Neue Perspektiven … – Auf’s Ganze gegangen

Videogottesdienst

Danke auch für alle Unterstützung in der Quarantäne! … Während der Vorbereitung für diese Predigt, haben Sonja und ich ganz praktisch erleben dürfen, wovon in Jakobus in Kapitel zwei seines Briefes ab Vers 14 schreibt. Gleich mehr davon... Ihr habt nicht tatenlos zugeschaut. Da kam nicht nur heiße Luft. Ihr habt Euch ganz praktisch in Bewegung gesetzt. Ich will Euch aber auch nicht mit lieblichen Worten einlullen. Das kann ja auch schnell schmierig werden.

Das fände Jakobus auch gar nicht gut. Hören wir doch mal, was er zum Thema Glaube, Taten, heiße Luft etc. schreibt:

Was nützt es, meine Geschwister, wenn jemand behauptet: »Ich glaube«, aber er hat keine entsprechenden Taten vorzuweisen? Kann der Glaube als solcher ihn retten? 15 Angenommen, ein Bruder oder eine Schwester haben nicht genügend anzuziehen, und es fehlt ihnen an dem, was sie täglich zum Essen brauchen. 16 Wenn nun jemand von euch zu ihnen sagt: »Ich wünsche euch alles Gute! Hoffentlich bekommt ihr warme Kleider und könnt euch satt essen!«, aber ihr gebt ihnen nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt ihnen das? 17 Genauso ist es mit dem Glauben: Wenn er keine Taten vorzuweisen hat, ist er tot; er ist tot, weil er ohne Auswirkungen bleibt. 18 Vielleicht hält mir jemand entgegen: »Der eine hat eben den Glauben und der andere die Taten.« Wirklich? Wie willst du mir denn deinen Glauben beweisen, wenn die entsprechenden Taten fehlen? Ich dagegen kann dir meinen Glauben anhand von dem beweisen, was ich tue. ..."

(Jakobus 2,14-18 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

Dann geht es um zwei wichtige Personen aus dem Alten Testament und ihre Wagnisse im Vertrauen auf Gott: der Stammvater Abraham und die Prostituierte Rahab. Zwei so ganz gegensätzliche Menschen werden zu Glaubensvorbildern. Was Jakobus damit vor allem sagen will, ist folgendes:

"... Genauso nämlich, wie der Körper ohne den Geist ein toter Körper ist, ist auch der Glaube ohne Taten ein toter Glaube.

(Jakobus 2,26 nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)

In der letzten Woche ging es ja darum, wie sehr das Gesetz Gottes von lebendigen Beziehungen lebt. Es geht um ein barmherziges Miteinander der Mitmenschen und ein Miteinander der Mitmenschen mit Gott unter seiner liebevollen Herrschaft. Dabei geht es immer um das Ganze und nicht einen Teil davon. Das gilt für Gottes Ordnungen und für alle Beziehungen. Man kann sich nicht das eine rauspicken, was einem schmeckt und das andere ignorieren, weil es einem unangenehm ist.

Mit Glaube und Taten ist es dasselbe. Da geht es um mehr als Sprüche klopfen. Jakobus prüft seine Leser hier sozusagen auf Herz und Nieren.  Er ist nämlich der Meinung:

Im Glauben geht es immer um’s Ganze.

Das ist der erste Punkt und genau der, der Jakobus in seinem Brief so wichtig ist, wie kaum ein anderer. Wir dürfen im Leben die Freude, den Spaß, nicht ausklammern, genauso wenig wie das Leid verleugnen. Wir dürfen in unserem Menschsein unsere Vergänglichkeit annehmen, wie auch die Ewigkeit, die Gott uns durch den Glauben schenkt. Als Christen verstehen wir uns als Diener Gottes und des Herrn Jesus Christus. Gleichzeitig sind wir aufgefordert uns von unserem Herrn und Gott dienen zu lassen.

Dasselbe Prinzip gibt auch dem Verhältnis von Glauben und Taten Leben. Bei Luther und anderen traditionellen Bibelübersetzungen lesen wir Glaube und Werke. Anderes Wort, gleicher Sinn bei Jakobus. Ihm geht es hier nicht um Begrifflichkeiten, sondern das Leben. Und im Leben und Glauben geht es immer um’s Ganze!

