Neue Perspektiven… – Nicht allein auf dem Weg

Predigtmanuskript

Habt Ihr Euch auch schon mal verfahren oder Euch im Urlaub in einer unbekannten Stadt oder Gegend verlaufen? Vielleicht sogar im Ausland? Welche Lösungen habt Ihr da gewählt, um aus dieser Misere herauszukommen?

Heutzutage fragen die meisten wohl die Navigationsapp ihrer Wahl. Was aber, wenn man gerade in einem Funkloch ist und vergessen hat, das Kartenmaterial herunterzuladen? Wohl denen, die noch analog unterwegs sind und Papierkarten lieben. Man kann natürlich auch versuchen, den selben Weg zurück zu gehen. Wohl denen, die sich daran erinnern. Oder man sucht nach Schildern und Wegweisern.

Wenn das alles nicht klappt, muss man dann doch wohl oder übel auf andere Menschen zugehen. Für die einen wäre das vielleicht sogar die erste Wahl gewesen. Andere haben Angst sich mit ihrem Anliegen richtig ausdrücken zu können. Vor allem im Ausland. Und dann noch die vielen Erklärungen von hilfsbereiten Menschen. Da findet man gerade noch bis zur übernächsten Weggabelung. Dann muss man schon wieder fragen. Es gibt aber auch Menschen, denen das so richtig Spaß macht.

Was für Such-, Finde- und Wegweisertypen bist Du?

Mit wem kannst Du Dich am meisten identifizieren?

Ich war mal ein paar Monate mit einem paraguayisch-deutschen Missionarskollegen im Norden Perus unterwegs mit Wasserflugzeug und Motorkanu. Soweit so gut und abenteuerlich. Eines Nachmittags ging es durch den Urwald in das nächste Dorf. Nach nicht einmal 10 Minuten Fußweg schaute ich mich um und merkte, dass ich niemals im Leben allein wieder zurückfinden würde. Ich war angewiesen auf unsere ortskundigen Freunde.

Indianer verlaufen sich ja nie. Das war mir klar. Später aber lernte ich solche kennen, die schon mal erzählten, wie sie sich selbst verlaufen hatten. Gott sei Dank kam nach zwei Tagen erfolglosen Suchens im Dschungel aus dem Irgendwo ein älterer Indianer her, der sie wieder nachhause führte. Der machte sich dann auch etwas lustig über die Jugend von heute, die sich nicht mehr auskennt.

Hui, was hat das denn mit Ostern zu tun? Nun ja - Jesus hat sich ganze 40 Tage Zeit genommen, seine Nachfolger wieder auf Spur zu bringen. Sie waren so traumatisiert, dass es ihnen schwer viel, Jesus wieder ganz Vertrauen zu schenken, sich zu erinnern, was er ihnen immer wieder gesagt hatte und auch in den Heiligen Schriften vorhergesagt wurde. Jesus ließ aber nicht locker und seine Freunde ließen sich auf ihn und sein Angebot ein. Sie waren verirrt in sich selbst und ließen sich wieder auf einen guten Weg bringen, den guten Weg.

Von einer ähnlichen Dynamik schreibt Jakobus am Ende seines Briefs. Da erwähnt er Menschen, die sich verirrt haben und wieder auf Spur kommen. Auf zwei Arten passiert das. Im Grunde genommen in einer doppelten Dynamik, einer Dynamik des Miteinanders und Füreinanders. Das ist auch die große Botschaft von Jakobus an uns.

Miteinander vorangehen und füreinander eintreten und gemeinsam Gottes Zusagen in Anspruch nehmen.

Schauen wir doch mal genauer und lesen im fünften Kapitel den 14., 16. und 19.-20. Vers. Ich lese aus der Zürcher Bibel von 2007.

Verse 14 und 16:

Ist jemand unter euch krank, so rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich. Die sollen ihn im Namen des Herrn mit Öl salben und über ihm beten. * Bekennt einander also die Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet!

Verse 19 und 20:

Meine lieben Brüder und Schwestern: Wer einen unter euch, der von der Wahrheit abgeirrt ist, zur Umkehr bewegt, * darf wissen: Wer einen Sünder auf seinem Irrweg zur Umkehr bewegt, wird dessen Seele vom Tod erretten und eine Menge Sünden zudecken.

