Kalt erwischt!

Ein paar Gedanken zur Bibellese dieser Tage, ganz besonders zum Bericht aus Lukas, Kapitel 7, Verse 36-50.

Kalt erwischt!” Ein Schauer geht einem durch den Körper. Die eine wird blass, der andere rot. Oder man schaut unsicher oder plötzlich zur Seite. Es scheint, dass man nur mit dem berühmten Pokerface, dem regungslosen Gesicht eines Pokerspielers, sauber ’sein Gesicht’ wahren kann. 

Es war an einem Nachmittag oder Abend. Vielleicht am Vorabend eines Sabbattages. Jesus ist bei einem wichtigen Mitarbeiter der Synagogengemeinschaft eingeladen, bei einem Mann, der es wirklich ernst nimmt mit seinem Glauben. Jesus ist nicht der einzige Gast. Aber auf ihn sind alle Blicke gerichtet. Es scheinen immer mehr Gäste zu kommen. Einladungskarten gibt es nicht. Es ist ein offenes Haus. Wie schön! Die ersten Gäste bekommen die besten Plätze und liegen am Tisch. Stühle waren selten damals. 

Jesus scheint sich nicht zu erschrecken, als da plötzlich jemand an seinen Füßen herumnestelt. Eine Frau nähert sich von hinten. Sie bückt sich herunter. Tränen tropfen auf seine Füße. Plötzlich durchströmt den Raum der Duft von wohlriechendem Salböl. Gleichzeitig spürt Jesus das Salböl auf seinen Füßen. Spätestens jetzt dreht er sich um und sieht eine Frau, wie sie das Salböl mit ihren langen Haaren verreibt und seine Füße abtrocknet. 

Wer wäre da nicht zusammengezuckt und hätte die Füße schnell weggezogen?! Jesus lässt das zu. Er ist nicht erschrocken. Er fühlt sich nicht ertappt. Aber er sieht, wie zumindest drei andere zusammenzucken. “Kalt erwischt!” denken sie nacheinander. 

Der erste ist unser Berichterstatter Lukas. Der war damals gar nicht dabei. Aber dieses Geschehnis war ihm beim Hören hängen geblieben. Er schreibt: “Da war eine Sünderin in der Stadt …” Aha! “Kalt erwischt!” Da wird mit dem Finger auf eine Frau gezeigt, die ihr Leben total an die Wand gefahren hatte. Alle zeigen mit dem Finger auf sie. Sie war das wohl schon gewohnt. Ihr Leben lief in die falsche Richtung. Das war sogar ihr selbst klar. Aber sie dreht ihre Gedanken, wendet ihr Herz, richtet ihren Blick weg von sich und den Spöttern, hin auf Jesus. Sie hat ihr Leben satt. Gleichzeitig hat sie einen unstillbaren Hunger nach Heilung. “Nur Jesus kann ihn stillen!” Das ist ihre Hoffnung. Die ersten Beobachter schauen aber noch auf sie als gebrandmarkte Außenseiterin. Das verschweigt Lukas nicht. 

Dann kommt der fromme Gastgeber dran. Auch ihn erwischt es kalt. Dabei denkt er selbst, er hätte Jesus als Schwindler enttarnt. Doch Jesus durchschaut ihn. Der fromme Mann merkt das an der Frage, die Jesus ihm stellt. Er merkt aber auch, dass Jesus ihn nicht bloßstellt, sondern zunächst sogar lobt: “Deine Antwort ist genau richtig!” Doch dann muss er ihm doch helfen, von seinem hohen Ross herabzusteigen. 

Kalt erwischt!” Der fromme Mann merkt, dass er nur ein halbherziger Gastgeber war. Er muss erkennen, dass die gebrandmarkte Störerin seine Pflichten als Gastgeber übernommen hat und noch viel mehr. Sie hat mit ihren Tränen und dem Salböl nicht nur Äußerlichkeiten gezeigt. Diese Äußerlichkeiten kamen aus ihrem Herzen. Sie schüttet ihr Herz vor Jesus und vor allen Anwesenden aus. Sie ist es satt, ihre ihre Wunden und Sünden zu verstecken. Sie braucht Heilung und Vergebung. 

Jesus erfüllt ihr Hoffen und Sehnen. Er vergibt. Bei ihr ist er an der richtigen Stelle. Doch die Anwesenden werden plötzlich wieder kalt erwischt. Es wird klar, dass sie nichts verstanden haben. “Wie kann Jesus Sünden vergeben?!” Sie sind entsetzt. Jesus aber antwortet: “Ich habe nur ihrem Glauben geantwortet. Sie hat mir Vertrauen gezeigt, sich vor niemand gescheut. Jetzt darf sie ihn Frieden gehen!

Frieden - das ist aktiv erfahrene Vergebung. Frieden - das ist Heilung der Vergangenheit. Frieden - das ist ein neuer Anfang.

Und wieder stellt Jesus die Anwesenden nicht bloß. Allen ist klar, was passiert ist. Alle wurden kalt erwischt in ihren Gedanken und Urteilen. Sie gehen beunruhigt in die Nacht. Die Frau aber kann endlich wieder ruhig schlafen und in einen neuen Tag gehen. 

Das wünsche ich uns auch. Dass wir immer wieder Alles und Alle links liegen lassen und uns nur Jesus widmen, wenn wir ihm begegnen. Sei es im persönlichen Bibellesen und Gebet. Sei es im öffentlich Gottesdienst, wenn er wieder möglich ist. 

Und wenn Jesus uns kalt erwischt. Dann dürfen wir erleichtert aufatmen und zu ihm kommen. Er weiß es ja doch. 

Suchen wir Jesus. Beten wir ihn an. Verbergen wir nichts. Legen wir all unser Hoffen und Sehnen auf ihn. Das kann nur im Frieden enden!