Sag mal Danke – Psalm 107,1-9

Predigtmanuskript

Beim Vorbereiten der Predigt bin ich auf die Geschichte der Sag-mal-Momente gestoßen. Und ich weiß nicht, was die größere Herausforderung ist. Diese Geschichte zu leben oder den Psalm 107, um den es heute geht oder vielleicht beides? 

Da geht es um Dankbarkeit, um das faszinierte Stehenbleiben im Blick auf Gott und das, was er getan hat und noch tun wird. Da geht es auch darum andere dazu einzuladen fasziniert auf Gott zu schauen, tief durchzuatmen und Danke zu sagen. 

Drei Gründe dankbar zu sein, die wir im ersten Teil von Psalm 107 finden.

1. Da steht Gott, der mich in meiner Verwirrung zur Ruhe bringt. 

2. Da ist dieser Gott, der mich zum Ziel bringt. 

3. Da ist derselbe Gott, der mich versorgt.

Hören wir auf die ersten neun Verse aus Psalm 107, also den ersten von drei Teilen, die sich in ähnlicher Weise immer wieder in diesem Psalmlied wiederholen. Ganz am Schluss kommen wir dann wieder auf die Sag-mal-Momente zurück.

Halleluja! Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, und seine Gnade bleibt für alle Zeiten bestehen!

2 Das sollen alle sagen,

die der Herr erlöst hat, die er aus der Gewalt ihrer Unterdrücker befreit 3 und aus fremden Ländern gesammelt hat, aus Ost und West, aus Nord und Süd. 4 Die einen irrten umher in der Wüste, auf öden, verlassenen Wegen; sie fanden keinen Ort, wo Menschen wohnten. 5 Hungrig waren sie und von Durst gequält, all ihr Lebenswille schwand dahin.

6 Da schrien sie zum Herrn in ihrer Not,

und er befreite sie aus all ihren Ängsten. 7 Er führte sie auf den richtigen Weg, und so fanden sie einen bewohnten Ort.

8 Nun sollen sie dem Herrn danken

für seine Güte und für seine Wunder, die er für die Menschen vollbringt. 9 Denn er hat den Durstigen erfrischt und den Hungrigen mit Gutem gesättigt.

(Psalm 107,1–9 nach der Neue Genfer Übersetzung der Bibel 2013)

Da ist Gott, der mich in der Verwirrung zur Ruhe bringt.

Wir kennen alle Labyrinthe. Ab dem Mittelalter wurden sie in vielen Kirchen als Mittel benutzt, zur Ruhe zu kommen oder zu meditieren. Das sind Labyrinthe, die zu einem Ziel führen, die einen Zweck haben. 

Wir kennen aber auch Labyrinthe, die eher wie Irrgärten sind. Wenn man einmal drin ist, ist es gar nicht so einfach, wieder herauszukommen. Für uns Kinder war das früher immer ein tolles Abenteuer. Da gab es solch einen kleinen Irrgarten aus Hecken am Wolfsburger Schloss. Woanders gibt es das auch. Ihr kennt sie bestimmt. Soweit der Spaß oder die Ruhe, die man in Labyrinthen findet. 

Wenn aber das Leben einem Irrgarten gleicht oder Abschnitte im Leben. Dann findet man irgendwie keine Ruhe. Da hört der Spaß am Abenteuer auf. Auf Jahrmärkten gibt es Irrgärten aus Spiegeln. Da sieht man sich selbst und den Ausgang überall. Man weiß bloß nicht wo. Ist er da vorne oder doch eher hinter mir oder da rechts oder links? 

Das ist die Erfahrung, an die der Dichter des Psalmlieds denkt. Aber er denkt nicht nur an die Situation, dass man im Osten, Westen, Süden und Norden verirrt ist. Er erinnert an den Tag, an dem Gott sich einem zugewandt und in die Freiheit geführt hat. Das ist der Tag, an dem man sich plötzlich vor dem Ausgang gefunden hat, den man selbst nicht finden konnte. 