In Vers 14 ist jemand in Not und lässt sich von Jakobus motivieren aktiv zu werden und Hilfe zu suchen.

In Vers 19 bis 20, den letzten seines Briefes, motiviert er uns dazu aktiv auf andere zuzugehen, die in Not gekommen sind.

In allen Versen, besonders aber in Vers 16, lädt Jakobus zu einem offenen, vertrauensvollen Miteinander und Füreinander auf.

Er erinnert dabei an Menschen, die auf dem Weg sind, die einen sind stracks auf dem sicheren und guten Weg Richtung Ziel unterwegs. Die anderen sind müde geworden, haben sich vielleicht hingesetzt und den Anschluss verloren. Als sie aufstehen nehmen die einen die falsche Abzweigung. Die anderen aber fassen sich ein Herz und rufen der ersten Gruppe nach, ihnen wieder auf die Sprünge zu helfen.

Ihr Aschersleber habt an Ostermontag ja immer Ausflüge gemacht. Auch die meisten anderen kennen das. Von ganz früher kenne ich noch Volkswandertage. Da gab es eine abgesteckte Tour, einen Start und ein Ziel. Fast das ganze Dorf, Alte und Junge waren unterwegs und hatten ihren Spaß. Die einen sportlich, die anderen rustikal und die Dritten leger. Die einen wollten so schnell wie möglich ans Ziel, die anderen genossen lieber den Weg an sich. Manche machten das ganz locker. Andere brauchten ab und zu eine Pause. Die meisten hatten auch ein kleines Picknick dabei. Aber wenn man sich nach einer längeren Wanderung einmal hingesetzt hat, fällt es oft schwer, die ersten neuen Schritte zu machen. Da freut man sich, wenn man sich gegenseitig motivieren kann.

Volkswandertage gab es zu Zeiten von Jesus und Jakobus nicht. Die Römer und Griechen waren dagegen sportlicher unterwegs. Immerhin gab es ja schon Olympia. In vielen Briefen im Neuen Testament lesen wir dann auch verschiedenste Beispiele aus dem Sport.

Worum es Jakobus am Ende seines Briefs geht, ist das Miteinander und Füreinander. Jeder von uns braucht irgendwann einmal Hilfe. Ist angewiesen auf den oder die andere.

Zuerst erinnert er daran Hilfe in Anspruch zu nehmen. Als Drittes Hilfe anzubieten und mittendrin das Miteinander zu leben. Wir sind aufeinander angewiesen.

Haben wir also Mut Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Das ist das Erste. Jakobus wehrt sich gegen die Aussage: “Es kümmert sich ja niemand um mich.

Er leugnet damit nicht die Blindheit in unserer Gesellschaft und manchmal auch Gemeinde, die uns die Not unserer Mitmenschen und Mitchristen nicht sehen lässt.

Worum es Jakobus geht ist, dass wir die Zusagen, die Gott uns gibt, auch in Anspruch nehmen sollen und dürfen. Als er die Gemeinde, die Gemeinschaft der Christen, erfindet, macht er das um ein Hilfsangebot einzurichten. Das soll und darf in Anspruch genommen werden.

Wie oft passiert es aber, dass die Verantwortlichen die Hilfsbedürftigen übersehen? Jakobus merkt das natürlich auch. Auf dem ersten großen Treffen der Apostel und Gemeindeleiter in Jerusalem macht er das schon deutlich: “Vergesst die Armen nicht!” (Apostelgeschichte, Kapitel 15)

Die Armen dürfen aber von sich aus dieses Angebot in Anspruch nehmen. Jakobus schreibt deswegen: “Wenn jemand von euch in Not ist, in der Seele oder am Körper krank geworden. Dann profitiert doch endlich von dem, was Gott euch anbietet. Nehmt in Anspruch, was die Gemeinde bietet. Sprecht mit den Ältesten, der Gemeindeleitung und bringt euer Anliegen vor.

Jakobus wirbt richtig darum. “Verstecke dich doch bitte nicht in deinem Selbstmitleid. Komm raus aus deinem Schneckenhaus. Nimm Heilung und Vergebung in Anspruch. Es gibt immer einen Weg zurück. Lass dir helfen wieder auf Spur zu kommen. Wenn du auf der Bank sitzen bleibst, weil dich die Beine von der Wanderung schmerzen, lass dir aufhelfen. Werde aktiv.

