Predigtmanuskript
Textlesung Psalm 63 (nach Luther 2017)
1 Ein Psalm Davids, als er in der Wüste Juda war.
2 Gott, du bist mein Gott, den ich suche. Es dürstet meine Seele nach dir, mein Leib verlangt nach dir aus trockenem, dürrem Land, wo kein Wasser ist. 3 So schaue ich aus nach dir in deinem Heiligtum, wollte gerne sehen deine Macht und Herrlichkeit. 4 Denn deine Güte ist besser als Leben; meine Lippen preisen dich. 5 So will ich dich loben mein Leben lang und meine Hände in deinem Namen aufheben.
6 Das ist meines Herzens Freude und Wonne, wenn ich dich mit fröhlichem Munde loben kann; 7 wenn ich mich zu Bette lege, so denke ich an dich, wenn ich wach liege, sinne ich über dich nach. 8 Denn du bist mein Helfer, und unter dem Schatten deiner Flügel frohlocke ich. 9 Meine Seele hängt an dir; deine rechte Hand hält mich.
10 Sie aber trachten mir nach dem Leben, mich zu verderben; sie werden in die Tiefen der Erde hinunterfahren. 11 Sie werden dem Schwert dahingegeben und den Schakalen zur Beute werden.
12 Aber der König freut sich in Gott. Wer bei ihm schwört, der darf sich rühmen; denn die Lügenmäuler sollen verstopft werden.
David hat dieses Lied komponiert. Denn Psalmen sind ja Lieder, deren Melodie im Lauf der Zeit und musikalischer Rhythmus durch die Übersetzung in andere Sprachen verloren gegangen sind. Es sind also Lieder und David ein König mit musikalischer Begabung. An anderer Stelle lesen wir sogar, wie er in aller Öffentlichkeit im Gottesdienst tanzt.
David macht das alles aber nicht um des Tanzens und Musizierens willen. Sein ganzes Leben dreht sich um den Gott, der ihn erwählt hat. Ihn will er ehren mit allem, was er kann und hat.
Was hat ihn zu diesem Lied geführt?
David hatte schon lange regiert. Seine Kinder sind groß geworden. Nicht mit allen ist er wirklich zufrieden. Aber er liebt sie doch. Einer von ihnen, Absalom, ist so begabt, wie auch rebellisch. Er sammelt Menschen um sich und stachelt sie zu einem Aufstand gegen seinen Vater an. Dabei bedeutet sein Name Absalom: „Vater des Friedens“. Frieden hatte er aber nicht im Sinn.
David muss fliehen. Der König ist auf der Flucht. Er erinnert sich daran, dass er schon einmal hatte fliehen müssen. Damals war es sein Schwiegervater, der ihn töten wollte. Die erste Ehe Davids geht darüber in die Brüche. David nimmt später eine andere Frau. Aber irgendwie hat er kein Glück in seinen Beziehungen.
Jetzt, auf der Flucht, holen ihn seine Fehler ein. Die Vergangenheit scheint ihn zu überholen. Doch David lässt sich nicht überrennen. Er klammert sich nicht an seinen Thron. Er kämpft nicht gegen seinen Sohn. Er greift nicht verkrampft nach Macht und Luxus. Er will Gleiches nicht mit Gleichem heimzahlen.
Was sind die Prioritäten für David?
Es ist die Gemeinschaft mit Gott. Das überrascht. In anderen Liedern bekennt David sogar seine Fehler, seinen Egoismus, seine Verlorenheit in sich selbst. Dort findet er sich in einer selbst gemachten Wüste, trocken und lebensfeindlich.
In diesem Lied auf der Flucht und findet er sich in einer echten und in einer innerlichen Wüste. Mittendrin schaut er auf Gott. Wenn er auch alles verliert, so wird er doch nicht verlassen. Wenn er auch kein weiches Ruhekissen hat, dann doch die Geborgenheit in Gott.
Dieser Psalm ist ein Lied der Sehnsucht nach Gott. David verlangt nach dem, der sein Leben wirklich erfüllt, auch wenn ihm alles genommen wird.
Was bedeutet es für David Gemeinschaft mit Gott zu haben?
David fängt an zu singen von Freude und Wonne, von der Ruhe in der Nacht, von den Küken unter den Flügeln der Henne, die ihnen Geborgenheit und Schutz gibt.
Wenn wir hier bei Luther von Freude und Wonne lesen. Dann ist das eine Umschreibung, die uns den hebräischen Originaltext verständlich machen will. Denn eigentlich singt David von Fett und Schmalz, von einem reicht gedeckten Tisch, von einem Festmahl, an dem er teilnehmen darf. Der erste Übersetzungsversuch Luthers von 1524 benutzt genau diese Worte: „Das meine Seele voll werde wie mit Schmalz vom Fetten, daß Mein Mund mit fröhlichen Lippen rühme.“
David vergleicht die Gemeinschaft mit Gott mit einem Festmahl. Wir grillen heute oder laden zu anderen Festen ein. Ein Fest macht dem viel Arbeit, der es vorbereitet. Die Geladenen dürfen sich frei daran freuen. Es ist genau die Freude derer, welche die Einladung angenommen haben, über die sich der Gastgeber auch freut. Damit wird die Freude vollkommen. Freude und Wonne, übersetzt Luther später also richtig.
