Interne Affären (Apostelgeschichte 4,32 – 5,11)

Manuskript der Predigt

Jeder von uns kennt das.

Da sehen wir etwas Nettes und denken spontan: „Ui, das hätte ich auch gerne.“ Die eine hätte gerne das rosa-metallic Auto, der andere die schicken Lederschuhe, wieder jemand das neue Lego-Set oder eine ganz andere den Mann ihrer besten Freundin. Oder ist es der Erfolg oder Charme des Gegenübers? Jeder Mensch könnte da eine nicht endende Liste schreiben, die so verschieden von der des anderen ist, wie es Menschen gibt. Selbst der selbstbewussteste Mensch kommt an seine Grenzen, wenn er einem ebenbürtigen Gegenüber begegnet.

Da mag es kaum überraschen, dass wir diese Gefühle und Gedanken auch unter uns Christen entdecken, meistens natürlich nur beim anderen. Gott selbst hatte das schon gemerkt, bevor er die Nachkommen von Jakob, die Israeliten, zu seinem Volk gemacht hat. Weil er sie aber trotzdem so lieb hat, gibt er ihnen einen Leitfaden, der helfen soll, das Leben konstruktiv zu gestalten.

Das wichtigste ist für ihn, seine Geliebten zuerst an seine Liebe zu erinnern:

Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben ... und deinen Nächsten, wie dich selbst.

(Aus: 5.Mose 6,5 und 3.Mose 19,18 nach Lukas 10,27)

Alles sollte sich am Leitfaden der unübertroffenen Liebe Gottes orientieren. Diese Erinnerung macht Gott konkret, indem er seinem Volk zehn Knoten in den Leitfaden bindet, an denen sie sich fast blind entlanghangeln können. Bekannter sind sie unter dem Namen: „Die 10 Gebote“. Das letzte Gebot, den letzte Knoten sozusagen, liest man folgendermaßen:

Du sollst nicht begehren, was deinem Mitmenschen gehört: weder sein Haus noch seine Frau, seinen Knecht oder seine Magd, Rinder oder Esel oder irgendetwas anderes, was ihm gehört.

(Aus: 2.Mose 20,17 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für alle)

Natürlich will kaum einer von uns einen Esel im Hausflur stehen haben. Worum es hier geht, ist viel mehr. Es ist das Begehren, das Verlangen nach dem, was man gerade nicht hat, der oder die andere aber schon.

Dabei vergisst man vollständig, was man hat und vor allem anderen, wie sehr Gott einen liebt, und dass wir in seiner Gegenwart etwas haben, dass durch nichts zu übertreffen ist: Gottes Liebe, seine Barmherzigkeit, sein Mitgefühl, seine Fürsorge, ihn selbst.

Genau das ist auch die Erfahrung der ersten Christen, von denen wir in der Apostelgeschichte lesen. Der Heilige Geist Gottes kommt zu konkreten Menschen, befreit sie von Fesseln, die sie sich selbst angelegt haben und gibt ihnen eine ganz neue Sicht auf das Leben, auf das eigene und das der anderen. Dabei kommt er nicht mit Regeln, sondern einer neuen, liebevollen Haltung.

Hören wir auf eine, leider sehr traurige Geschichte, …

... mit der uns Lukas helfen will ehrlich mit usn zu sein und sich auf die Liebe Gottes einzulassen: Apostelgeschichte 4,32 – 5,11.

Da lesen wir von der Harmonie unter den ersten Christen. Sie waren umgekehrt, hatten ihre Blickrichtung gewechselt, hatten im Glauben Jesus gesehen und seine heilende Kraft konkret erlebt. Daran wollen sie nun auch andere teilhaben lassen. Sie delegieren das nicht nur an die 12 Apostel weiter. Denn Liebe, Mitgefühl und Barmherzigkeit kann man nicht wegdelegieren. Sie wollen selbst daran teilhaben.