Als Jakobus diese Worte schreibt, sieht er bestimmt schon die Menschen, die hilflos und ungehört bleiben. So ist es ja auch in der Realität.

Die allermeisten Menschen haben aber gar keine Ahnung von dem, was uns Jesus schenken will. Sie kennen sein Angebot nicht und weder Start noch Ziel, nur einen Weg mit vielen Abzweigungen.

Dann gibt es aber auch die, die den Weg kennen und das Ziel, die gestartet sind, aber müde geworden und inzwischen wirklich zu schwach, um die Stimme zu erheben. Also nicht die Eingeschnappten und Selbstmitleidigen, sondern die wirklich Schwachen.

Haben wir also auch Mut Hilfe anzubieten.

Das ist das Dritte. Das Zweite kommt heute zum Schluss. Jakobus wehrt sich einerseits gegen das Selbstmitleid, andererseits aber auch gegen eine Wartementalität. Er merkt, dass die Kräftigen zu schnell voranlaufen.  Sie haben nur noch ihr persönliches Ziel im Auge und vergessen alle anderen. Andere Starke besetzen sogar die Ruhebank, die für die Müden da ist und schlafen darauf ein.

Jakobus rüttelt sie wach. Er meckert aber nicht. Er spricht auch zu ihnen von den Zusagen Gottes. “Hey, wie toll wäre es doch, wenn du jemand Hilfe sein kannst Jesus kennenzulernen. Erzähl doch mal von ihm. Mach sie neugierig auf den guten Weg. Stell dich doch mal an die Weggabelung und versperre freundlich den Weg, der im Nichts und der totalen Verirrung endet.

Jakobus spricht ganz offen und begeistert von dem, was Gott anbietet, wenn wir Jesus auf seinem Weg folgen. Irre gewordene Menschen bekommen wieder Orientierung, schuldig gewordene Vergebung, Kranke Heilung. Niemand bleibt so, wie er war. Und dann man macht sich gemeinsam auf einen neuen Weg.

Jakobus wagt den Skandal Schuld zuzudecken. Er leugnet damit nicht das Böse oder spielt es runter. Er deckt es vielmehr auf, wenn er davon spricht. Aber er bietet auch eine Lösung an, einen Erlöser. Genau das ist es doch, was schuldig gewordene und Opfer gleichermaßen brauchen.

Die Ältesten in der Gemeinde, also die Gemeindeleitung, soll diese Gemeinschaft organisieren. Sie sind Teil des Hilfsangebots Gottes. Das ist ein Anspruch und ein noch größerer Zuspruch.

Doch mittendrin ist Jesus. Das ist Karfreitag und Ostern als Mitte der Botschaft. Die dürfen wir in Anspruch nehmen und uns zusprechen lassen.

Haben wir also Mut unsere gemeinsame Hilfsbedürftigkeit zu bekennen und anzunehmen.

Das ist die Mitte der Botschaft von Jakobus.

Ist jemand unter euch krank.

“Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander.”

Wer einen unter euch zur Umkehr bewegt.

Unter euch, einander, füreinander, unter euch.

Das sind die Schlüsselworte am Ende des Jakobusbriefs und die Mitte seiner Botschaft.

Jakobus weiß es doch selbst: “So wie ein anderer auf mich angewiesen ist. So bin ich auch auf andere angewiesen. Ich möchte mich nicht mehr verstecken vor dem anderen. Ich will mich wehren dagegen, auf die Schuld der anderen zu blicken und meine zu übersehen. Ich will lernen meine Fehler zuzugeben. Ich will lernen das Bekenntnis des anderen nicht als Schwäche, sondern Stärke wahrzunehmen. Ich will mein Selbstmitleid nicht mehr akzeptieren. Ich will vielmehr meinen Mitmenschen und Mitchristen in seinen Schwächen und Stärken annehmen.

Ich will das Angebot Gottes akzeptieren, dass er mir macht: Jesus mitten in seiner Gemeinde. Woanders finde ich ihn nicht.” Woanders gibt es ihn nicht!

Wagen wir es also aufs Neue: miteinander und füreinander auf dem Weg zu gehen und zu bleiben.

Amen!