Auch der da?!

Predigtmanuskript

In der letzten Woche haben wir gehört, wie Gott Menschen vorbereitet und in seine Familie der Lieblingskinder hineinnimmt. Die Art und Weise ist immer anders. Gleich ist jedoch, dass der Blick auf Jesus gerichtet wird und der Weg anhand der Bibel erklärt wird. 

Anders und doch gleich -  das wird immer wieder deutlich, wenn Menschen zu Lieblingskindern werden, zu geliebten Kindern Gottes. Bis heute fällt uns das zwar leicht zu verstehen, aber immer wieder schwer anzunehmen. 

Die Herausforderung damals, in den ersten Jahrzehnten der entstehenden Gemeinschaft von Christen, war eine andere. Es gibt aber Dinge, die sich immer wieder wiederholen. Damals ging es um das Verhältnis von Juden und Nichtjuden in der christlichen Gemeinde. Die Frage, die sich stellte, und die bis heute dieselbe ist, war: 

Wie wird man Teil der Gemeinschaft? 

 Schauen wir mal, wie Lukas das in seiner Apostelgeschichte beschreibt. 

Die Neuigkeit, dass jetzt auch die Nichtjuden Gottes Botschaft angenommen hatten, erreichte schon bald die Apostel und die Christen in Judäa. 2 Als Petrus nun nach Jerusalem zurückkehrte, stellten ihn die Gläubigen der dortigen Gemeinde, die ja alle beschnitten waren, zur Rede. 3 »Du bist in ein Haus gegangen, in dem Unbeschnittene wohnen, und hast sogar mit ihnen gegessen!«, hielten sie ihm vor. 

Petrus antwortet ausführlich und endet mit den folgenden Worten:

15 Ich hatte eben erst begonnen, zu den Versammelten zu sprechen, als der Heilige Geist auf sie herabkam – genau wie damals am Pfingsttag auf uns. 16 Da musste ich an das Wort denken, das der Herr gesagt hatte: ›Johannes hat mit Wasser getauft; ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden.‹ 17 Gott hat ihnen also, als sie zum Glauben an Jesus Christus, den Herrn, kamen, dieselbe Gabe geschenkt wie uns. Wer bin ich, dass ich es da noch hätte wagen dürfen, mich Gott in den Weg zu stellen?« 18 Als diejenigen, die von Petrus Rechenschaft gefordert hatten, diesen Bericht hörten, verstummte ihre Kritik. Sie priesen Gott und sagten: »Jetzt hat Gott also auch den Nichtjuden die Umkehr zu ihm ermöglicht und hat ihnen damit den Weg zum Leben eröffnet.« 

(Apostelgeschichte 1,1-3 und 11,15–18 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

Wenn wir diesen Bericht hören, fällt uns die ganz unterschiedliche Wahrnehmung der Gruppen auf, dann die Entdeckung gleicher Prinzipien und zum Schluss der Weg zur gegenseitigen Annahme.

Die unterschiedliche Wahrnehmung

Das kennen wir doch auch aus unserem täglichen Leben. Wenn wir uns begegnen, die wir uns kennen, fallen uns ganz verschiedene Dinge auf. Wieviel mehr, wenn wir fremden Menschen begegnen. Oft haben wir sogar vorgefertigte Meinungen, festgefügt und nur schwer zu erschüttern. Da geht es dann nicht nur um schwarz-weiß, sondern auch um um bunt und nicht-bunt. Keiner von uns kann sich da raus nehmen. Jeder nimmt seinen Mitmenschen anders war, und sich selbst auch anders, als sein Gegenüber. Das ist also ganz normal. Unser Anderssein bereichert uns also und dordert uns zugleich heraus. So hat Gott das von Anfang an auch geplant. 

In unserer Geschichte von heute geht es aber erstmal gar nicht um solche Allgemeinplätze, das Anderssein an sich. Da geht es um unsere ureigenste Identität. In diesem Fall  geht es um wesentliche Faktoren, die einen zum Christen machen - so ganz und richtig - nicht halb und fast. 

Die ersten Christen waren ganz natürlicherweise Juden. Jesus war Jude und die wesentlichen Ereignisse um ihn herum spielten in Israel, ganz besonders sogar in Jerusalem. Jude wird man damals wie heute durch durch die Beschneidung der Babies. Es werden aber nur Männer beschnitten, nicht Frauen. Ob ein kleiner Junge aber Jude ist und beschnitten wird, hängt von der Mutter ab, nicht vom Vater. Ist sie Jüdin, ist klar, dass der Kleine auch Jude ist. 

