
Wir befinden uns mitten in der Adventszeit. Am sechsten Dezember war Nikolaustag und seit dem 1ersten Dezember öffnen wir jeden Tag ein Türchen im Adventskalender. Dazu zünden wir die vier Sonntage vor Weihnachten je eine Kerze mehr am Adventskranz an. Das tun wir mitten in der dunkelsten Zeit des Jahres. Das alles sind Zeichen der Vorfreude auf das Weihnachtsfest, das Fest der Geburt von Jesus Christus. Wir feiern Gottes Liebe und Barmherzigkeit. Er schenkt sich uns, weil uns sonst das Beste fehlt. Es ist genau das, was wir so sehr brauchen – Liebe und Barmherzigkeit.
Weil uns das so schwer fällt, fastete man früher in der Adventszeit um sich daran zu erinnern. Am Martinstag wurde damit begonnen. Deswegen die Martinsgans, die noch schnell geschlachtet und festlich verzehrt wurde. Dann fing eine verordnete Zeit der kargen Mahlzeiten an. “Andere Zeiten, andere Sitten – Gott sei Dank!”, so denke ich. Denn Fasten verbinde ich eigentlich mit einer besonderen Anstrengung oder mit Trauer.
In den letzten Tagen bin ich auf genau dieses Thema gestoßen. Aber ein Gedanke hat mich wieder überrascht. Fasten nicht als Plage, sondern als Fest. “Wieso das denn?!”, fragen Sie sich vielleicht. Wer hat schon Spaß daran Dinge zu lassen, die einem eigentlich Freude bereiten? Aber genau darum geht es eben nicht. So lese ich es zumindest an einigen Stellen in der Bibel.
Jesus macht sich sogar fast lustig über die Menschen, die düster drein sehen und sich in Sack und Asche hüllen, wenn sie fasten. Und lange vor ihm schneiden zwei Männer aus verschiedenen Epochen dasselbe Thema an.
Der eine nannte sich Jesaja, der andere Sacharja. Komische Namen für uns heute, damals aber in Mode. Beide Männer nannte man damals Propheten, weil sie viel von Gott wussten und das auch lebten. Beide erzählten den Menschen auch, dass Gott eines Tages einen Erlöser schicken würde – Gottes Liebe und Barmherzigkeit in einer sehr ernsten Lage.
In dieser so ernsten Lage fasteten die Menschen damals und erinnerten sich auch an andere schwere Zeiten. Gottes Liebe und Barmherzigkeit vergaßen sie dabei jedoch. Deswegen war ihr Fasten eher selbstauferlegte Anstrengung. Und genau das stellen die beiden Propheten infrage. Deswegen ruft Sacharja laut zu den tauben Ohren:
“»Hört, was ich, der Herr, euch sage: Bisher habt ihr … im 4., 5., 7. und 10. Monat Fastentage eingehalten und getrauert. Doch von nun an werdet ihr an diesen Tagen Freudenfeste feiern und laut jubeln. Darum liebt die Wahrheit und den Frieden!”
(Sacharja 8,19 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle)
Fasten soll zur Festzeit werden. Das ist die Botschaft damals, wie auch heute. “Aber wie geht das? Das ist doch ein Widerspruch in sich.” So denken wir schnell. Nein, ist es nicht. Warum? Weil es darum geht Frieden zu schaffen. Kurz vorher beschreibt Sacharja nämlich den Sinn des Fastens:
“Fällt gerechte Urteile! Geht liebevoll und barmherzig miteinander um! Die Witwen und Waisen, die Armen und die Ausländer sollt ihr nicht unterdrücken! Schmiedet keine bösen Pläne gegeneinander! Das befehle ich, der Herr, der allmächtige Gott!”
(Sacharja 7,9–10 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle)
Fasten bedeutet ganz einfach, meinem Mitmenschen es möglich zu machen zu feiern, dem Freund und dem Fremden. Fasten bedeutet in die Augen Gottes zu schauen, der mich unheimlich liebt. Fasten bedeutet, mich von dieser Liebe verändern zu lassen und sie zu feiern. Und was wäre eine Feier, wenn ich nicht andere dazu einlade?
Lasst uns doch in diesen Adventstagen mal darüber nachdenken, wie wir anderen eine Freude machen können, vielleicht besonders dem Fremden, dem Ausländer, der seine Heimat vermisst, die er verlassen musste. Vielleicht ist es aber auch ein bisschen Verständnis für den Sachbearbeiter in der Behörde, ein freundlicher Blick für die Kassiererin im Supermarkt oder den Menschen beim Warten in der Schlange dahin. Da würden wir dem biblischen Sinn des Fastens sehr nahe kommen.
Ich denke, wenn wir uns auf Gottes Lieben einlassen, ist Vieles möglich. Denn Gott macht das Unmögliche möglich. Öffnen wir ihm die Tür, wenn sie auch noch so quietscht! Das ist Weihnachten.