Wenn ich mich auf Gott einlasse
Stellt Euch folgende Situation vor. Vielleicht habt Ihr sie auch schon mal so oder so ähnlich erlebt. Denn so etwas brennt sich tief in unser Erleben ein. Da überrascht der Mann seine Frau mit eine Einladung zu einem ganz besonderen Essen in einem ausgesuchten Restaurant. Welches würdet Ihr wählen? Denk mal nach. … Die Freude ist natürlich auf beiden Seiten riesengroß. Man sucht und findet einen Termin im vollen Kalender. Die Vorfreude wächst. Am Abend macht man sich auf, vielleicht auch schick gekleidet, dem Anlass entsprechend. Man steigt ins Auto oder hat vielleicht sogar ein Taxi bestellt, damit man auf das Glas Wein nicht verzichten muss. Der Tisch ist bestellt. Man blättert durch das Menü und sucht sich etwas Leckeres aus, Vorspeise, Hauptspeise, Nachspeise, Getränke, am Schluss einen Espresso oder etwas anderes. Man lässt sich Zeit und hat auch eine gute Zeit miteinander. Die Bedienung ist auch freundlich und zuvorkommend. Gerne legt man innerlich schon ein nettes Trinkgeld zurecht. Glücklich und zufrieden bittet der holde Ehemann um die Rechnung und fasst nach dem Portemonnaie. Oh Schreck! Wo st es? Es wird einem heiß und kalt. Man wird blass. Die Bedienung kommt schon. Was soll man jetzt tun? Wirre Gedanken schießen einem durch den Kopf. Der Abend ist verdorben. All das Schöne beginnt zu zerplatzen. Wie wird die Rückfahrt werden? Eisiges Schweigen? Die Bedienung ist am Tisch. Man setzt schon an, schluckt, atmet durch. Doch bevor man ansetzen kann, sieht man in ein freundliches Lächeln und hört, was man kaum fassen kann: “Ihr Rechnung ist bereits bezahlt. Sie sind herzlich eingeladen - ganz auf Kosten des Hauses.” Man schaut sich ungläubig an, muss es einfach annehmen und glauben. Dem gutsten Ehemann wurde die Schande erspart, aber natürlich auch die Ehre des großzügigen Zahlens der Rechnung, das Zücken der Scheine und unscheinbaren Legens in das Heft mit der Rechnung inklusive großzügigem Trinkgeld. Trotzdem und bei Allem. Man zieht glücklich, wenn auch verwundert seiner Wege. Wird der Ehemann seiner Frau bekennen, dass er das Geld vergessen hatte? Dann wäre die Anekdote eine doppelte und mehrfache. Doch wer ist nur dieser großzügige Spender? Bekommt man die Gelegenheit ihm oder ihr Danke zu sagen?
In seinem Brief an die Christen in Ephesus schreibt Paulus unter anderem folgendes Statement, das unser aller christlichen Glauben geprägt hat, wie kaum ein anderes. Ich lese die beiden Verse aus Epheser 2,8-9 nach der bekannten Lutherübersetzung vor und danach aus der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel.
“Denn aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, * nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme.”
(Nach der Lutherbibel von 2017)
“Noch einmal: Durch Gottes Gnade seid ihr gerettet, und zwar aufgrund des Glaubens. Ihr verdankt eure Rettung also nicht euch selbst; nein, sie ist Gottes Geschenk. * Sie gründet sich nicht auf menschliche Leistungen, sodass niemand vor Gott mit irgendetwas großtun kann.”
(Nach der Neuen Genfer Übersetzung der Bibel)
So verhält es sich mit unserem christlichen Glauben, oder vielleicht besser ausgedrückt mit Gottes freundlicher Zuwendung, mit der er uns durch Jesus Christus entgegenkommt, ja zuvorkommt. Das Tolle und Besondere ist dabei, dass unser Glaube zweitrangig ist an dieser Stelle. Wenn man dieses Statement im griechischen Original liest, wird deutlich, dass die rettende Gnade zuerst kommt und als Resultat Glauben schafft. Es ist ein Geschenk, eine freie Gabe ganz ohne Bedingungen, aber mit wunderbaren Resultaten. Keine eigene Leistung, keine eigene Initiative, aber auch kein eigener Ruhm. Die Ehre bleibt Gottes. Niemand kann sich großtun, hervortun, angeben. Christen sind nicht besser als andere. Sie schauen nicht von oben herab auf die, die das Geschenk Gottes, seine Gnade, noch nicht verstanden haben. Worum es Paulus in seinem Brief an die Christen in Ephesus geht, ist Gott und sein Handeln zu beschreiben. Er malt ein ganz neues Gottesbild, ein Bild von Gott. Das ist ein Bild, das oft so garnicht in unsere Wahrnehmung der Welt passen will. Und es ist wirklich wahr. Dieses Bild von Gott als einem großzügigen, liebevollen, freundlichen, aber auch souveränen Schenkenden bildet einen Kontrast zu dem, was wir in unserer Welt erleben. Aber genau das ist das Besondere und Unglaubliche gleichzeitig, das den Glauben an Jesus Christus prägt, den christlichen Glauben. Deswegen benutzt Paulus zwei Worte, Gnade und Gabe, Gnade und Geschenk. Aber selbst das Wort Gnade, das er benutzt, können wir auch als Geschenk übersetzen. Andere übersetzen Gnadengabe. Aber das ist oft auch missverständlich, weil es wieder so von oben herab klingt.
