wichtig. Und das auch nur aus finanziellen Gründen. Beide saßen mit Paulus aber im Gefängnis.

Der erste ist Epaphras. Er hat die Christengemeinden im Städtedreieck Kolossä, Laodizäa und Hierapolis geprägt. Viele Menschen sind durch ihn zum Glauben gekommen. Paulus schreibt, wie sehr Epaphras mit ihnen verbunden ist. Er nennt ihn ‘einer von euch’. Er fühlt sich als Teil der drei Gemeinden weit weg. Deswegen betet er für sie. Unermüdlich bringt er sie im Gebet zu Gott. Er möchte, dass sie zum Ziel kommen, Erwachsen werden, erfüllt werden mit dem Willen Gottes. Mit ihnen geht er im gebet diesen Weg von weit weg, aber nicht von oben herab. Denn er ist einer von ihnen

Dann gibt es aber auch noch einen anderen. Den vermisst wohl keiner so sehr. Onesimus hatte sich mit seinem Arbeitgeber Philemon überworfen und hatte sich klammheimlich seinen Pflichten entzogen und Schaden angerichtet (soweit die Sicht Philemons). Wir wissen nicht, was genau passiert war. Wir wissen nur, dass da Beziehungen nicht in Ordnung waren. Für Paulus ändert das aber nichts. Onesimus ist ‘einer von euch’. Um so mehr betont Paulus, dass er für ihn und seine Freunde zu einem zuverlässigen und geliebten Bruder geworden ist. Gerade diesem ehemaligen Problemgänger vertraut Paulus nun die Aufgabe an, Tychikus und Markus in die drei Gemeinden einzuführen. Wahrscheinlich waren die ersten zwei noch nicht so sehr bekannt. Sie waren noch nicht ‘einer oder zwei von ihnen’. Doch gemeinsam sollen sie den Brief von Paulus und Timotheus übergeben. 

Kennen wir auch solche Menschen? Menschen, auf die wir neugierig sind; Menschen, die wir gar nicht vermissen; Menschen, die an uns schuldig geworden sind; Menschen, die wir lieben. Paulus sagt: 

Dieser Mensch gehört zu Dir mit seiner Vergangenheit und Zukunft. Er ist einer von Euch, von Dir. Sie ist eine von Euch, von Dir.

Warum? Nun, weil dieses Menschlein mit Dir Kind Gottes ist. So einfach ist das und so schön und so herausfordernd. Ohne sie würde Dir jemand fehlen. 

Wer ist Dein persönlicher ‘Epaphras’? Wer ist Dein persönlicher ‘Onesimus’? Bleibe eins mit Beiden, damit Du, damit Ihr, ganz bleibt. Sonst fehlt Dir was.

Mit ihm sende ich Onesimus, den treuen und lieben Bruder, der einer der Euren ist. Wie es hier um uns steht, werden sie euch alles berichten. … Es grüßt euch Epaphras, der einer von den Euren ist, ein Knecht Christi Jesu, der allezeit in seinen Gebeten für euch ringt, auf dass ihr fest steht, vollkommen und erfüllt mit allem, was Gottes Wille ist. * Ich bezeuge ihm, dass er viel Mühe hat um euch und um die in Laodizea und in Hierapolis.

(Kolosser 4,9 und 12–13 nach der Lutherbibel von 2017)