Befreit von Bindungen

Befreit von Bindungen

Darum soll es heute im dritten Teil der Predigtreihe durchs Markusevangelium gehen. Als ich begonnen habe darüber nachzudenken und den Jesusbericht von Markus las, kamen mir zuerst die bekannten und eindrucksvollen, manchmal auch gruseligen Ereignisse in denen Jesus Menschen von Dämonen befreit. Und ich denke nach wie vor, dass das eine Realität ist, die wir weit unterschätzen. Ich will das deswegen auch nicht ganz ausklammern. Was mir aber bei der Vorbereitung nochmal neu klar wurde, sind Entscheidungen, die ungute Bindungen hervorrufen. Vor allem geht es aber um den, der aus Bindungen befreien kann: Jesus Christus, Gottes Sohn. Damit verbunden ist auch die Einladung sich ihm anzuschließen, um in einer befreiten Atmosphäre leben zu dürfen. 

Wichtig dabei ist nochmal die Überschrift zur Predigtreihe, sozusagen das Statement, das darüber liegt: 

Der Anfang der Guten Nachricht ist nicht nur ein einzelnes Ereignis, sondern der Beginn eines Weges … auf dem wir Befreiung erleben dürfen. 

Hören wir auf die ersten Verse aus dem Jesusbericht von Markus.

1 In diesem Buch ist aufgeschrieben, wie die Gute Nachricht von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, ihren Anfang nahm. 

2 Es begann, wie es im Buch des Propheten Jesaja angekündigt wurde: »›Ich sende meinen Boten vor dir her‹, sagt Gott, ›damit er den Weg für dich bahnt.‹ 3 In der Wüste ruft einer: ›Macht den Weg bereit, auf dem der Herr kommt! Ebnet ihm die Straßen!‹ « 4 Dies traf ein, als der Täufer Johannes in der Wüste auftrat und den Menschen verkündete: »Kehrt um und lasst euch taufen, denn Gott will euch eure Schuld vergeben!« 

5 Aus dem ganzen Gebiet von Judäa und aus Jerusalem strömten die Leute in Scharen zu ihm hinaus, bekannten öffentlich ihre Sünden und ließen sich von ihm im Jordan taufen. 6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und um die Hüften einen Ledergurt; er lebte von Heuschrecken und dem Honig wilder Bienen. 

7 Er kündigte an: »Nach mir kommt der, der mächtiger ist als ich. Ich bin nicht einmal gut genug, mich zu bücken und ihm die Schuhe aufzubinden. 8 Ich habe euch mit Wasser getauft; er wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.«

(Markus 1,1–8 nach der Gute Nachricht Übersetzung der Bibel)

Auf den ersten Blick überrascht der Text vielleicht und scheint garnicht zum Thema zu passen. Er ist ja eher von Aufforderungen durchtränkt, von eigener Kraftanstrengung. Ein strenger, asketisch ausschauender Johannes ruft auf, Sünden zu bekennen. So falsch ist das gar nicht. Ich war dann aber überrascht, als ich mich in die Situation damals versetzte. 

Worum geht es hier denn eigentlich? 

Markus berichtet, wie Johannes die Menschen an das befreiende Handeln Gottes erinnert. Das ist der erste Punkt. Er erinnert als Zweites aber auch daran, über die eigenen Entscheidungen nachzudenken, die das Handeln Gottes nötig machen und sich dann wieder diesem befreienden Gott anzuvertrauen. Deswegen hören wir hier von einem Boten und von einem Weg und von Gott selbst, der durch seinen Geist handeln wird. Diese drei tauchen nämlich immer wieder an ganz zentralen Eckpunkten der Geschichte des Volkes Gottes auf. 

Da ist zuerst die Befreiung aus der Gefangenschaft in Ägypten und der Weg durch die Wüste in das von Gott versprochene Land. Da hören wir zweimal, wie Gott einen Boten ankündigt, der das Volk zum Ziel führt. Beim zweiten Mal macht er aber auch deutlich, dass er nicht selbst mitziehen will. Das Volk ist ihm zu unwillig. Ein Bote muss her. Dann ist da der Prophet Elia (und Johannes genauso gekleidet wie er) mit der Botschaft zu wieder an Gott zu binden und sich im versprochenen Land nicht von anderen Göttern und Ideologien gefangen zu nehmen. Als das Bitten der Propheten immer wieder auf geschlossene Ohren trifft und eine neue Gefangenschaft nicht mehr abzuwenden ist, versucht Jesaja, das Volk zu trösten. Er sieht einen neuen Boten und Weg, der in die Freiheit führt. Als das dann wirklich eintrifft, Gott sein Volk also aus dem Exil zurückbringt in das versprochene und wieder verloren gegangene Land, kommt der Prophet Maleachi und spricht wieder von einem Boten, der in die Freiheit der Gemeinschaft mit Gott führen wird. Schließlich stehen wir am Jordan, wo Johannes die Menschen tauft. Und er sagt ihnen: 

