Die Hirten – nicht vergessen

Es ist Weihnachten! Ein frohes Fest wünsche ich Euch allen! 

Nach fünf Wochen Advent in diesem Jahr ist endlich Weihnachten; Weihnachten schon fast vorbei. Wie war es für euch in diesem Jahr? Habt Ihr Euch abholen lassen vom Weihnachtsbus, von der heimeligen, feinen, schönen Stimmung, die wir an diesem Fest erwarten? Oder habt Ihr es nicht geschafft, Euch abholen zu lassen? Oder ist was dazwischen gekommen, was Euch abgelenkt hat? Seid ihr in Gedanken in den falschen Bus gestiegen, der Euch dann ganz anderswo hingefahren hat? 

Und damit sind wir schon bei dem Bild, dass uns durch die Adventszeit getragen hat, das Bild von der Haltestelle. Erinnern wir uns: Da war Maria. Die hatte gar nichts Großes erwarten. Aber Gott kommt in ihren ganz normalen Alltag, in ihr klein in klein. Ein Bote Gottes spricht ihr Großes zu. Du wirst den Retter ganz persönlich erleben, so persönlich, wie niemand vor und nach dir.Dann waren da die Sternegucker. Die hatten einen Fahrplan und machen sich auf. Sie hatten eine klare Hoffnung, nämlich den neugeborenen König der Juden zu sehen. Dann merken sie jedoch, dass sie zwar die richtige Richtung eingenommen haben, aber mit ihrem Fahrplan nicht ans Ziel kommen. Er ist veraltet. Sie suchen Rat und lassen sie sich korrigieren. So kommen sie ans Ziel. Dann hatten wir Hanna und Simeon getroffen. Sie zeichneten sich durch ihre Beharrlichkeit aus. Sie warteten und warteten und warteten und gaben nicht auf. Sie hielten fest an der Hoffnung, den Retter sehen und erleben zu dürfen. Und dann passierte es auch. Gott erfüllte sein Versprechen und kam zu ihnen. Ihre Hoffnung war keine Scheinhoffnung. Sie war doch richtig und wurde erfüllt.  

Heute geht es um Menschen, die sich garnicht an die Haltestelle trauen. Sie sind nicht erwünscht. Ihre Hoffnungen interessant niemand. Vielleicht haben sie auch kein Geld für den Fahrschein, das Busticket. Da sitzen schon so viele an der Haltestelle. Alle Sitzplätze sind belegt. Sie sind auch nicht gern gesehen. Ist es der Geruch, der an ihnen hängt? Ist es die Kleidung? Ist es ihr Umgangston? Irgendwie spüren sie, dass sie nicht ganz dazugehören. Natürlich – sie sind wichtig für die Gesellschaft. Aber so richtig dazugehören tun sie nicht. Es sind die inzwischen berühmten Hirten auf dem Feld, die dabei waren, die Schafe anderer zu hüten. Berühmt waren sie damals jedoch überhaupt nicht. Ihr ehemals angesehener Beruf war inzwischen an den Rand gedrängt. Da saßen sie nun oder standen oder liefen einem Schaf hinterher, dass sich im Dunkeln aus dem Staub machen wollte. Jedenfalls waren sie da, wo sie waren. Lesen wir doch mal, was uns Lukas über sie berichtet.

*  In der Gegend von Betlehem waren Hirten draußen auf den Feldern. Sie hielten in der Nacht Wache bei ihrer Herde. *  Auf einmal trat ein Engel des Herrn zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie. Die Hirten erschraken und große Furcht erfasste sie. 