Dann überkommen David mitten in der Nacht gute Gedanken. Er lässt seine Gedankenwelt nicht von seinen Feinden bestimmen. David kann nicht schlafen, weil er an Gottes Treue denkt und sich von ihm umgeben fühlt. Gemeinschaft mit Gott ist wie ein gutes, bequemes Ruhelager, keine Matratze, von der man morgens verspannt aufsteht. Diese Erfahrung der Erholung macht ihn ruhig und bringt ihn zum nächsten Gedanken.
Er sieht Küken vor sich, die um die Henne umherlaufen und Futter picken. Plötzlich hören sie etwas. Sie erschrecken sich und fliehen zu ihrer Mutter. Die Henne steht schnell auf und öffnet ihre Flügel ein bisschen; genau so weit, dass alle reinkommen und sich bergen können. Wenn es nachts kalt wird, passiert das gleiche. Die Henne macht unter ihren Flügeln Platz für ihre Küken. Sie gibt Schutz und Wärme, Geborgenheit und Halt.
Das alles sind auch Erfahrungen, die David mit Gott macht. Das Vertrauen auf ihn ist wie eine Feier, ein großes Fest- und Ehrenmahl. Er kann wieder ruhig schlafen und lässt sich von Gedanken des Friedestifters erfüllen. Kein Raum mehr für Unruhe. Wie ein Küken empfindlich und schreckhaft ist, so fühlt sich der erwachsene Mann, Kämpfer und Regent David. Er will sich aber nicht mehr auf sich selbst verlassen, auf Waffen oder Heimtücke. Er findet Schutz und Wärme bei Gott.
Das alles, obwohl er in der Wüste war, auf der Flucht vor seinem eigenen Sohn, in Erinnerung all seiner Fehler. In dieser Situation flieht er nicht in die Einsamkeit, nicht zu sich selbst, nicht in den aufgestauten Ärger. Er verbeißt sich nicht im Missverständnis und Misstrauen der anderen.
David merkt, dass er nur eines braucht, ja, nur einen, einen einzigen: Gott, den Gott, der ihn berufen hat. David erinnert sich wieder daran, auf diesen Gott zu schauen, nicht auf die vielen anderen, die sich dafür ausgeben und untereinander konkurrieren, seien es Grübeleien oder Glücksgefühle, geliebte oder gehasste Menschen. David schaut gebannt auf Gott, fragt nach ihm, will Gemeinschaft mit ihm haben.
Niemand kann ihm geben, was Gott ihm geben kann. Er nimmt die Einladung an mit Gott das Leben zu feiern, das er ihm geschenkt hat, sich an einen reich gedeckten Tisch zu setzen, zuzugreifen, zu schlemmen in der Gegenwart seines Gottes.
David nimmt die Einladung an, sich seine Sorgen nehmen zu lassen, die Last von den Schultern, die versucht ihn in den Staub zu drücken. Er lässt sich im Blick auf Gott wieder aufrichten.
Er wehrt sich dagegen, sich von Gott abzuwenden. Er hört auf seine Stimme und sucht bei ihm Schutz. Bei niemand anderem. Bei ihm findet er Geborgenheit.
Das erinnert mich an drei Worte von Jesus
Da ist Jesus, der Sohn des einzigen Gottes, der uns zu einem Fest einlädt. Immer wieder erzählt er Gleichnisse vom Fest, dass Gott für die vorbereitet, die seinem Sohn Jesus folgen und sich ihm anvertrauen. Ich erinnere mich daran, wie oft Jesus selbst mit Menschen gefeiert hat, bei ihnen zu Besuch war, sich Zeit für sie genommen hat. Diese Menschen haben sich auf Jesus eingelassen und wurden verändert. Sie mussten sich keine Zwänge auferlegen. Es war Jesus, der sie befreit und diese Befreiung mit ihnen feiert.
Da höre ich Jesus sagen:
„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“
(Matthäus 11,28 nach Luther 2017)
Wer anders, als der Sohn des lebendigen Gottes, derselbe, dem sich David anvertraut hat, kann uns so erfrischen?! Er, der die Welt geschaffen hat, der sie schön gemacht hat.
Dann höre ich Jesus aber auch traurig sagen:
„Wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken versammelt unter ihre Flügel; und ihr habt nicht gewollt!“
(Matthäus 23,37 nach Luther 2017)
Wie viele Menschen ignorieren Jesus? Wie viele hören ihn, kennen ihn, aber wollen sich von ihm nichts Gutes tun lassen? Doch auch für sie hat er noch Platz. Er will allen Geborgenheit schenken.
David merkt das, und nimmt das Angebot Gottes an. David lädt uns ein. Jesus lädt uns ein. Gott selbst spricht jetzt zu uns und sagt zu uns: „Kommt! “
Diese Stimme zu hören und das Angebot anzunehmen ist die schönste Erfahrung, die man sich vorstellen kann. Nehmen wir uns David als Beispiel.
Amen!