Ich bin der letzte Bote Gottes. Jetzt kommt Jesus. Er ist stärker und größer als jeder andere. Ich komme nicht an ihn ran. Ich traue mich fast gar nicht, mich zu ihm zu wenden und ihm die Schnürsenkel seiner Schuhe zu lösen. Alles, was ich mache, ist nur wie Wasser, dass außen wieder von euch abperlt. Jetzt kommt aber der, der nicht nur in euer Herz schaut, sondern euch auch von innen verändert. Jetzt kommt Gott selbst, um euch zu befreien. Da ist kein Bote mehr nötig. Gott selbst kommt und will Dich den Weg zum Ziel führen. 

Darum geht es im ganzen Jesusbericht von Markus. Du kannst Gott ganz persönlich erleben. Es ist Jesus. In ihm begegnet Dir der Heilige Geist Gottes. Der besondere Geist Gottes, der dich ganz besonders macht. Heilig bedeutet besonders, extra, einzigartig, nach Gottes gutem schöpferischen Willen geschaffen. Heilig ist mehr als Ethik und Moral. Es hat etwas mit Ethik und Moral zu tun. Aber heilig sein ist viel, viel mehr. Heilig sein bedeutet in der Freiheit Gottes zu leben, ein befreites Leben zu führen, befreit von unguten Bindungen. Das ist heilig. Und deswegen müssen wir mit dem Geist Gottes getauft werden, wenn wir wirklich frei sein wollen. Johannes sagt im Grunde genommen: 

Binde Dich an Jesus. Dann wird Dich die Gegenwart Gottes erfüllen. Er bindet sich an dich, wie er sich an sein Volk gebunden hat. Er bindet sich, um Dich zu befreien.

Das ist jetzt erstmal die Grundbotschaft. Jetzt sagst Du vielleicht: 

Das spricht mich jetzt nicht wirklich an. Ich fühle mich ganz frei. Rede mir kein Problem an, das ich nicht habe. 

Das ist ja fabelhaft, wirklich! Dann lass Dich einfach wieder daran erinnern, wer Gott ist, wozu Jesus gekommen ist. Vielleicht kommst Du irgendwann mal ein eine Situation, wo es gut ist, sich daran wieder erinnern zu lassen und genau das zu erleben. Oder Du kennst jemand, der genau diese Nachricht braucht.

Übrigens gibt es ja neben dem Bund, den Gott mit uns schließt, auch Bindungen, die gut sind. Da will uns Gott garnicht von lösen. Er will das nicht, weil er es selbst so eingerichtet hat. 

Wer freut sich nicht an einer gelingenden Ehe, an einer Familie, die sich gegenseitig unterstützt, an einem zuverlässigen Arbeitgeber, an langjährige Freundschaften, an einem Land, in dem man zwar Steuern bezahlen muss, welches sich aber auch an seine Bürger gebunden fühlt und verantwortlich weiß. All das sind gute, lebenschaffende Bindungen.Dass all das plötzlich kaputtgehen kann, wird uns in diesen Tagen sehr krass und schmerzhaft vor Augen geführt. Da kommt ein angeblicher Befreier und zerstört Leben, Arbeit, Familie, Freundschaften, Zukunftspläne, entzieht das Fundament des Lebens. Gar nicht so weit von uns entfernt Richtung Osten passiert etwas ganz unheiliges.

Schauen wir jetzt aber mal auf die Gründe, warum Johannes von Gott als Befreier spricht. 

Warum muss uns Gott befreien? Wie ist es soweit gekommen? 

Zuerst ist es einmal so, dass es manchmal gar keine Antwort darauf gibt. Das Volk Israel war ganz unverschuldet in Ägypten gelandet. Sie waren dorthin geflüchtet wegen einer großen Hungersnot und wurden gerne aufgenommen. Jahre später wendet sich das Blatt aber. Sie werden unterdrückt und ihrer Freiheit beraubt. Aus dieser unverschuldeten Situation befreit sie Gott einfach so und ohne Vorleistung. Er sagt ihnen nur eins: 

Macht euch diese Völker nicht zum Vorbild. Sucht euch auch keine Könige, wie sie. Strebt nicht nach ihren Werten, sondern nach denen, die ich euch vorstelle. Denn meine schaffen Leben und laden ein zum Leben.