“Gnade ist unverdiente Milde.” So habe ich es früher erklärt bekommen. Ich habe es nicht verdient. Es wird mir zuerst deutlich gemacht, dass ich es nicht wert bin, beschenkt zu werden. Das ist von der Definition her vielleicht richtig. Aber es beschreibt nicht Gottes Herz. Es beschreibt nur unsere dunkle menschliche Seite. Jeder, der ein wenig ehrlich mit sich ist, kennt diese dunkle Seite. Aber darum geht es im Augenblick nicht. Ein anderes Mal können wir uns Zeit dafür nehmen. Heute aber nicht. Heute geht es darum, dass Gott es hell machen will, dass er es tut, ob wir die Augen davor verschließen oder nicht. Gottes Herz, seine tiefste Absicht ist die uns zu beschenken auf freuen Stücken.
Martin Luther hat das mal als Backofen der Liebe Gottes ausgedrückt, aus dem er ein leckeres Brot herausholt, das Jesus zubereitet und gebacken hat. Und damit kommen wir zu unserem Glauben. “Aus Gnade seid ihr gerettet durch Glauben.” So schreibt es Paulus. Dabei ist eins an seinem Statement unheimlich wichtig und unverzichtbar. Gnade und Glaube sind keine Zutaten für das Brot des Lebens (wenn wir es mal so ausdrücken wollen). Wenn wir ein Brot backen, brauchen wir eigentlich nur Wasser und Mehl und ein ganz kleines bisschen Salz. Das muss nur richtig gemischt und gebacken werden. So ist es und nicht anders. Ich habe vor ein paar Monaten angefangen Brot zu backen, sogar mit selbst bereiteten Sauerteig. Und es wird immer wieder total lecker. Man glaubt es kaum ;-))
Paulus Vergleich ist aber nicht der von Zutaten, sondern von Resultaten. Ich glaube, weil ich gemerkt habe, dass Jesus mich gerettet hat. Ich werde nicht gerettet, weil glaube. Paulus macht das deutlich: “Es ist Gottes Werk, damit sich keiner hervortun kann.” Im Bild vom Brot gesprochen: Gott backt das Brot mit allen Zutaten. Da ist nichts kompliziert dran. Dann gibt er es mir und lädt mich ein reinzubeißen. Frisch schmeckt es am Besten. So war es letzte Woche bei meinen Baguettes. Am zweiten Tag habe ich sie wieder aufgebacken, damit sie wieder locker und knusprig wurden. Wirklich unglaublich lecker! Paulus macht das ganz deutlich. Gott hat alles getan, was nötig ist. Wir müssen es nur annehmen. Im Abendmahl werden wir immer wieder daran erinnert: “Nehmt und esst. Das ist mein Leib.”, sagt Jesus. Kommt und glaubt an Gottes schenkender Freundlichkeit, Entgegenkommen, Gnade, Gabe. Nimm Gott so an, wie er Dir entgegenkommt, nämlich in seinem Sohn Jesus Christus. Das macht uns zu Christen. Nicht, dass wir uns hervortun, sondern das wir Jesus hervortun, rühmen, über ihn staunen, uns an ihm freuen. Das ist dann unser Glaube. Und dieser Glaube lässt uns dann auch aktiv glauben.
Glaube ist aber tiefer, viel tiefer. Er ist mehr als auf etwas zu vertrauen, etwas zu erglauben. Es ist auch mehr als die Reaktion auf Gottes Handeln. Es ist eben auch ein Geschenk Gottes. Er macht ihn erst möglich. Du stehst ungläubig vor der Tür, wünschst Dir einzutreten, schaffst es aber nicht zu glauben. Vielleicht ist es Höflichkeit, vielleicht Zweifel, vielleicht ein bisschen Unwille. Gott schiebt Dich dann freundlich rein in sein Haus. Er macht es nicht wie einer von der Drückerkolonne, die den Fuß in Deine Tür stellt, wenn Du vorsichtig aufmachst. Gott zwängt sich nicht auf, obwohl er es könnte. Darum geht es, wenn Du Dich jetzt fragst: “Und was soll das alles? Ich habe nichts verloren? Du bist OK. Ich bin OK. Rede mir kein Problem an, das ich nicht habe.” Ich denke, das ist genau die richtige Haltung.
Worum es Paulus hier aber geht, als er den Christen in Ephesus schreibt, ist folgendes. Er beschreibt ihnen Gottes Wesen und das, was er mit uns Christen getan hat. Er kommt nicht, um Menschen zu überreden. Es geht ihm darum das zu beschreiben, was Gott vorbereitet hat und worauf diese Gruppe von Menschen in Ephesus, die Empfänger seines Briefes, eingegangen sind. Er erinnert sie in seinem ganzen Brief daran: “Freut Euch, was Jesus für Euch getan hat. Freut Euch an Gott, wie er Euch entgegenkommt, als Schenkenden. Und beginnt darüber nachzudenken und Euch anzunehmen als die, die Ihr seid, als Beschenkte. Als Menschen, die ihren Blick nicht vom freundlichen Gesicht Gottes abwenden können.”
Halten wir das doch erstmal für heute fest. Das soll für heute reichen. Das soll unsere Woche füllen. Das kann auch unser Leben füllen und total umkrempeln. Der Backofen der Liebe Gottes und das Brot des Lebens, in das wir reinbeißen dürfen. Daran dürfen wir nachher ruhig schmunzelnd nachdenken, wenn wir am Grill warten und schließlich in die heiße Wurst beißen. Lassen wir uns beschenken und retten von uns selbst.
Amen