Neue Perspektiven… – Geschmacksverirrungen

Predigtmanuskript

Entschuldigt heute einmal, wenn Ihr das Gurgeln unangemessen fandet. Ich wollte Euch nur zeigen, was ich während meiner Quarantäne dreimal am Tag mache, um die offensichtlichsten Keime abzutöten. Es handelt sich um ein altes Hausmittel, dessen Rezept ich hier nicht verraten darf.

Ich bin natürlich kein Sommelier. Das sind Menschen mit feiner Zunge und Geruchs- und Geschmackssinn, absolute Fachleute und Berater in edlen Getränken, aber komischen Arbeitsabläufen. Wir kennen sie besonders vom Weinbau und aus feinen Restaurants. Ihre gefürchtetste Krankheit ist seit einem Jahr bestimmt COVID-19. Viele verlieren dabei ja für kürzere oder längere Zeit oder im schlimmsten Fall für immer ihren Geschmacks- und Geruchssinn. Das ist eine Katastrophe nicht nur für Sommeliers, glaube ich.

Wie komme ich darauf? Heute soll es auf der Reise durch den Jakobusbrief weitergehen. Jakobus will natürlich kein Experte in Sachen edler Getränke sein. Ein Thema, dass ihn am Anfang und genau in der Mitte seines Briefes aber stark beschäftigt, ist die Zunge und was man alles mit ihr machen kann.

Dabei geht es ihm nicht ums Essen oder Trinken, sondern ums Reden. Aber er entdeckt dort auch einen ganzen Mund voll Keime, die unseren Mitmenschen nicht gut tun. Jetzt will man meinen, dass es ihm um Mundhygiene geht. Das ist gar nicht so falsch. Aber auch das greift zu kurz. Schnell zusammengefasst sagt er:

Du kannst mit Deiner Zunge Worte formen, die anderen Menschen gut tun und andere, die zerstören. Achte also darauf, was aus deinem Mund kommt.

Hier aber der Wortlaut aus seinem Brief, ausgewählte Verse aus Kapitel 3,1-12:

Meine Brüder! (und Schwestern natürlich) Es ist besser, wenn nicht so viele von euch als Lehrer auftreten. Darüber müsst ihr euch nämlich im Klaren sein: Wir Lehrer haben im Gericht ein besonders strenges Urteil zu erwarten. 2 Wir alle machen ja immer wieder Fehler. Wer nie ein verkehrtes Wort sagt, der ist wirklich als Mensch vollkommen. Er ist fähig, seinen ganzen Körper im Zaum zu halten.

(Seht das Zaumzeug für Pferde und das kleine Ruder großer Schiffe.)

5 Genauso ist die Zunge nur ein kleines Glied des Körpers. Dennoch tut sie ganz groß.

(Dann vergleicht Jakobus die Zunge mit einem zerstörerischen Feuer, sogar mit der Hölle, und schließlich einem sabbernden Mund und wieder mit der Bändigung von Tieren).

8 Aber kein Mensch kann die Zunge bändigen. Sie ist ein rastloses Übel voll tödlichen Gifts. 9 Mit ihr loben wir Gott, den Herrn und Vater. Mit ihr verfluchen wir aber auch Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen sind. 10 Aus ein und demselben Mund kommen Segen und Fluch. Das darf nicht sein, meine Brüder und Schwestern!

(Jetzt kommt aber der wichtigste Teil, dem Bild der Quelle und der Botanik.)

11 Lässt denn eine Quelle aus derselben Öffnung gleichzeitig Süßwasser und Salzwasser sprudeln? 12 Kann ein Feigenbaum Oliven tragen oder ein Weinstock Feigen, meine Brüder und Schwestern? Ebenso wenig kann eine Salzwasserquelle Süßwasser hervorbringen.

(Jakobus 3,1–12 nach der BasisBibel, Version 2012)

Jakobus füllt den Abschnitt mit einer Fülle von Bildern und Vergleichen. Das macht er wieder so deutlich, wie wir uns das wahrscheinlich nicht trauen würden.

Lässt er seiner Zunge dabei freien Lauf? Nein - das, macht er nicht. Er ist der Meinung, dass manchmal deutliche Worte am richtigen Platz sind um Menschen aus dem Schlaf zu wecken und zum Nachdenken zu bewegen. Sie sind dann am richtigen Platz, wenn seichte, sanfte und leise Töne nicht ankommen.

Jakobus macht deutlich, wie wichtig dieses Thema ist und kommt zum Schluss auf den Ursprung des Problems. Er versucht uns in zwei Schritten eine neue Perspektive zu eröffnen. Er hilft uns und unseren Mitmenschen eine neue Qualität des Miteinanders zu geben. Er möchte, dass uns und anderen das Leben wieder schmeckt. Er hilft uns bei der Mundhygiene und den Geschmacksinn wiederzuerlangen.

