Ruhepunkt in Unruhezeiten

(Ein paar Gedanken zu zwei unscheinbaren Sätzen im Johannesevangelium)

Es war mal wieder soweit. Man hat viel diskutiert. Unterschiedlichste Meinungen und Eindrücke wurden ausgetauscht. War es in der Familie, im Freundeskreis oder in der Gemeinde? Irgendwie hat man es nicht geschafft, einen guten Abschluss zu finden. Alle gehen auseinander und würden sich bald wiedersehen. 

Ähnliches passiert auf diesem Laubhüttenfest. Es ist eins der großen jüdischen Feste, an dem die ganze Familie teilnimmt. Man erinnert sich an die Wüstenwanderung des Volkes Israel zwischen der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei und der Ankunft im von Gott versprochenen Land. Dort, so hatte Gott es auch versprochen, sollte sein Volk zur Ruhe kommen können. Das Spezielle an diesem Fest war, dass alle en ganze Woche lang in Zelten oder Hütten aus Blattwerk zusammenkommen, essen und übernachten. Den Rest der Zeit findet man sich als große Gemeinschaft im Tempel zusammen. Alles in allem freut man sich auf eine gute Zeit. 

Zurück zu diesem einen Laubhüttenfest.  Diesmal ist jedoch alles anders. Jesus wollte dieses Mal eigentlich nicht daran teilnehmen. Doch dann überlegt er es sich. Es ist ihm einfach wichtig Gott für seine Güte und Geduld zu feiern. Deswegen kommt er inkognito. Aber er kann es nicht lassen, den Menschen Mut zu machen, ihren Hunger und Durst nach Erfüllung zu stillen, Licht ins Dunkel zu bringen. Er ist es doch, den Gott gesandt hat, den Menschen zur Ruhe zu führen. So geht er in den Tempel und beginnt zu lehren. Letztendlich trifft Jesus auf Menschen, die schon ganz unruhig auf ihn gewartet haben. Die einen sind einfach nur neugierig, die anderen hoffnungsvoll. Die nächsten machen sich für eine Auseinandersetzung bereit. Sie wollen ihn fangen, in Widersprüche verwickeln. Jeder bringt also andere Erwartungen mit auf’s Fest und zu Jesus. Irgendwie kommt man aber diesmal nicht auf einen Punkt. Oder besser gesagt; man will den Doppelpunkt, den Jesus setzt, nicht für sich annehmen. Man kann es einfach nicht glauben und diskutiert für sich weiter. 

Am Schluss schreibt Johannes in seinem Bericht: 

Und sie gingen fort, ein jeder in sein Haus. Jesus aber ging zum Ölberg.

(Johannes 7,53–8,1 nach der Lutherbibel 2017)

Was ist an diesen zwei Sätzen so außergewöhnlich? Nun, es dreht sich darum, dass alle in ihrem Gedankengebäude blieben. Es stimmt; bei Einigen begann es zu wanken. Jesus hatte sie durcheinander gebracht. Opposition, Hoffnung und Zweifel vermischten sich. So gingen sie zu dem zurück, worin sie Sicherheit fanden, an ihre Orte, jeder für sich. 

Jesus dagegen geht, wie er es immer tat, wenn er nach Jerusalem kam, abends auf den Ölberg. Nicht selten übernachtete er auch dort. Von dort konnte er die Stadt Gottes sehen, Jerusalem. Die Stadt, die sich aber auch gegen ihn wehrte. Vor allem aber blickte Jesus zu seinem Vater im Himmel. Er nahm sich Zeit vor ihm zur Ruhe zu kommen. Das war ein zentraler Punkt in seinem Leben und typisch für seinen Dienst. Er fand Ruhe bei Gott. Auf ihn ließ er sich ein. Von ihm ließ er sich leiten. Genau das war es, was ihm in Unruhezeiten Ruhepunkte verschaffte, der Blick auf seinen Vater im Himmel. 

Wohin gehst Du, wenn Dich Fragen und kontroverse Diskussionen nicht loslassen und die Ruhe nehmen? 

Nimm Dir ein Beispiel an Jesus. Blicke aus der Unruhezeit auf den Vater im Himmel. Nimm das Angebot wahr, zur Ruhe zu kommen. Lass Dich versorgen und erfüllen vom Fürst des Friedens. Bildlich gesprochen: “Suche Deinen ganz persönlichen Ölberg, den Ort, wo Du Dich ganz auf die Gegenwart Gottes einlässt, des Vaters von Jesus. Und lass Dich dann überraschen von der Kraft, die in genau dieser Ruhe liegt.” 

Ist das nicht ein Angebot, eine unschlagbare Idee?!