Jetzt ist es so, dass es die Beschneidung damals wie heute auch in anderen Völkern und Religionen gab und gibt. Es ist äußeres Zeichen der Zugehörigkeit. Es gehört also zur ganz persönlichen Identität und der Frage: “Wer bin ich?“ Bei Juden gehört dazu auch die Verpflichtung, sich an das ganze jüdische Gesetz zu halten. 

Als Petrus nun wahrnimmt, dass auch Nichtjuden nicht nur Christen werden wollen, sondern einfach ungefragt von Gott seinen Geist bekommen, wird es kompliziert. 

Offensichtlich handelt Gott schneller, als es das Gesetz erlaubt - oder nicht?

Petrus ist verwirrt und muss nachdenken. Die jüdischen Christen sind leicht verärgert und wollen mehr wissen. Es geht ihnen nicht nur um Äußerlichkeiten. Es geht sowohl Petrus, als auch den Menschen aus der Gemeinde in Jerusalem um ihre ureigenste Identität als Juden. Die Angst, die sie treibt ist, was sie als Volk Gottes denn noch ausmacht, wenn man Bescheidung und Gesetz wegnimmt. Es geht um alles oder nichts.

Für uns heute scheint das so einfach. Wir sind aber auch keine Juden. Gleichzeitig nehmen wir aus viel unwesentlicheren Gründen Menschen nicht so schnell in unsere Gemeinschaft auf. Sie sind eben nicht in unsere Familie hineingeboren. Sie sind anders. Sie fordern uns mit ihrem Anderssein heraus. Die Juden damals haben uns da was voraus. Für sie ging es um Wesentliches, nicht um Äußerlichkeiten und persönliche Vorlieben. Das dürfen wir von ihnen durchaus lernen.

Genau das musste geklärt werden. Genau diese Frage der Zugehörigkeit würde ihr Leben als Jude und Christ die nächsten Jahrzehnte begleiten. Aber auch für nichtjüdische Christen wurde das zur ernsten Frage. 

Im ganzen Neuen Testament geht es darum, die Identität eines Christenmenschen zu klären. Hier aber erstmal die Frage: 

Wie komme ich in diese Gemeinschaft hinein? 

Das wollen Petrus & Co. entdecken.

Gemeinsam entdecken sie Gottes Plan und Erlebnisse, die irgendwie jeder macht, der Christ wird. 

Da sind erstmal ganz äußerliche Dinge. Petrus und seine Begleiter sind so richtig überrascht, als sie sehen, dass Gottes Geist auf Nichtjuden kommt. Sie erinnern sich an das allererste Pfingstfest. Es ist schon ein paar Jahre her. Vergessen haben sie es jedoch nicht - wie auch?! Jesus hatte sein Versprechen erfüllt und sie ganz tief berührt. Sie konnten nicht anders, als von Gottes großen Taten zu erzählen. Plötzlich verstanden sie die Zusammenhänge zwischen Jesus, Gott und Bibel. Überall sahen sie Gott handeln. Der Tod von Jesus am Kreuz war kein unglückliches Ende. Es war ein neuer Anfang. Jesus war auferstanden. Schuld vergeben, böse Mächte besiegt. Und jetzt passiert es im Haus eines nichtjüdischen Militärs, eines Besatzers. Gott nimmt den in die Arme, der von ihnen als Bedrohung wahrgenommen wird. 

Soweit die Äußerlichkeiten. Aber diese Äußerlichkeiten wiederholen sich seitdem immer wieder in der einen oder anderen Form, mal spektakulär, mal ganz leise. Gott erfüllt Menschen mit seinem Geist.

Wann passiert das? Petrus war gerade dabei von Jesus zu erzählen. Während er redet, wird er unterbrochen. Da gibt es aber keinen Protest, sondern laute Zustimmung. Gott selbst hört den Namen seines Sohnes und beginnt reflexartig an den Zuhörern zu handeln. 

Wenn wir von Jesus reden, beginnt Gott zu handeln. 

Nicht alle Menschen sind so bereit dafür, wie Kornelius und seine Freunde. Gott hatte  sie aber vorbereitet, wie er das auch heute macht. Ohne seinen Sohn Jesus macht er jedoch nichts. Wenn der heilige, der besondere, der einzigartige, der unvergleichliche Geist Gottes zu uns kommt, ist Jesus immer dabei. Der Heilige Geist öffnet die Tür zur Familie Gottes. Wir sehen Jesus. Er nimmt uns an der Hand. Wir treten ein. Wir werden angenommen und aufgenommen, vollständig, ganz, widerspruchslos. So beginnt Gott durch seinen Geist an uns zu handeln.