Der erste Schritt ist der Gebrauch der Zunge und die Folgen. Eigentlich ist ein Doppelschritt. Man kann das eine und andere nicht so richtig trennen. Der zweite Schritt ist der Blick auf die Lösung.

Da ist der Gebrauch der Zunge und die Folgen

Was passieren kann, wenn wir unsere Zunge nicht im Zaum halten, beschreibt Jakobus sehr einprägsam und bildhaft. Vielleicht haben wir genau das, was er sagt auch selbst schon mal erlebt. Vielleicht ist es schon länger her, doch schmerzt es immer noch, was uns da gesagt wurde.

Jakobus spricht hier aber nicht über andere. Er spricht uns an und unseren eigenenGebrauch unserer eigenen Zunge. Es sind natürlich auch die Anderen. Aber aus ihrer Sicht sind wir die Anderen. Jakobus spricht also über uns. Vielleicht erinnert er Dich auch gerade jetzt in diesem Moment an Worte und Begegnungen, die Dir leid tun, die Dich nun selbst schmerzen.

Um unseren Schmerz geht es in diesem Moment aber auch nicht. Es geht um den Schmerz, den wir Anderen zugefügt haben. Deswegen geht es ihm um den konkreten Gebrauchdieses kleinen Ruders, Flämmchens und Sabbers. Denn das sind die Vergleiche, die er gebraucht.

Was ihm ganz wichtig ist: es geht nicht darum das Ruder nicht zu benutzen, das Flämmchen zu löschen oder die Spucke auszutrocknen. Wir wissen ja. Spucke kann auch entkeimen. Mit einem Flämmchen kann man auch ein wärmendes Feuer entzünden. Und ein Ruder ist ja eben nicht dazu da um ihm freien Lauf zu geben, sondern Schiffe sicher durch ruhige und wilde Gewässer zu führen.

Wir sehen ja gerade, was passieren kann, wenn nur ein Schiff, das im Suezkanal quer steht, den Welthandel ausbremst. Da war das Ruder plötzlich zu schwach.

Dann ist da natürlich auch das Zaumzeug für Pferde. Gerne wären wir Pferdeflüsterer. Davon gibt es aber nur sehr wenige. Vielleicht hören wir zu wenig auf die Stimme des Heiligen Geistes, der uns zuflüstern und keinen Zaum anlegen will. Wir sind wie bockige Pferde, vielleicht auch Esel.

Jakobus geht es also nicht darum uns zum Schweigen zu bringen. Er will uns vielmehr helfen unsere Zunge richtig zu gebrauchen.

Viele Menschen haben sich angewöhnt zu schweigen. Entweder wollen sie Fehler vermeiden oder haben zu oft unter der Rede anderer gelitten. Das ist natürlich eine Strategie. Aber diese Strategie hilft unseren Mitmenschen nicht. Sie hilft uns selbst nicht.

Manchmal ist es natürlich gut, sich zurückzuhalten. Oft ist es aber auch wichtig sich im Gespräch, in der Diskussion, an der Problemlösung, an der Entscheidungsfindung zu beteiligen. Manchmal fehlt gerade die laute oder leise, unsichere Stimme, um zur Lösung zu kommen.

Andererseits spricht Jakobus auch zu den Sabberlappen unter uns. Die sollen lernen einmal öfter zu gurgeln und sich den Mund auszuwischen. Jakobus ist gerade dabei ihnen einen solchen Lappen zu reichen. Alle Keime müssen raus. Sie müssen nicht nur aus unserem Mund. Sie müssen aus unserem Körper, aus unserem Leben, damit unsere Worte andere nicht krank, sondern heil machen.

Das ist der zweite Schritt zu einer neuen Perspektive

Jakobus will und kann uns wirklich helfen unserem Leben eine neue Qualität zu geben. Jakobus lenkt unseren Blick deswegen auf zwei andere Bilder: die Quelle und den Baum. Dabei geht es ihm wieder nicht darum Salzwasser als schlecht und Süßes Wasser als gut darzustellen. Es geht auch nicht darum Wein gegen Feigen oder Oliven auszuspielen. Alles hat seinen Platz.

Es geht Jakobus darum deutlich zu machen, dass man ganz bleiben muss. Man kann sich nicht teilen. Erinnert Ihr Euch an die gespaltene Seele, von der Jakobus in seinem Brief immer wieder spricht? Solch ein Mensch tut weder sich, noch anderen gut. Er muss wieder ganz werden. Die zerbrochenen Teile seiner Seele müssen wieder zusammengefügt werden.