*  Der Engel sagte zu ihnen: »Fürchtet euch nicht! Hört doch: Ich bringe euch eine gute Nachricht, die dem ganzen Volk große Freude bereiten wird. *  Denn heute ist in der Stadt Davids für euch der Retter geboren worden: Er ist Christus, der Herr. *  Und dies ist das Zeichen, an dem ihr das alles erkennt: Ihr werdet ein neugeborenes Kind finden. Es ist in Windeln gewickelt und liegt in einer Futterkrippe.« *  Plötzlich war der Engel umgeben vom ganzen himmlischen Heer der Engel. Die lobten Gott und riefen: *  »Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!« *  

Die Engel verließen die Hirten und kehrten in den Himmel zurück. Da sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem! Wir wollen sehen, was da geschehen ist und was der Herr uns mitgeteilt hat!« *  Die Hirten liefen hin, so schnell sie konnten. Sie fanden Maria und Josef und das neugeborene Kind, das in der Futterkrippe lag. *  Als sie das sahen, erzählten sie, was ihnen der Engel über dieses Kind gesagt hatte. *  Alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen die Hirten berichteten. *  Aber Maria merkte sich alle ihre Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 

*  Die Hirten kehrten wieder zurück. Sie priesen und lobten Gott für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genau so, wie es ihnen der Engel gesagt hatte. 

(Lukas 2,8–20 nach der Übersetzung der BasisBibel) 

Da sind sie nun unsere Hirten. Sie werden ganz unerwartet eingeladen und nehmen die Einladung an und steigen ein. Sie sehen den Retter. Sie bekommen einen neuen Blick. Was bedeutet das für uns? Zumindest vier Sachen!

Erstens: Wir dürfen dabei sein. – Wir dürfen mitkommen.

Drittens: Wir dürfen den Retter sehen. – Wir dürfen ankommen.

Drittens: Wir dürfen uns erneuern lassen. – Wir dürfen weitergehen. 

Erstens: Wir dürfen mitkommen und sollen dabei sein.

Um auf das Bild von der Haltestelle vom Anfang zurückzukommen. Wer stellt sich gerne zu Menschen, die einem fremd sind oder unsympathisch oder sogar unheimlich? Natürlich, vielen ist das egal, wenn sie auf den Bus warten. Sie nehmen das in Kauf. Vielleicht merken sie es auch nicht. Viele andere stellen sich aber lieber neben die Haltestelle oder vertreiben sich die Zeit bis der Bus kommt woanders. 

Für die Hirten und Hirtinnen aus der Weihnachtsgeschichte war das Hüten von Schafherden ihr Alltagsgeschäft. Sie hatten sicher schon aufgegeben darüber nachzudenken, was andere über sie dachten. Wenn sie dann aber in die Ortschaften kamen, waren sie nicht wirklich willkommen. Es war einer der schlechtbezahltesten Jobs auf dem Arbeitsmarkt. Sie waren wichtig und wurden gebraucht. Das stimmt. Gleichzeitig wurde ihnen aber immer wieder gespiegelt, dass sie nicht willkommen waren. Genau zu diesen Menschen kommt Gott als Erstes. Um dieselbe Zeit oder schon vorher lud er auch die Sternegucker ein. Die gehörten natürlich zur Oberklasse ihrer Zeit. Doch kommen sie erst später dazu. Allerdings gehörten sie als nichtjüdische Ausländer auch zu einer nicht immer willkommenen Gruppe von Menschen. Auf jeden Fall waren die Hirten die Ersten. Gott sind diese Menschen, die am Rande stehen, wichtig. Er stellt sie auf den ersten Platz; beim Siegertreppchen sozusagen auf die höchste Stufe. Er macht ihnen unübersehbar deutlich, dass er auf keinen Fall auf sie verzichten will. Sie müssen dabei sein. Und das stellt er klar, indem er eine ganze Armada von Engeln im Himmel sichtbar werden lässt. Zu den Hirten schickt er seinen engsten, obersten Engel, den höchsten in der Engel-Hierarchie sozusagen. 

Ihr seid wichtig, unverzichtbar!” Das sagt er diesen Menschen. “So gefällt es mir. So möchte ich es haben. 