Petrus erinnert sich an die Worte von Jesus: 

Johannes hat mit Wasser getauft; ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden. 

(Apostelgeschichte 11,16 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

Weder Jesus noch Petrus reden damit schlecht über Johannes. Jesus selbst sagt ja über ihn, dass er der größte der Propheten ist. Mit Jesus beginnt aber eine neue Zeit. Und das hat auch Johannes verstanden. Deswegen sagt er selbst, als er Jesus sieht: 

Ich taufe euch mit Wasser. Aber es kommt einer, der stärker ist als ich; ich bin es nicht einmal wert, ihm die Riemen seiner Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen. 

(Lukas 3,16 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

Genau darauf kommt Lukas immer wieder in seinen Berichten über Jesus und die entstehende Gemeinschaft der Christen zu sprechen. Wir Menschen können mit Wasser taufen. Das ist das neue Einstiegsritual in die Familie Gottes, der Gemeinschaft der Christen. Den Heiligen Geist, Gottes ganz unvergleichliche und persönliche Gegenwart in unserem Leben empfangen, das geht jedoch nicht ohne Jesus. In der Taufe mit Wasser wird Jesus als Herr und Retter öffentlich bekannt. Wenn er aber selbst in unser Leben kommt, bekennt er sich zu uns. Er tauft, er taucht uns in seinen Heiligen Geist hinein, den Geist Gottes. Kein anderer macht das, nicht Johannes, nicht Petrus, kein Pfarrer, Prediger oder Priester, sondern Jesus. Johannes selbst merkt es. Jesus bestätigt es. Petrus erinnert sich daran. 

Es geht also darum, dass wir angenommen werden. Auf diese Weise können wir uns dann gegenseitig annehmen. 

Jesus nimmt uns an, so wie wir sind, so wie Du bist, so wie ich bin.

Das ist doch toll! Petrus beschreibt das so. Der Geist Gottes fällt so richtig auf die Anwesenden. Da stehen er, seine Freunde, Kornelius und alle Anwesenden plötzlich unter einem Sturzregen des Geistes Gottes. So war es damals. Manchmal wiederholt sich das auch heute. Manchmal laut, manchmal leise. Vielleicht heute? 

Petrus benutzt jedoch ein Wort, das nicht nur daran erinnert, dass etwas auf uns herunterfällt. Mit demselben Wort werden auch Menschen beschrieben, wenn sie sich in die Arme fallen, sich umarmen. So ist der Heilige Geist auch. Wenn Gott in Dein Leben kommt, dann öffnet er seine Arme weit, wie der Vater, der seinen verlorenen Sohn kommen sieht. Er rennt Dir entgegen. Er überrascht Dich mit Liebe, Annahme, Vergebung, Versöhnung, Heilung und schließt Dich fest in seine Arme. 

Ich glaube, das ist es auch, was wir seid über einem Jahr so vermissen; Berührung, Umarmung. Selbst ein Händedruck wäre inzwischen schon etwas Besonderes. Wenn Jesus dabei aber noch ins Spiel kommt. Wenn wir uns auf ihn einlassen. Dann fällt der Geist Gottes auf uns. Dann dürfen wir Gott in die Arme fallen. Dann schließt er uns in seine. Dann taucht er uns in ein neues Leben ein. Dann beginnt etwas Neues. Dann wiederholt sich das Neue immer wieder bei uns und den so ganz anderen.

Dann fallen wir uns auch gegenseitig in die Arme. Dann können wir uns annehmen, wie Gott uns angenommen hat. Immer wieder und immer wieder neu. Dieser Bericht, den Lukas uns aufgeschrieben hat, macht den Anfang, dass Nichtjuden ohne großes Prozedere in die Familie Gottes aufgenommen werden. Das musste immer wieder eingeübt werden. Auch Petrus musste später wieder daran erinnert werden. Aber es war ein neuer Weg, der gute Weg in die liebenden Arme Gottes. 

So lernen wir ihn kennen, uns annehmen. Dann beginnen wir das Handeln Gottes zu verstehen, seine großen Taten. Gehen wir doch mit. Nehmen wir den und die so ganz Andere mit. Lassen wir uns daran erinnern. Halten wir das fest. Lassen wir uns festhalten und umarmen vom Geist Gottes - sprachlos und doch begeistert.

Amen!