Lukas erwähnt Josef als Beispiel, …

… wie man es machen könnte, aber nicht muss. Josef aus Zypern ist so überwältig von der Liebe Gottes und seiner Gegenwart in seinem Leben, dass er diese Liebe nach seinen Kräften und mit seinen Fähigkeiten konkret weitergibt. So bekommt er den Spitznamen Barnabas, Sohn des Trostes, der anderen Mut macht. Wie er selbst getröstet und ermutigt worden war, will er jetzt auch anderen beistehen, die in Not geraten und ganz unten waren. An ihm wird so richtig greifbar, wie der Heilige Geist im Leben von Jesusnachfolgern wirkt.

Hananias und Saphira beobachten das, …

… sind fasziniert, verstehen aber nicht, worum es geht. Auch sie haben wunderschöne Namen: Hananias, der Begnadete, dem Barmherzigkeit widerfahren ist und Saphira, deren Name an die alten Prophezeiungen, das Fundament der zukünftigen Stadt Gottes erinnert. Saphir oder Lapislazuli war einer, ihrer schönen Baumaterialien, besonders des Fundaments.

Interessant ist die Beschreibung dieses Steines, die man im Internet findet:

Der Lapislazuli [Saphir] fördert Aufrichtigkeit und verbessert die eigene Glaubwürdigkeit. Durch einen gesteigerten Optimismus hilft er bei Depressionen, Ängsten oder Blockaden, lässt schlechte Gewohnheiten ablegen und erleichtert die Kritikfähigkeit.
(Aus: edelsteine . net > lapislazuli)

Nun, bei Saphira traf das nicht wirklich zu.

Namen haben aber auf jeden Fall die unterschiedlichsten Wirkungen. Die einen werden dafür geschmeichelt. „Du hast aber einen schönen Namen.“, sagt man zum kleinen Mädchen oder der Angebeteten. Andere Namen sind so kompliziert, dass man sie gleich wieder vergisst. Manche leiden auch ihr ganzes Leben lang unter ihrem Namen. Was wir alle aber brauchen ist echte Wertschätzung, nicht nur einen Namen, der uns vor Verwechslung schützt. Wir wollen nicht vergessen oder nur oberflächlich geschmeichelt werden.

Wir wollen wahrgenommen werden.

Genau darum geht es auch in dieser Geschichte. Da ist Josef-Barnabas, der gemerkt hat, dass Gott ihn nicht vergisst. Er hat den Trost Gottes selbst erlebt. Josef hat verstanden, dass Jesus für ihn persönlich gekommen ist, dass er durch den Glauben an ihn mit Gottes Gegenwart, dem Heiligen Geist beschenkt wurde.

Gott selbst macht ihm Mut. Das will er anderen weitergeben; einmal dadurch, dass er anderen davon erzählt; aber auch indem er ihnen konkret in ihren Nöten beisteht. Das merken die Menschen und geben ihm einen Spitznamen: Barnabas.

Josef-Barnabas ist nur ein Beispiel unter vielen in der neu entstandenen christlichen Gemeinde. Vielleicht fällt er mehr auf, weil er zwar Jude war, aber doch Ausländer in Judäa und Jerusalem, Zypriot. Ein Fremder dient den Einheimischen.

Hananias und Saphira hatten Jesus auch erlebt. Sie hatten den Heiligen Geist auch empfangen. Gott war in ihrem Leben auch gegenwärtig. Sie waren Christen. Doch sie blicken von Jesus Christus weg auf sich und auf andere. Sie schauen mehr auf das Äußere, die Hülle, die Schale, Fassade, als auf den Inhalt, den Kern.

Ihnen fällt auf, dass Josef-Barnabas durch seine große Spende in der Achtung der Menschen steigt und fühlen sich plötzlich klein und vergessen. Waren sie etwa weniger wert als Barnabas?  Bei diesen Gedankenspielen vergessen sie vollständig, dass sie doch auch von Gott reich Beschenkte sind.

Sie meinen Gott und Menschen beschenken zu müssen um wahrgenommen zu werden. So kommen sie als Ehepaar überein, auch eine beachtliche Summe zu spenden. Dabei fälschen sie die Spendenquittung. Sie geben ihre Spende als alles aus, was sie haben, behalten aber die Hälfte zurück.