Wenn Du Menschen aufbauen willst, musst Du ganz zu ihnen kommen. Mach ihnen nichts vor. Wenn Du schwach bist, gib nicht vor stark zu sein. Wenn Du David bist, stell Dich nicht als Goliath vor. Wenn Du Schüler bist, mach Dich nicht zum Lehrer und als Lehrer bleib bitte, bitte immer Schüler. Lass Dich korrigieren und ganz machen, was abgebrochen ist.

Nimm Dich als den an, der Du bist. Schau nicht eifersüchtig auf die würzigen Oliven, wenn Du doch als herber Wein gedacht bist. Gib die leckeren Feigen, die an Dir wachsen her und verkaufe sie nicht als Weintrauben. Du wirst nur enttäuschen und verletzen.

Nimm Dich also zuerst einmal an, als den, der Du bist!

So hebst Du das Tanzbein zum zweiten Schritt. Dann schau aber auch auf den zweiten Zwischenschritt. Das ist der entscheidende. Mit diesem kannst Du den Tanz versauen oder feiern.

Jakobus spricht von der Quelle. Das ist nicht die Frage nach salzig oder süß, sondern nach dem Ursprung. Wo kommt es also her, dass Du Aufbauendes sagst oder Zerstörendes?

Was ist der Grund, dass Du über dem Schlechten schweigst, aber das Gute auch nicht weitergibst?

Das ist das Bild von der Quelle, vom Ursprung des Guten oder Bösen und nicht von süß oder salzig. Denn Salze im Wasser können auch zur Heilung benutzt werden wo Süßes nicht hilft. Aber Süßwasser ist eben auch lebenswichtig.

Was ist also diese Quelle? Jakobus hilft uns da am Anfang seines Briefs weiter.

Wenn jemand Gott zu dienen meint und dabei seine Zunge nicht im Zaume hält, vielmehr sein Herz (=sich selbst) betrügt, dessen Gottesdienst (oder: Frömmigkeit) ist nichtig.

(Jakobus 1,26 nach der Bibelübersetzung von Hermann Menge aus dem Jahr 1939)

Fromm sein lebt vom Leben, und zum Leben gehört das Reden dazu. Ehrlich fromm sein könnte man auch mit einem authentischen Christsein beschreiben. Authentisch bedeutet zuverlässig, echt, frei von Täuschung (und Selbsttäuschung).

Jakobus will uns davor bewahren uns selbst zu täuschen und damit auch andere. Das kann man mit Schweigen und mit Reden. Jakobus erinnert uns jetzt daran, dass all unser Reden von tief drinnen kommt. Es kommt aus unserem Herzen.

Betrüge Dich also nicht selbst. Lass Dein Herz Dich nicht betrügen.

Die Lösung ist nun, dass Du Dir Deine Herz erneuern lässt, es auch neu füllen lässt. Alles muss raus! Lass Frühling werden. Mach Hausputz! Lass Hausputz machen! Nimm Dir jemand, der Dir dabei hilft. Lass Dich füllen. Versuche nicht Dich selbst zu füllen mit Eigenen Gedanken.

Lass es wirklich Frühling werden. Bedecke die Schneeberge nicht mit einer schön grünen Grasmatte aus Plaste. Das strahlt weiter Kälte aus. Lass die Sonne ran, die den Frost vertreibt und Neues wachsen lässt.

Jakobus erinnert hier an Jesus, das Ebenbild Gottes! Jesus der Retter, der Heilmacher, der Arzt, der Keimtöter, der Lebenbringer.

Lass Dir von Jesus Dienen! Lass Dich von ihm belehren!

Jesus ist gekommen um zu dienen. Seine Herrschaft ist die des Dienens, des Helfens, des Aufrichtens. Er ist der Lehrer, vor dem Du Deine Fehler nicht verstecken sollst und auch gar nicht musst. Nur er kann Dein halbes Herz wieder zusammenfügen. Dazu ist er gekommen.

Lass ihn an Dich ran und Dein Herz  wieder neu mit Lob füllen mit Faszination über das, was er kann und tut. Er kann, was Du nicht kannst. Nimm das an. Das ist authentisch.Authentisch ist nicht zuzugeben, dass man nicht alles versteht, dass man Fehler macht, dass man nicht so ist, wie man sollte. Authentisch ist offen mit seinen Begrenzungen umzugehen und Jesus hineinzulassen, damit ER sie öffnen kann. Wir schauen auf den Erlöser und nicht den Verschließer.

Feiern wir heute also Palmsonntag so wie er gemeint ist mit HOSANNA, dem lauten Hilferuf, und HALLELUJA, der noch größeren Begeisterung für unseren Erlöser: Jesus! Lass ihn in Dein Herz und auf Deine Zunge. Dann wird’s gut.

Amen!