Wirklich keinen Schimmer?

(Einpaar Gedanken zum Gründonnerstag und der Verurteilung von Jesus durch Pilatus.)

Du hast wirklich keinen Schimmer, oder?“ Wann hast Du das letzte Mal diesen Satz gehört oder selbst gesagt? Ich persönlich weiß es gar nicht. Vielleicht gehört diese Aussage zu den vielen, inzwischen altmodischen, die man haute gar nicht mehr gebraucht, wie z.B. „Papperlapapp!“ Spielt ja auch gar keine Rolle. es geht darum, dass man jemand zu verstehen gibt, dass er nicht verstanden hat, worum es geht. Der sagt vielleicht: „Papperlapapp! Das ist ja Quatsch. Macht ja alles keinen Sinn.“ Und Du antwortest ihm: „Verstehst Du es denn immer noch nicht? Hast Du wirklich noch keinen Schimmer?“ Dein Gegenüber beginnt jetzt wirklich, ratlos zu gucken. Ja, er hat wirklich keinen Schimmer, was Du sagen willst. Doch dann schimmert es plötzlich doch. „Mensch!“, sagt er und schlägt sich auf die Stirn. „Na klar! Jetzt verstehe ich’s.“ 

So ähnlich ging es Pilatus, als er aufgefordert wurde, Jesus zu verurteilen. Je mehr er Jesus verhört und über ihn recherchiert, desto weniger versteht er, was das alles soll. Pilatus war dafür bekannt, nicht zimperlich zu sein. Das Leben eines Menschen war für ihn nicht viel wert. Doch mit diesem Fall um Jesus wusste er nicht recht umzugehen. Jesus war definitiv unschuldig. Das war klar. Keine Frage! Doch warum schlug diesem Jesus so viel Hass entgegen? Warum sahen die Verantwortungsträger seines Volkes ihn lieber tot und einen offensichtlichen Verbrecher lebendig? Pilatus hatte wirklich keinen Schimmer. Dieser Jesus sollte ein König sein? Zumindest war das die Anklage. Jesus, ein Aufrührer. Doch irgendwie hatte er so gar nichts von einem Rebellen. Letztendlich reagiert Pilatus mit Spott. Er lässt Jesus mit einem purpurnen Mantel gekleidet und einer Dornenkrone auf dem Kopf vor seine Ankläger und die Volksmenge treten. 

Das ist der Mensch!“, sind die Worte, die Pilatus an die  Ankläger richtet; aber auch an sich selbst. Denn er hat keinen Schimmer, worum es geht und was das alles soll. „Seht, euer König!“ Pilatus spottet über Jesus. Gleichzeitig verspottet er aber auch die Ankläger. „Habt ihr wirklich vor diesem König Angst? Habt ihr wirklich Angst, sein Volk zu sein? Ihr seid schon ein komisches Volk! Wer kann Euch noch ernst nehmen und diesen, euren König, den ihr nicht wollt?“ 

Für die Einen ist Jesus eine Bedrohung. Für die anderen einfach nicht relevant. Beide klammern ihn aus ihrem Leben aus. Diesen Punkt hatte Johannes schon am Anfang seines Jesusberichts aufgenommen. 

Er (Jesus) war das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet – das Licht, das in die Welt kommen sollte. Er war in der Welt, aber die Welt, die durch ihn geschaffen war, erkannte ihn nicht. Er kam zu seinem Volk, aber sein Volk wollte nichts von ihm wissen. All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden.

(Johannes 1,9–12 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

Seien wir mal ehrlich! Ist es nicht so, dass wir manchmal auch ratlos vor Jesus stehen und ihn nicht ganz verstehen? Kommt es uns nicht auch manchmal so vor, als würde er uns überfordern oder einfach nicht in unseren Lebensalltag passen? 

Aber ist es nicht auch so, dass wir als seine Nachfolger doch ein Licht über uns leuchten sehen, dass uns in unserer Gegenwart begleitet? Ist es nicht auch so, dass wir am Horizont schon einen Lichtschimmer erkennen können, der uns eine neue Zukunft verspricht, ja zusagt? Ist es nicht so, dass wir sein Angebot angenommen haben, Gottes Kinder zu werden? Haben wir ihn nicht doch in unser Leben gelassen? 

Wir verstehen ihn noch nicht ganz. Aber wir wollen immer mehr von ihm wissen, ihn kennenlernen. Er kennt uns doch wirklich. Das haben wir doch gemerkt. Er ist doch Mensch wie wir geworden und hat sein Menschsein bis zum Ende gelebt. Er ist am Kreuz gestorben, hat sich für uns verurteilen lassen, hat sein Leben für uns gegeben und trägt uns auch in ein neues Leben, ein Leben, das schon begonnen hat mitten in unserem Menschsein. Das ist das Leben mit Jesus: Einladung und keine Bedrohung, relevantes Angebot für unseren Alltag und unsere Zukunft. 

Halten wir das doch fest und lassen darauf ein. Beginnt es schon zu schimmern oder wartest Du noch? Versuch doch einfach das Gespräch mit Jesus. Er wird sich darauf einlassen.