Erinnerst Du Dich an solche Zeiten im Irrgarten? Erinnerst Du Dich auch an solche, an denen Gott Dich herausgeführt hat? Oder wünscht Du Dir das gerade?

Da ist Gott, der Dich führt.

Er will Dir vorangehen. Das ist der zweite Gedanke. Gott führt uns nicht in Irrgärten hinein. Er hat gut beobachtet, dass wir Menschen eine besondere Gabe haben hineinzufinden, Eingänge zu suchen und sie selbstbewusst zu benutzen. Doch dann stehen oder sitzen wir plötzlich einsam im Labyrinth der wirren Gedanken und wissen nicht wohin.

Trotzdem lässt Gott uns nicht sitzen oder laufen. Obwohl wir uns das selbst eingebrockt haben und immer wieder tun. 

Genau das ist der Grund, warum er Jesus Christus, seinen Sohn zu uns geschickt hat. Das ist Advent, Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Pfingsten. Das ist heute. Gottes Sohn kommt in unser Labyrinth. Er kommt aus dem Ort der Ruhe ins Durcheinander und bietet uns an uns herauszuführen. Aber schon in dem Moment, wo er uns begegnet, können wir etwas spüren. 

Vielleicht beunruhigt uns dieses Gefühl auch. Denn da werden wir eingeladen jemand anderem zu vertrauen als uns. Wir müssen uns führen lassen. 

Vielleicht spüren wir aber auch schon in dieser Begegnung die Ruhe und den Frieden Gottes mitten im Chaos. 

In der Bibel werden diese Orte immer wieder beschrieben und benannt. Da ist die Stadt Gottes, der Garten Gottes, das Land der erfüllten Versprechen. Das sind Orte zum Bleiben, zum Wohnen, sich Wohlfühlen, zur Ruhe kommen. Das kann auch heute sein.

Dahin will uns Jesus führen. Das will er nicht nur irgendwann. Das möchte er immer wieder und vielleicht auch genau jetzt mit Dir mit mir, mit uns.

Denn da ist der Gott, der Dich versorgt.

Hungrig waren sie und von Durst gequält, all ihr Lebenswille schwand dahin.

So lesen wir es in Vers 5 des Psalmlieds.

Hungrig war ich und von Durst gequält, all mein Lebenswille schwindet dahin. 

Gott kommt zu Dir und mir, um uns zu versorgen. Das hat er gemacht, als sein Volk in der Wüste umhergeirrt ist. Er hatte es aus der Sklaverei, aus der Fremdbestimmung gerettet. Doch es hat die Selbstbestimmung gewählt und gedacht, dass wäre die befreiende Alternative. Und dann findet es sich in seinem selbstgemachten Irrgarten der Wüste Sinai wieder.

Dabei hatte Gott ihnen seine volle Versorgung zugesagt, die sie auf dem Weg erleben wollten. Sie sollen sich ihm nur anvertrauen und nicht eigenen oder fremden Ideen, die so logisch erschienen, aber nur immer komplizierter wurden.

Da brocken sie sich immer wieder von Neuem Sachen ein und schlucken die Kröten, die sie auf dem Weg finden. Doch Gott kommt, schlägt ihnen auf den Rücken (manchmal auch ganz ordentlich), damit sie wieder frei atmen und essen und trinken können. 

Gott versorgt uns heute, wie seine Leute damals. Er begegnet uns. Er führt uns. Er bringt uns zur Ruhe. Das sind die Gründe, warum der Dichter von Psalm 107 so dankbar ist. Daran will er Dich und mich erinnern.

Wie kann ich Gott jetzt danken?

Vielleicht ist das Deine Frage.

Mach’s konkret. Wie soll ich Gott das wieder gut machen? 

Das ist eine gute Frage. Die Antwort ist zu einfach, als das wir sie hören wollen. Du mußt gar nichts wieder gut machen. 