Das Problem ist, dass das befreite Volk Gottes ziemlich schnell und immer wieder vergisst auf seinen Befreier zu schauen. Es lässt sich von genau den Völkern ablenken, die es entweder in der Vergangenheit gefangen genommen hatten oder es in Zukunft tun würden. 

Wären wir doch in Ägypten geblieben! Schaut, wie fortschrittlich die Assyrer und Babylonier sind. Seht, wie cool und lässig unsere Nachbarn ihre Götter feiern. 

Genau das ist das Prinzip, das das Volk immer wieder in ungute Bindungen geführt hat. Sie lassen sich immer wieder gefangen nehmen. Sie hören nicht auf die Boten, die Gott ihnen schickt. Genau das ist auch das Prinzip, das uns heute auch noch die Augen verbindet, damit wir Gott nicht mehr als Befreier wahrnehmen, sondern als Unterdrücker, als jemand, der uns permanent überfordert. Gemeinde und Gottesdienst wird zur Pflicht. Zeit im Gespräch mit Jesus und das Lesen in der Bibel eher Last als Momente, in denen wir Befreiung erleben.  Das passiert genau dann, wenn wir die Geschenke Gottes zwar gerne annehmen, aber Gott selbst außen vor lassen. Wenn wir uns sozusagen nur äußerlich taufen lassen. Das Wasser erfrischt, perlt aber von uns ab. Der Bote redet. Der Weg liegt vor uns. Aber wir verschließen entweder unsere Ohren oder stellen sie auf Durchzug. 

Johannes sagt: “Da kommt wer, der wird Dich mit dem Heiligen Geist taufen.” Und dann kommt Jesus! 

Und der erste Gottesdienst, … 

… von dem uns Markus berichtet, ist ein ganz besonderer. Jesus predigt. Alle sind schwer beeindruckt. Sie fühlen sich berührt. Sie spüren Worte der Freiheit, der Befreiung und wundern sich, wie das passieren kann. 

Dann passiert aber noch was anderes. Der so überraschend schöne Gottesdienst wird von einem Schrei unterbrochen. 

Was haben wir mit dir zu schaffen, Jesus von Nazaret? 

Da ist jemand, der erträgt die Worte der Befreiung nicht. Er sehnt sich danach. Deswegen geht er zum Gottesdienst. Aber getrieben ist er im Leben von einem ganz anderen Geist. Vielleicht war das allen anderen klar. Das ist doch schön, wenn man solche Menschen auch aufnimmt, sie annimmt in der Gemeinschaft. Das ist echte Gemeinschaft im Heiligen Geist. Wir bieten Berührungspunkte zu Menschen, die Sehnsucht nach Befreiung haben, aber es irgendwie nicht schaffen, sich zu lösen. Doch dann kommt Jesus zu uns in unseren Gottesdienst. Irgendwie macht er das regelmäßig. Vielleicht spürst Du ihn jetzt auch. Vielleicht kommt er in Deine eigene Unruhe und Unordnung, spricht in Deine Bindungen. Du hörst Dich innerlich sagen: 

Was habe ich mit diesen Worten zu schaffen? 

Wenn Du Dir genau diese Frage stellst, wenn Du Dich Jesus aussetzt, wirst Du die befreiende Kraft  von Jesus erfahren. Dann kommt der Heilige Geist auf Dich und befreit Dich von falschen Vorstellungen, von emotionalen Bindungen oder der Gefangenschaft durch zerstörerische Geister. Markus schließt diesen ersten Gottesdienst unter der Beteiligung von Jesus mit diesen Worten: 

Jesus befahl dem bösen Geist: »Schweig und verlass diesen Menschen!« … Darüber erschraken und staunten alle in der Synagoge; einer fragte den anderen: »Was hat das zu bedeuten?
(Markus 1,25.27 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle)

Was hat das zu bedeuten? Das bedeutet, dass Jesus Dich einlädt Dich an ihn zu binden. Er will sich auch an Dich binden, um Dich nicht nur zu befreien, sondern in Freiheit zu bewahren. 

Willst Du das?

Amen