Schritte wagen
Willkommen in der Welt des Glaubens! Wenn ich über den Glauben an Jesus nachdenke, bin ich jedes Mal mehr fasziniert. Und je mehr ich darüber nachdenke und mich faszinieren lasse, desto mehr wird es mein eigener Glaube, desto mehr ergreift er Besitz von mir ohne mich einzuengen. Heute geht es darum, dass es sich beim Glauben an Jesus um etwas ganz Praktisches handelt, etwas Fassbares, Sichtbares. Glaube besteht nicht nur im Kopf. Er betrifft nicht nur die Seele. Er ist auch nicht nur etwas Geistliches. Wie unsere Welt fassbar ist, soll unser Glaube auch greifbar für die Welt werden, so ganz natürlich.
Willkommen in der Welt des Glaubens! Machen wir uns auf zu einer Reise, die uns verändern will. Es ist eine Reise in zwei Etappen. In der ersten Etappe schauen wir Gott zu, wie er sich zu einer Reise zu uns aufmacht und Mensch wird. In der zweiten Etappe erleben wir selbst, wie unser Glaube an diesen Gott menschlich wird. Diese zwei Etappen wollen uns verändern. Aus Zuschauern werden Akteure, aus Empfangende Gebende.
Die erste Etappe: Gott wird Mensch
Das ist die wichtigste Botschaft an die Welt. Das feiern wir nicht nur an Weihnachten. Das soll unser ganzes Leben prägen. Das ist auch das große Thema von Johannes, einem der 12 engsten Vertrauten von Jesus. Folgendes macht er immer wieder deutlich: Gott schätzt das Leben in dieser Welt. Diese Welt ist ihm viel wert, soviel, dass er nicht ohne sie leben will. Er liebt sie so sehr, dass er für sie sterben würde. Mit diesem totalen Menschsein beginnt Johannes seinen Jesusbericht und seinen ersten Brief.
“Von allem Anfang an war es da; wir haben es gehört und mit eigenen Augen gesehen, wir haben es angeschaut und mit unseren Händen berührt – das Wort des Lebens. * Ja, das Leben ist erschienen; das können wir bezeugen. Wir haben es gesehen, und wir verkünden es euch – das ewige Leben, das beim Vater war und unter uns erschienen ist. * Und warum verkünden wir euch das, was wir gesehen und gehört haben? Wir möchten, dass ihr mit uns verbunden seid – mehr noch: dass ihr zusammen mit uns erlebt, was es heißt, mit dem Vater und mit seinem Sohn, Jesus Christus, verbunden zu sein. * Wir schreiben euch diesen Brief, damit wir alle, ihr und wir, die Freude, die Gott uns schenkt, in ihrer ganzen Fülle erleben.”
(1. Johannes 1,1–4 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Johannes ist es unheimlich wichtig zu betonen: Gott hat sich fassbar gemacht, greifbar, ja angreifbar. Jeder, der sich auf ihn einlässt, kann ihn erleben. Das ist die Erfahrung von Johannes und seinen Freunden. Genau dazu lädt Gott ja ein, lädt Jesus ein, und laden Johannes und seine Freunde wiederum ein. Sie wollen nicht allein bleiben. In diesem Zusammensein passiert nämlich etwas. Man wird ruhig und zufrieden. Es kehrt eine tiefe Freude ein. Das ist die erste Etappe unserer Reise durch die Welt des Glaubens. Wir werden also nicht nur eingeladen zuzuschauen, sondern uns selbst aufzumachen um Gott auf seiner Reise zu begleiten und ihn zu erleben.
Das ist in etwa so, wie das Rudern mit dem Strom. Da ist man mit einem Kanu unterwegs auf einem Fluss. In der Mitte fließt er schneller, am Rand langsamer. Da sind wir nun unterwegs und lassen uns tragen. Wollen wir vorankommen, lenken wir in die Mitte des Flusses. Wollen wir die Landschaft genießen, nähern wir uns mehr dem Ufer. Gleichzeitig rudern wir nicht unterhalb hoher Abhänge. Denn von da fallen oft Bruchstücke herunter. Die Ruderer lassen sich also vom Fluss tragen, entscheiden aber selbst wie sie vorankommen wollen.
So ist das im Glauben an Jesus. Wir lernen ihn kennen, lassen uns einladen uns von ihm tragen zu lassen. Er führt uns durch unser Leben wie durch eine Landschaft. Mal geht es schnell voran. Mal genießen wir einfach Gottes Schöpfung, ihn selbst und lassen uns Zeit. Auf jedem Fall dürfen wir dieses Gefühl, diese Erfahrung genießen, uns getragen zu wissen. Bei dem allen bleiben wir wach und passen auf, dass uns niemand etwas auf den Kopf wirft, dass wir uns selbst nicht schaden.
Wie auch immer; wenn wir auf dem Fluss bleiben, kommen wir ans Meer. Wenn wir mit Jesus unterwegs sind, kommen wir ans Ziel. Gott ist aber nicht nur Mensch geworden, um uns ans Ziel zu bringen. Jesus will uns in unserem ganzen Leben begleiten, leiten, bewahren. Der Weg ist nicht das Ziel. Aber der Weg selbst ist wichtig. Es kommt darauf an, dem Flusslauf zu folgen. Dann spürt man seine Kraft, die einen trägt und weiterbringt. So ist es mit Gott und uns. Genau deswegen erinnern uns Johannes und seine Freunde daran, dass man Jesus erleben kann und es so richtig gut ist, sich von ihm in seiner realen Welt tragen und leiten zu lassen. Das ist Glaube. Man wagt es, sich tragen zu lassen vom Mensch gewordenen Gott, von Jesus.