Dabei geht es noch nicht einmal um die Größe von Spenden oder des Einsatzes. Petrus macht ganz klar, dass sie niemand verpflichtet ist, all seine Habe wegzugeben, um vollgültiges und geliebtes Mitglied der Gemeinde zu sein und zu bleiben.

Worum es ihm geht ist etwas ganz anderes:

Was du machst, mach es ganz, mach es mit Gott und vor ihm im Bewusstsein seiner liebenden und versorgenden Gegenwart! Vertrau dich ihm ganz an mit deinen Ängsten, Versagen, sogar mit deiner Eifersucht und mangelnder Anerkennung. Versuche nur nicht, Gott etwas vorzumachen. Er kennt dich doch sowieso.

Hananias, dem Barmherzigkeit widerfahren war und Saphira, die reich Geschmückte, merken gar nicht, wie gut es Gott mit ihnen meint, wie lieb er sie hat nicht nur nach Namen, sondern als ganze Person. Sie lassen sich immer wieder und dann dauerhaft von Jesus ablenken, bis sie gar nicht mehr merken, dass er bei ihnen ist, Teil von ihnen und in ihnen betrübt und still weint.

Sie schauen von Jesus weg auf Menschen und sehen die Menschen dann auch losgelöst von der Liebe, die Jesus für sie hat. Sie hören die Predigten der Apostel, nehmen an Gottesdiensten und Initiativen teil. Aber innerlich sind sie woanders. Sie lassen den Leitfaden der Liebe Gottes los. Sie lassen sich selbst nicht lieben und können deswegen auch ihr Gegenüber nicht lieben.

So kommen sie darauf, ihr Ansehen mit einem kleinen Betrug zu heben. Es würde ja niemand merken. Vor allem würde ja auch vielen geholfen werden. Sie missachten dabei nicht nur den Wert der christlichen Gemeinschaft, sondern mit ihr auch die vorbehaltlose Liebe Gottes.

Als Petrus das aufdeckt, erschrecken sie so sehr, dass sie tot umfallen. Beide nehmen die Chance des Blickwechsels zu Jesus nicht wahr. Sie klammern ihn dauerhaft aus, verlieren ihre Kritikfähigkeit. Als sie das merken, trifft sie solch ein Schreck, dass sie ihr Leben verlieren, an dem sie schon vorher nicht mehr rechte Freude hatten.

Dieser Bericht stellt uns heute in Frage …

…wie damals Hananias und Saphira und die ganze Gemeinde der Christen. Alle erschrecken und werden daran erinnert, dass man Gott nicht betrügen kann. Sie erinnern sich allesamt wieder daran, dass Gott ein eifersüchtiger Gott ist.

Er liebt uns mit brennendem Herzen. Er schmückt uns, beschenkt uns, überschüttet uns mit Gaben und Fähigkeiten, mit neuem Leben. Er will uns einfach nur Gutes tun. Jesus zeigt das für uns am Kreuz. Er gibt alles, sein ganzes Leben aus Liebe zu uns. Er macht das nicht, damit wir ihm das jetzt wiedererstatten mit unserem Leben, als müssten wir eine Schuld begleichen. Er liebt uns frei. Er schenkt sich selbst.

Jesus ist keine Mogelpackung, die uns nur vormacht, etwas zu gewinnen. Er möchte nur unser Vertrauen, um uns dann noch reicher zu beschenken.

Josef-Barnabas hat das mit vielen anderen verstanden und für sich angenommen. Er schaut freudestrahlend auf Jesus. Fühlt sich hoch gegehrt und geachtet. Deswegen verliert er nichts, wenn er was gibt. Das ist der Unterschied zu Hananias und Saphira.

Lassen wir uns also von Gott lieben. Ergreifen wir seinen Leitfaden, der durchzogen ist von Liebe von Anfang zu Ende. Machen wir dann immer wieder Halt an jedem Knoten und schauen auf ihn.

Amen!