Heilsame Abhängigkeiten

Ich glaube, niemand von uns ist gerne von anderen abhängig. Wir sind gerne mit anderen Menschen zusammen. Entscheidungen treffen wir dann aber doch lieber allein. Das eine oder andere Mal suchen wir dann aber doch Rat. Im Zweifelsfall ziehen wir auch eine Zweit- oder Drittmeinung hinzu. Die Entscheidung möchten wir dann aber doch nicht abgeben und suchen dann eine, der Möglichkeiten aus. Obwohl… manchmal fällt es uns gerade dann schwer uns zu entscheiden, wenn uns mehrere Wege offen stehen. Um so schwerer ist es, wenn es um unsere Gesundheit geht oder darum schwere Entscheidungen zu treffen. In solchen Fällen würden wir gerne unsere Entscheidung in die Hände eines Dritten legen. Das heißt; wir bitten ihn oder sie darum für uns die Entscheidung zu treffen. 

In der Bibellese dieser Tage bzw. Wochen lesen wir davon, wie die ersten Juden aus dem Exil wieder zurück nach Jerusalem ziehen dürfen. Der Historiker Esra berichtet uns davon in seinem Buch. Irgendwie waren es nicht alle Juden, die das Angebot mit Freude annahmen. Die allermeisten bleiben zurück. König Kyrus, der Herrscher Persiens, gibt da volle Freiheit. Jeder darf für sich entscheiden. 

Etwa 50.000 Menschen nahmen das Angebot an. Später kamen noch weitere dazu. Manchmal braucht man einfach Leute, die einem vorangehen und Mut machen Entscheidungen zu treffen. Aus dieser ersten Gruppe kristallisierten sich dann zwei Männer heraus, Serubbabel und Josua. Der erste war begabter Organisator, der zweite Priester. Der eine kümmerte sich um geistliche Belange, der andere um die trockene Verwaltung. Beide aber standen eng zusammen, waren kaum voneinander zu trennen. Zusammen gelang es ihnen, die Rückkehrer zusammenzuhalten und zu motivieren. Alle zusammen wollten sie den zerstörten Tempel wieder aufbauen. 

Alle merkten: “Wir brauchen einander!

Weit kamen sie jedoch nicht. Nach nicht langer Zeit mischten sich Menschen unter die Juden, um sie mit süßen Worten zu demotivieren. “Bau doch erstmal ein Häuschen. Mach es dir hier bequem. Vergiss deine Familie nicht. Genieße das schöne Land.” Zu Josua und Serubbabel waren sie schon direkter: “Wer hat euch das erlaubt? Wer gibt euch das Recht? Was fällt euch ein?! Wir werden uns beim Herrscher beschweren.” Letzteres taten sie dann auch zunächst sogar mit Erfolg. Der Bau des Tempels schlief ein und wurde fast unmerklich eingestellt. 

Innerlich müde und äußerlich beschäftigt konzentrierten sich nun alle auf ihre persönlichen Belange. “Ich muss mich jetzt wirklich erstmal wieder um mich selbst kümmern.” Das war die Reaktion. Serubbabel und Josua machten auch nur noch ihren Job; der Priester seins, der Verwalter  seins. 

Doch dann kamen zwei weitere Männer zum Vorschein. Irgendwie stachen sie aus der Menge hervor. Sie hatten sich nicht ablenken lassen und waren tief beunruhigt über diese Entwicklung. Die beiden hatten auch ganz unterschiedliche Charaktere. Der eine hieß Haggai und sah die ganz praktischen Belange. Sacharja war der andere, der das Herz der Menschen sah und die Zukunft Gottes mit seinen leuten. Jeder, dieser beiden unterschiedlichen Männer, hörte die Stimme Gottes: “Weckt meine Leute wieder auf. Lenkt sie ab von sich selbst. Helft ihnen, wieder auf mich zu schauen, mir zu vertrauen, meinen Auftrag zu sehen.” Esra schreibt: 

Zu dieser Zeit traten die beiden Propheten Haggai und Sacharja, der Enkel von Iddo, auf. Im Auftrag des Gottes Israels sprachen sie den Juden in Juda und Jerusalem Mut zu. * Da beschlossen Serubbabel, der Sohn von Schealtiël, und Jeschua, der Sohn von Jozadak, den Bau des Tempels in Jerusalem wieder aufzunehmen. Die beiden Propheten unterstützten sie dabei.” 

(Esra 5,1–2 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle 2015)

Plötzlich waren es vier Männer. Die ersten zwei hatten die Vision, ihren Glauben irgendwie verloren. Die anderen halfen, beides zurückzuerlangen. Gemeinsam halfen sie sich und dem Volk. 

Sie merkten: “Wir brauchen einander. Wir sind voneinander abhängig. 

Haben wir doch auch Mut uns gegenseitig Mut zu machen Gott zu vertrauen und seinen Willen zu tun. Einzeln werden wir schnell entmutigt. Allein lassen wir uns schnell ablenken. Esra lädt uns ein in diese heilsame Abhängigkeit zu treten. Jeder für sich braucht den anderen. Jeder einzelne hat es immer wieder nötig sich erinnern zu lassen auf Gott zu schauen. Denn Gott hat einen guten Plan, einen Plan, der uns innerlich und äußerlich gut tut. Gott bringt uns weiter und gemeinsam sind wir auf einem guten Weg. Gemeinsam ziehen wir an einem Seil, das uns hält.

Gemeinsam Gott vertrauen. Das ist eine heilsame Abhängigkeit, Gemeinschaft, die gut tut. 

Und der Herr wird König sein über alle Lande. An jenem Tag wird der Herr der einzige sein und sein Name der einzige. * Und das ganze Land wird verwandelt werden …” 

(Sacharja 14,9–10a nach der Lutherbibel 2017)