Rote Linien

Erinnerst Du Dich noch an die Schulzeit, die eigene oder die der Kinder? Die korrigierten Hausaufgaben kamen zurück. Die Farbe rot war nicht zu übersehen. Naja, eigentlich war es eher so, dass weniger korrigiert wurde als markiert. 

Ich erinnere mich auch noch daran, dass manche Lehrer nicht wollten, dass man selbst entdeckte Fehler ausradiert oder ganz überkritzelte. Sie sollten einfach nur sauber durchgestrichen werden. Es hat lange gedauert, bis ich den Sinn verstand. Dem Lehrer ging es nicht darum Fehler zu finden, sondern meinem Gedankengang nachvollziehen zu können. Und manchmal war es sogar so, dass er dann merkte, dass das Durchgestrichene gar kein Fehler war. Ich wusste es besser, war aber unkonzentriert oder unsicher und hätte beinahe das Richtige ganz ausgelöscht. Es wäre zum Schluss nur der Fehler sichtbar geblieben. 

Aber wie schwer ist es doch Fehler einzugestehen. Warum ist das so? Liegt es daran, dass man Angst hat seinen Ruf zu verlieren? Oder fürchtet man, das Geständnis könnte einem zum Schlechten ausgelegt werden? Kann es sein, dass man gar nicht selbst oder allein schuld war? Warum sollte man sich selbst dann dazu stellen? War die Situation sogar so, dass man letztendlich keine andere Wahl hatte? Und ist es nicht so, dass ja jeder mal einen Fehler macht? Überhaupt, wird das Gegenüber das Geständnis akzeptieren? 

Das sind ganz viele Fragen und Ausreden, warum man Fehler nicht zugibt oder bereinigt. Man kritzelt sie lieber über oder versucht sie selbst auszuradieren. 

Gegen Ende des Buches der Sprüche Salomo lesen wir, wie erholsam es ist, aus einer solch verzwickten Situation herauszukommen. 

Wer seine Sünden vertuscht, hat kein Glück; wer sie aber bekennt und meidet, der wird Erbarmen finden. * Glücklich ist, wer Gott zu jeder Zeit achtet und ehrt! Wer sich aber innerlich verhärtet, wird ins Unglück stürzen.” 

(Aus dem Buch der Sprüche 28, Verse 13 und 14 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle 2015)

Salomo erinnert uns daran uns nicht innerlich zu verhärten. Das passiert nämlich, wenn wir unsere Fehler vertuschen. Die meisten Bibel übersetzen Sünde. Genauer gesagt geht es aber um übergriffiges Verhalten. Man hat eine rote Linie überschritten, die weder einem selbst, noch dem Mitmenschen gut getan hat. 

Mal die rote Linie nicht nachträglich mit weiß über.” ist Salomos Ratschlag. “Tritt einen Schritt zurück und schau Dir an, was passiert ist. Lerne auch daraus. So können Fehler zur Chance werden und Dich nachträglich wachsen lassen.

Das passiert aber nicht im Blick auf die rote Linie, sondern im Blick auf den, der sie gezogen hat, Gott. Die Linie ist eigentlich Nebensache. Denn eigentlich geht es darum Gott zu achten und zu ehren. 

Glaube ist kein Blick auf eine Mauer, die uns umschließt, sondern auf Gott, der die Welt erschaffen hat. 

Gott möchte nicht, dass wir ins Unglück stürzen. Er gönnt uns Glück. Das ist kein Glück im Sinn von aneinander gereihten glücklichen Zufällen. Das ist das Glück eines gelungenen Lebens. Das wunderbare daran ist, dass dieses Glück nicht an unserer Perfektion und Fehlerlosigkeit hängt, sondern an Gottes Erbarmen. 

Gott achten und ehren bedeutet also sein Erbarmen zu suchen, ihn als barmherzigen Gott kennenzulernen und anzunehmen. 

Aber genau zu ihm müssen wir immer wieder gehen, wenn wir blind gegen Mauern gerannt oder sinnlos rote Linien überschritten haben. Wer das nicht tut, wird innerlich hart. Das merkt man selbst oft gar nicht. Weil das Salomo aber doch eines Tages gemerkt hat, machte er gleich voller Glücksgefühle eine Notiz. 

Machen wir doch auch gleich eine Notiz! 

Gott ist barmherzig. Zu ihm kann ich kommen. An seiner Hand kann ich meiden, was mir und anderen nicht gut tut. Da habe ich wirklich Glück!

Fußnote: ... und helfen wir uns doch gegenseitig dabei glücklich zu werden. Das wär doch was, oder?!