Wo der Magen den Ton angibt

(Ein paar Gedanken zu Apostelgeschichte 1,14-26 und der Wahl des zwölften Apostels)
Mir liegt etwas auf dem Herzen.” “Schlägt Dir das auch auf den Magen?” “Das geht mir an die Nieren.” “Überhaupt müssen wir das noch auf Herz und Nieren prüfen.” “Da läuft mir doch gleich die Galle über.”

Wer kennt diese Redensarten nicht? Sicher gibt es noch mehr. Man drückt dabei auf indirekte Weise aus, wie es einem geht oder was einen im Augenblick beschäftigt. Solche Redensarten finden wir in vielen Sprachen und Kulturen ganz besonders, wo man sich lieber konkret ausdrückt als abstrakt. In der Bibel war das zum Beispiel so. Bei uns heute hat sich das etwas verloren. Ist aber auch nicht so wichtig.

Wichtig sind nicht die Redensarten an sich, sondern worum es darin geht. 

Als Lukas über die Entstehung der christlichen Gemeinde berichtet, benutzt er auch solche Bilder und Redensarten. Da kommt er auf Herz und Eingeweide zu sprechen. Wenn man sich das bildlich vor Augen malt, will man fast lieber wegschauen. Denn das Schicksal von Judas, dem Verräter, ist ein ganz trauriges. Ja, es ist wirklich eher zum Wegschauen. Lukas übergeht es trotzdem nicht. 

So beschreibt er Gott im Verlauf seines Berichts über die Neuwahl des zwölften Apostels fast wie einen Facharzt der Kardiologie und inneren Medizin. Doch wie in unserem Leben, so war es auch damals. Nicht jeder will sich vom Arzt helfen lassen. Manche Ratschläge sind einem unangenehm. Viele gehen deswegen auch erst gar nicht zum Arzt. Dass der Arzt einen aber letztendlich von Sorgen und Nöten befreien will, vergisst man schnell. 

Da ist nun Judas, dessen Eingeweide aus ihm herausbrechen. Woanders steht, dass er sich erhängt hat. Wahrscheinlich beides. Unangenehmes Thema. Doch worum geht es? Es geht nicht in erster Linie um die Beschreibung des Todes von Judas, sondern dessen, was ihn bewegt hat. Es geht um seine Sehnsüchte, Wünsche, seine ganze Gefühlswelt, inklusive Mitleid und Barmherzigkeit. Wie jeder von uns, war auch Judas davon erfüllt. Als er Jesus nachfolgte, ja sogar von ihm persönlich auserwählt wurde, versuchte Judas ihn in seine Gedankenwelt einzubauen. Judas projizierte seine eigenen Wünsche auf Jesus und hoffte, er würde sie erfüllen. Und das waren wahrscheinlich noch nicht einmal böse Wünsche. Sie waren einfach nur menschlich. Wer will auch nicht das beste für sein Land und die Menschen, die darin wohnen? 

Das Problem waren auch gar nicht die Wünsche und Sehnsüchte von Judas, sondern wie er sie realisieret sehen wollte. Letztendlich brach das alles entzwei, weil er Jesus zwingen wollte es so zu machen, wie er es wollte. Judas hatte also im übertragenen Sinn kein Problem mit Magen und Darm, sondern mit dem Herzen; kein Problem mit seinen Gefühlen, sondern mit einer grundsätzlichen Entscheidung. Jesus wusste das, und machte ihm deswegen drei Jahre lang das Angebot sein Herz durchzuchecken und in einen gesunden Rhythmus zu bringen. Im Grunde genommen starb Judas schließlich an einem geistlichen Herzinfarkt. 

Wer sollte dieses große und traurige Lücke nun füllen? Wer sollte der neue zwölfte Apostel werden? Die Gemeinde legte zwar richtige, äußere Maßstäbe an die möglichen Nachfolger an. Sonst ist sie aber ratlos. Auf keinen Fall will sie nur ihrer Sympathie folgen. 

Es war den Christen weniger wichtig, was ihnen selbst “auf den Magen schlug”, als das, was Gott “am Herzen lag”. 

Deswegen richten sie ihr Gebet an Gott den “Herzenskenner”. So steht es wörtlich im Originaltext. Die Hoffnung-für-Alle Bibel übersetzt deswegen passenderweise: 

Herr, du kennst jeden Menschen ganz genau.” 

Apostelgeschichte 1, Vers 24

Machen wir uns doch diese Haltung zum Maßstab. Bitten wir Gott, unser Herz zu untersuchen. Bitten wir nicht nur um eine Untersuchung, sondern auch Behandlung und Heilung, wenn er es für nötig empfindet. 

Was liegt dir schwer auf dem Magen? Was schlägt dir auf die Nieren? Wann läuft dir die Galle über? Vor allem aber: wo und wie schlägt dein Herz? Tauschen wir uns doch mal darüber aus und gehen damit gemeinsam zu dem, der das alles heilen kann. Jesus, dem Arzt aller Ärzte.