Jakobus kämpft mit deutlichen Worten und herausfordernden Beispielen für das Ganze des Glaubens und gegen jede losgelöste Religiosität, Theologie, Spiritualität. Jakobus sagt nicht, dass das alles nicht Teil des christlichen Glaubens sein darf - ganz im Gegenteil. Er macht aber in seinem ganzen Brief, und hier ganz besonders, deutlich, dass es nicht nur nicht reicht auf Gewohnheiten, Gedanken und Gefühle zu setzen. Das ist vielleicht ein guter Start. Aber es führt allein nicht zum Ziel. Man soll ja nicht wie eine Schaufensterpuppe beim Start des Rennens stehenbleiben. Jakobus wird sogar so deutlich, wie wir es vielleicht kaum wagen würden.

Jakobus sagt: wenn Du Glauben nicht als Ganzes lebst, ist es, als wärst Du tot.

Was aber macht Glauben lebendig?

Was macht Glauben ganz?

Zwei Kombi-Antworten. Es ist das Miteinander und Füreinander einerseits und Vertrauen und Wagnis andererseits. Was bei allem auffällt: Glaube ist etwas Aktives nichts Passives. Glaube geht auf’s Ganze.

Übrigens - und dass muss für die Bibelkenner unter uns erwähnt werden - streitet sich Jakobus, der Leiter der Jerusalemer Muttergemeinde, hier nicht mit Paulus, dem weltgewandten Apostel. Hier geht es auch nicht um Tradition gegen Innovation, Altes gegen Neues Testament, Glaube gegen Werke oder andersherum.

Um solche Gegensätze geht es weder Paulus noch Jakobus. Es geht um die Einheit von Wurzel und Früchten. Paulus entdeckt faule Früchte, die irrtümlich poliert werden, einen religiösen Aktionismus. Er erinnert daran, die Wurzel zu pflegen, den Glauben, damit gute Früchte wachsen können. Jakobus sieht Menschen, die allein auf ihre Wurzeln schauen, den Glauben, und mit diesem Blick die guten Früchte am Baum, die Taten, verfaulen lassen. Jakobus geht nur anders an dieselbe Sache heran.

Jakobus drückt es so aus: Ein Körper kann ja auch nicht ohne Geist agieren. Er wäre tot und würde verwesen. Dabei geht es ihm wieder nicht darum den Körper mit Taten und den Geist mit dem Glauben zu vergleichen. Es geht ihm darum daran zu erinnern, dass das eine ohne das andere nicht existieren kann.  Ein Baum ist ein Baum, weil er Wurzeln hat und Früchte trägt.

Jakobus serviert das Essen nicht halbgar und kalt. Jedes Restaurant würde so seine Gäste verlieren. Jakobus will nicht, dass Menschen verloren gehen.

Jakobus geht also auf’s Ganze. Er übersieht niemand in seiner Gemeinde. Dabei kombiniert er unersetzbare Prinzipien für echten Glauben und eine lebendige Gemeinde.

Da ist zuerst das Miteinander und Füreinander

Wenn wir Menschen sehen, die Not leiden, sind wir aufgefordert, ihre Not zu lindern. Freundliche Worte sind ein wichtiger Schritt. Sie machen Mut und sollten nicht fehlen. Aber ein Wort macht noch nicht satt.

Es geht um konkrete Hilfe ganz besonders auch für Menschen aus der eigenen Gemeinde. Zeichen einer Gemeinschaft von Christen ist, dass sie füreinander einstehen und miteinander handeln.

Wenn man in seinem Garten einen Baum pflegt, beschneidet man ihn regelmäßig, damit er mehr Früchte trägt. Die Kraft soll aus den Wurzeln ja in die Früchte gehen und sich nicht in den Zweigen und Ästen verlieren.

In der Gemeinde geht es darum, dass wir unseren Blick immer wieder und neu schärfen. Oft ist es so, dass wir unseren Blick so sehr auf Wachstum, Höhe und Breite richten und nicht auf die Früchte.Wir staunen über die Äste und Zweige, de sprießen und wundern uns, dass kaum Früchte wachsen. Aber nur Früchte bringen neue Bäume hervor. Das ist echtes Wachstum.

Jakobus beobachtet also in vielen Gemeinden, wie Früchte ignoriert und Zweige poliert werden. Da stehen Menschen am Rande, die Gottes Wirken spüren. Aber sie werden nicht angenommen, wie sie sind. Man verwechselt eine unreife Frucht mit einer faulen und zieht die Zweige vor.