Wenn wir Menschen anderen einen Schaden zufügen, sind wir verpflichtet ihn wieder gut zu machen. Das ist eine ganz schön komplizierte Sache. Gar nicht so leicht es zu tun oder anzunehmen. Bei Gott ist das anders. Er nimmt den Schaden so persönlich, dass er ihn selbst repariert und für uns bezahlt. Er kommt selbst und nimmt Dich in den Arm.

Wie kann ich Gott nun danken? 

Nimm Dir Zeit und lass Dich auf ihn ein. Sprich mit ihm. Beten nennt man das. Sag ihm Danke. Das reicht erstmal. Dann schau noch mal, was er alles in Deinem Leben schon getan hat. Schau dann, was er im Leben anderer Menschen getan hat, den Menschen, die Dir gegenüber stehen. Schau auch mal in die Bibel und lass Dich ein auf das, was Gott mit den Menschen dort getan hat. Das sind keine Märchen. Das sind echte Begebenheiten mit konkreten Menschen. 

Lass Dich inspirieren davon und anstecken. Bleib faszinierend vor Gott stehen, wo Du bist, und sag “Danke!” Hierbei geht es um mehr als unsere Taten und Aufgaben und Aktionen. Hier geht es um’s Tun-lassen. 

Nicht, dass Du nichts mehr tun sollst, sondern dass Du mal Pause machst und Gott was tun lässt. Gott will an uns handeln. 

Bleib in Deinem Labyrinth doch mal stehen und schau auf den Gott, der Dich erlösen will und kann. Vielleicht stehst Du in genau demselben Moment schon draußen vor dem Labyrinth ohne dass Du gemerkt hast, wie Du da rausgekommen bist. 

Da findest Du Dich plötzlich nicht nur befreit aus Deinem persönlichen Irrgarten, sondern am Tisch eines Fünf-Sterne-Restaurants. Du merkst, wie Gott Dich versorgt, Dir mehr gibt, als wonach Du Dich sehnst.  

Was macht das mit Dir? Verändert es Dich? Wäre das möglich? Könnte das auch heute und jetzt wahr sein, was da in diesem alten Psalmlied gesungen wird? 

Wenn ja - dann bleib zuerst einmal und einfach fasziniert und dankbar stehen. Such als zweites auch ganz einfach andere, die dasselbe tun. Und lade als letztes auch die nächsten dazu ein. 

Jetzt komme ich wie versprochen zur Geschichte über ...

… die ‘Sag-mal-Momente’.

Da erzählt John Goldingay, bekannter englischer Theologe, ganz nebenbei von seiner Jugendgruppe, lange bevor er anfing zu studieren. Einer der Jugendleiter fing an solche ‘Sag-mal-Momente’ einzuführen. 

Sag mal Danke. Sag mal, wo du Gott erlebt hast. Erzähl mal, wann du ihn erlebst. Erzähl mal wie du glaubst. Erzähl von deinem Labyrinth, aber auch wie du Gott darin erlebst. Hast Du auch schonmal solche Fünf-Sterne-Restaurant-Erlebnisse gehabt? 

Da geht es nicht um großartige, sogenannte, Zeugnisstunden, bei dem einem schon beim Gedanken die Haare zu Berge stehen, sondern um das unkomplizierte Erzählen aus seinem persönlichen Leben mit Jesus. Da geht es nicht darum, dass große Glaubenshelden große Dinge von sich geben. Da geht es um den Austausch unter Menschen wie Du und ich; im Hauskreis vielleicht, im Seniorenkreis, beim Bibelgespräch, im Jugendkreis, so ganz nebenbei … Ganz entspannt und natürlich.

Der Psalm lädt uns dazu ein: “Sag mal!” Der Psalm richtet sich an alle, die Gott erlebt haben:

Das sollen alle sagen, die der Herr erlöst hat.

Nun sollen sie dem Herrn danken für seine Güte.

(Psalm 107,2a und 8a nach der Neue Genfer Übersetzung der Bibel 2013)

Das ist alles. Warum auch nicht, oder?