Das verunsichert die Hirten erstmal. Doch Gott will sie nicht hinters Licht führen. Er hat keinen heimlichen Plan, um sie später auszunutzen wie alle anderen. Er meint es ernst und fängt schon an das zu feiern. Die Engel-Armada kommt nicht mit Waffen, sondern mit Noten. Sie brüllen nicht, sondern singen. Sie loben Gott und sind selbst begeistert von dem, was da unten auf dem Feld und in der Krippe passiert. 

Du bist wichtig und unverzichtbar!” lässt Dir Gott sagen. “Du bist nicht nur allgemein wichtig. Du bist mir wichtig! Ich lade Dich ein zur Geburt meines Sohnes. Ich fühle mich beschenkt, wenn Du kommst. Schlag die Einladung nicht aus!

Zweitens: Wir dürfen ankommen und sollen den Retter sehen.

Es kann natürlich sein, dass der eine oder andere Fahrgast nicht so sympathisch ist. Manchmal kann man es ja noch nicht mal klar sagen, was da einem den Blick verstellt. Gott lädt aber nicht nur Sternegucker ein, sondern auch Hirten, Menschen, die Erste Klasse gewohnt sind und andere aus der Holzklasse. Denn der, der da geboren wurde, will alle zusammenbringen, zu einem großen Ganzen machen. Er will uns dabei aber nicht gleichschalten. Er ist vielmehr gekommen, um uns vor uns selbst zu retten und vor uns selbst zu bewahren. Wenn wir uns ihm aussetzen, seine Nähe suchen, werden wir heil. Er erträgt unser Misstrauen; ja, er trägt es weg: “Hab keine Angst!” Wie oft sind es nicht die anderen, die uns einen Schrecken einjagen, sondern wir selbst, die wir uns an Dingen festklammern, die uns nicht gut tun? 

Von welcher Erinnerung will Dich Jesus, dieses kleine, unscheinbare Christkind, befreien? In welche Vergangenheit will er kommen und sie in eine geheilte Gegenwart verwandeln? 

Er ist Christus, der Herr.” Er kann das. Er will das. Er bietet es jedem von uns an. Die Hirten gehen darauf ein. Sie bringen alles zu Jesus Christus, der jetzt noch ganz klein und hilfsbedürftig in der Krippe liegt.Welche Erwartungen hast Du an ihn? Welche die Menschen damals? Gesellschaftliche Anerkennung? Befreiung von gesellschaftlichem Druck? Oder ganz anders: einen religiösen Aufbruch? Gott kommt ein paar Schritte näher. Er kommt zu uns persönlich. Er kommt zu genau diesen Hirten. Er will nicht nur den Allgemeinzustand verbessern. Er will Dich und mich von innen heraus erneuern. Das ist das Dritte.

Drittens: Wir dürfen weitergehen und uns erneuern lassen. 

Genau das können wir von den Hirten lernen. Sie kommen als erneuerte Menschen zurück. Was sie gehört und gesehen, ja selbst und ganz persönlich erlebt haben, kann nicht in ihnen drinnen bleiben. 

Gott hat mich lieb!

Das singen sie laut raus in den neuen Tag. Sie sind noch dieselben Hirten. Aber sie bleiben nicht mehr die Gleichen. Was sie erlebt haben, als sie eingeladen wurden und dann, als sie Jesus gesehen haben; genau das verändert ihre Haltung zu ihrem Alltag und zu den anderen Menschen, die so ganz anders sind. Das verändert auch ihre Beziehung zu Gott. Sie sind ihm wichtig. Das wollen sie nie mehr vergessen. Das kann und will auch uns berühren. Wir sind Gott wichtig. Das soll unser Leben verändern. Das ist nicht nur so ein Wort. Das ist der Anfang eines neuen Lebens. Das ist auch die Erinnerung daran, dass Gott mit Jesus etwas Neues in uns angefangen hat. 

Wir sind willkommen. Wir dürfen Jesus sehen. Wir dürfen uns immer wieder erneuern lassen. Das ist Weihnachten. Ein frohes Fest Euch allen!