Und damit kommen wir zur zweiten Etappe: Glaube wird menschlich
Weil Gott nicht theoretisch geblieben ist, kann auch echter Glaube an Jesus nicht theoretisch bleiben. Der Glaube bleibt auch nicht auf der Gefühlsebene. Er verändert uns. Nein; Jesus verändert uns, weil wir uns von ihm bewegen lassen, wie der Ruderer auf dem Fluss. Dann merken wir, dass wir nicht allein unterwegs sind in der Welt des Glaubens. Es ist nie meine Welt. Es ist sogar mehr als unsere Welt des Glaubens, der Menschen die glauben. Es ist die Welt dessen, an den wir glauben.
Im Bild gesprochen: Da sind auch andere mit uns unterwegs in ganz unterschiedlichen Kanus oder Ruderbooten. Die einen können schon richtig gut rudern. Andere haben gerade erst angefangen. Am Ufer stehen Menschen, die uns zuschauen. Die einen sind neugierig und wollen auch einsteigen. Die anderen sind genauso neugierig, warten aber eher, dass irgendwas passiert. Sie lachen die Ruderer aus, wenn sie zickzack fahren oder gegeneinanderstoßen, die Ruder nicht synchron bewegt werden oder Brocken von den Steilufern auf sie fallen. So ähnlich passiert das auch auf unserer Reise durch die Welt des Glaubens. Und weil das so ist, schreibt Paulus so viele Briefe, unter anderem an die Christen in Kolossä und Ephesus. Mit fast denselben Worten schreibt er:
“Hinzu kommt, dass ich gehört habe, wie beständig euer Glaube an den Herrn Jesus ist und was für eine Liebe ihr allen entgegenbringt, die zu Gottes heiligem Volk gehören. Wegen all dem kann ich nicht anders, als Gott immer wieder für euch zu danken. Jedes Mal, wenn ich bete, denke ich auch an euch.”
(Epheser 1,15-16 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Johannes nimmt genau das auf, als er später seine Briefe schreibt:
“Gottes Gebot ist: Wir sollen an Jesus Christus als den Sohn Gottes glauben, und wir sollen einander lieben, wie Jesus es uns befohlen hat.”
(1. Johannes 3,23 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Genau daran hat Jakobus auch gedacht, als er dasselbe in seiner so bodenständigen und direkten Art sagt:
“Was nützt es, meine Geschwister, wenn jemand behauptet: »Ich glaube«, aber er hat keine entsprechenden Taten vorzuweisen? Kann der Glaube als solcher ihn retten?”
(Jakobus 2,14 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Worum geht es bei all dem? Es dreht sich alles darum, dass Gott Mensch geworden ist. Das Zentrum unseres Glaubens ist Jesus. Wie er zu uns Menschen gekommen ist, sollen wir auch aufeinander zugehen. Wir helfen uns gegenseitig Rudern zu lernen, synchron die Paddel zu bewegen. Gleichzeitig freuen wir uns über die bunten Boote, jedes anders. Beim Ruderboot schaut man zurück, lässt sich aber genauso vom Fluss tragen, wie die im Kanu nach vorn schauen. Andere ziehen das Kajak mit Stechpaddel vor oder ein wackliges, aber lustiges Paddelboot. Dann gibt es beim Rudern noch den Achter mit Steuermann. Die acht Ruderer freuen sich, zusammen was zu machen und sich dabei von einem Steuermann leiten zu lassen.
Genauso, wie es verschiedene Boote gibt, gibt es auch verschiedene Arten, wie sich der Glaube äußert. Alle aber glauben wir an Jesus und lassen uns von ihm tragen und leiten. Dabei sollen wir uns als Menschen wahrnehmen und lieb haben, wie Jesus uns auch lieb hat. Da kann ich nicht dabei stehen, wenn ein Boot leckschlägt oder lachen, wenn zwei zusammenstoßen. Da bin ich aufgefordert, denen praktisch zu helfen, die nicht recht vorankommen. Gott kommt auf uns zu und wird Mensch. Er spricht nicht nur unsere Seele an, sondern uns selbst in unserem ganzen Menschsein. Jesus ist zu uns Menschen gekommen, wie wir beschaffen sind. Er ist gekommen um heil zu machen, was zerbrochen ist nicht nur seelisch. Er kommt zu uns als Menschen aus Fleisch und Blut. Er heilt Krankheiten und befreit Menschen aus unguten Bindungen. Er lädt ein, sich mit ihm auf den Weg zu machen. Da geht es nicht nur um jeden für sich, sondern uns alle zusammen.
Wir nehmen uns als Menschen wahr, die sich von Jesus tragen lassen. Wir achten aufeinander in der Gemeinde und helfen genauso den Menschen, die uns von außen zuschauen und auch mal in Not kommen. Das machen wir, weil sie Hilfe brauchen und Menschen sind, wie wir. Das ist menschlicher Glaube. Das ist ein Glaube, der bereit ist Schritte zu gehen - nicht um sie zu verbessern, sondern um sie einzuladen sich auch tragen zu lassen. Dieser Glaube kommt von Gott und geht zu den Menschen, wie Jesus es getan hat. Machen wir unseren Glauben doch immer wieder so konkret und fassbar im Miteinander, wie Gott sich auch konkret gemacht hat und fassbar durch Jesus, der uns das selbst so vorgemacht hat.