Dabei sind es vielleicht diese unfertigen, übersehenen Menschen, mit denen Gott ein besonderes Ziel hat. Wir sehen diese kleinen, grünen Früchtchen, pflücken sie ab, beißen rein und verziehen das Gesicht. Natürlich! Denn wir haben die Kraft aus den Wurzeln ja nicht in die Früchte geleitet, sondern in die Zweige.

Was passiert dabei mit uns? Wir selbst verfaulen am Baum, weil wir die Kraft Gottes nicht an uns ran lassen. Wir sind dann nicht miteinander und füreinander da, sondern für uns selbst in unserer Clique, in die niemand anderes rein darf.

Deswegen lädt Jakobus zu Vertrauen und Wagnis ein.

Das ist die zweite Kombi-Antwort auf die Frage, was Glauben lebendig macht. Dabei erinnert er an zwei Menschen im Alten Testament. Der erste ist Abraham, neben Jesus, Adam & Eva, Noah und Mose wohl die bekannteste Person in der Bibel. Genauso spannend ist aber die zweite Person, eine Frau mit zweifelhaften Lebensstil, die Prostituierte Rahab.

Worin sich beide, Abraham und Rahab, aber gleich sind: beide lassen sich auf ein Wagnis ein. Sie lassen sich komplett in die Hände Gottes fallen.

Was Jakobus nicht erwähnt, wir aber wissen ist, dass beide ihr altes Leben zurücklassen und beginnen Gott zu vertrauen. Abraham verlässt seine Heimat mit seinen vielen Optionen für ein gutes Leben, einschließlich der Wahlmöglichkeit je nach Situation und Vorliebe einen passenden Gott zu finden.

Rahab macht dasselbe. Sie gibt ihr Zuhause auf, aber auch ihren zweifelhaften Job. Sie löst sich von dem Ort und Lebensstil, der sie binden will. Sie hat wie die ganze Stadt Jericho gemerkt, dass Gott etwas Neues im Land anfangen will. Doch nur sie allein vertraut sich Gott und seinem Volk an.

Beide, Abraham und Rahab, vertrauen sich Gott an und kehren dem Gewohntem den Rücken. Sie lassen sich und ihr ganzes Weltbild verändern, ihre Werte und Prägungen, ihr Selbstverständnis. Sie gehen ein echtes Wagnis ein und zeigen öffentlich, dass sie Gott vertrauen. Deswegen baut sie Gott in seine Geschichte ein, viele Menschen zu retten, alle, die es wagen ihm zu vertrauen. So werden Abraham und Rut zu den Vorfahren von Jesus.

Sie hatten wirklich viel riskiert. Rahab wird verhört und bedroht. Abraham riskiert seinen Sohn Isaak. Aber beide machen konkrete Schritte heraus aus ihren alten Ideen, Werten, Menschen und Gottesbildern und merken, dass Gott sie auf diesem Weg nicht hängen lässt und auch nicht überfordert.

Jakobus möchte seine Leser jetzt auch einladen einen Schritt im Vertrauen auf Gott zu machen. Er macht ihnen Mut ein Wagnis einzugehen, auf Menschen zuzugehen, ein Miteinander und Füreinander zu wagen.

Ein kompletter Glaube, ein Glaube, der auf’s Ganze geht, macht einen Schritt aus sich heraus.

Mit solchen Vertrauensschritten lernen wir füreinander einzustehen und miteinander weiterzugehen. Wir gehen nicht alleine. Wir lassen uns auf Menschen ein, die uns vorher fremd waren und vielleicht immer noch fremd sind. Wir treten für Menschen ein, die in Not sind. Manchmal sind sie uns so nahe, dass wir sie übersehen.

Machen wir also unseren Glauben immer wieder ganz und lassen ihm Taten folgen. Wagen wir etwas und sehen, wie Neues wächst, wie Gott Glauben und Taten multipliziert. Das ist der Weg von der Wurzel zu den Früchten. Das ist der Körper, der seinen Geist einsetzt, eine begeisterte Gemeinde.

Was ist der Schritt, den wir vielleicht als Gemeinde gehen sollen? Wo sind die Menschen, die wir bisher übersehen haben? Wo ist der Segen, den Gott vermehren möchte, die Früchte, die er pflücken möchte und die Kerne, die er davon neu einpflanzen will, damit Neues entsteht?

Was ist der Schritt, den Du im Vertrauen auf Gott gehen sollst? Wozu fordert Gott Dich gerade auf?

Nehmen wir diese Fragen doch mit in die neue Woche und gehen ein Wagnis ein. Miteinander und füreinander - Vertrauen und wagen.

Amen!