Sommergemeinschaft – Im Licht lebt sich’s besser

Wir befinden uns mitten im Sommer. Morgens wird es schon früh hell, abends spät dunkel. Für die einen ist so ein endloser Tag eine Herausforderung, für den anderen Motivationsschub. Mal gut, dass es auch den Winter gibt. Da können sich die Augen etwas ausruhen. Zu viel Licht tut ja auch nicht gut. Aber zu viel Schatten? Ich weiß nicht, wie es Euch geht. Wie gut ist es, vier Jahreszeiten zu haben. Da gibt es für jeden etwas. Außerdem tut solch eine Abwechslung ja auch gut. Aber könnt Ihr Euch ein Leben nur in Dunkelheit oder nur im Licht vorstellen? Ich nicht. Beides wäre wohl auf die Dauer anstrengend.

Und damit sind wir schon beim Thema unserer heutigen Sommergemeinschaft. Es geht um Finsternis und Licht. Nein, es geht um Finsternis oder Licht. Wir müssen uns entscheiden. Im Wochenspruch für die kommenden Tage fordert uns Paulus heraus im Licht zu leben. Und damit stehen wir vor einem Problem. Ist es nicht viel gesünder beides zu haben? Hat Gott nicht Tag und Nacht und Jahreszeiten geschaffen, wo sich alles miteinander abwechselt? Besteht nicht auch das Leben aus Licht und Schatten? 

Paulus fordert uns heraus und sagt ganz klar: “Nein! Du brauchst nur Licht. Es ist einfach besser, ins Licht zu kommen und dort zu bleiben. Es wird Dir und Deinen Mitmenschen gut tun.” Er schreibt: 

Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts; * die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.

(Epheser 5,8–9 nach der Lutherbibel 2017)

Früher habt auch ihr in Dunkelheit gelebt; aber heute ist das anders: Weil ihr mit dem Herrn verbunden seid, seid ihr im Licht. Darum lebt nun auch wie Menschen, die zum Licht gehören! * Ein solches Leben führt zu aufrichtiger Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit.

(Epheser 5,8–9 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle)

Es scheint so, als ob Paulus das Leben mit all seinen Unschärfen nicht begriffen hat. Das Leben ist einfach zu komplex und anspruchsvoll, als dass man dieses Entweder-oder leben könnte, Finsternis oder Licht. “Paulus, Du kannst unseren konkreten Lebensalltag doch nicht so einfach vergeistlichen. Genau deswegen nehmen uns die Menschen doch nicht mehr ernst. Du machst es Dir zu einfach und zwingst uns was Künstliches auf. 

Worum geht es? Paulus überspitzt hier mit voller Absicht. Trotzdem malt er kein Schwarz-weiß-Bild. Es behält die Farbe im Bild. Sie ist ihm wichtig. Doch gerade weil er unser Leben so zuspitzt auf Licht oder Dunkelheit, kann er beginnen es so zu malen, wie es Gott gefällt und uns gut tut. Er sagt:

Du musst in Deinem Leben einen Punkt setzen, um einen neuen Satz beginnen zu können. Du musst bereit sein, diesen neuen Satz zu formulieren. Mach das nicht allein!

Du musst Jesus Herr sein lassen über Dein Leben, damit es licht wird und Er es mit Dir in neuer Weise gestalten kannst. 

Es geht also um zwei Dinge: 

• Ein Punkt wird gesetzt – in unserem Leben wird Klarheit geschaffen

• Ein neuer Satz wird formuliert – diese Klarheit im Leben wird eingeübt

Ein Punkt wird gesetzt – Klarheit wird geschaffen 

Paulus schreibt mehrmals in seinem Brief an die Christen in Ephesus von einem Früher und einem Heute in ihrem Leben. Er beschreibt es als Drinnen und Draußen, als Dazuzugehören und Abseitsstehen und eben hier auch als Licht und Finsternis. 

Er fordert nicht dazu auf, etwas zu tun oder zu lassen. Er beschreibt einfach nur, was passiert ist, als sie sich Jesus anvertraut haben. Mehr als das, wie sie nun leben sollen, beschreibt er die Wirkung dessen, wenn man Jesus in sein Leben lässt. 

Jesus setzt einen Punkt. Es liegt an uns, ob wir ein Semikolon daraus machen und unseren eigenen Satz ohne Jesus weiterspinnen. 

Paulus erinnert seine Leser daran, wie wichtig, aber auch wie schön es ist, wenn man Jesus diesen Punkt setzen lässt. Als diesen entscheidenden Punkt bezeichnet sich Jesus übrigens auch selbst. Wir kommen um ihn nicht herum. Entweder setzen wir ein Komma unter den Punkt, machen ein Semikolon daraus und spinnen unser Leben weiter, vielleicht auch an neuen moralischen Maßstäben. Oder wir lassen den Punkt da, wo er steht, und lassen Jesus den Satz weiterschreiben. Er will unsere Hand nehmen und beim Schreiben führen. 

Paulus bezeichnet nun dieses vorher und nachher mit Finsternis und Licht. Finsternis ist in seinem Bild negativ besetzt, Licht positiv. Für diesen Vergleich ist das unheimlich wichtig, weil es um genau diesen Punkt geht. Wir wissen, dass es in der Natur anders ist. Für dieses Bild ist es aber wichtig Kontraste deutlich zu machen.

Wie beschreibt Paulus die Finsternis? Im Zusammenhang des Wochenspruchs spricht er von Heimlichkeiten, die das Leben prägen. Man behält Dinge für sich, die man denkt oder tut. Paulus fordert jetzt nicht dazu auf, alles naiv auszubreiten. Worum es ihm geht, sind die zerstörerischen Kräfte von Heimlichkeiten. Sie machen einen selbst kaputt, weil man niemandem erlaubt, Licht in dieses Dunkel zu bringen, das immer dichter wird. Und als Zweites machen sie die Gemeinschaft kaputt, weil Heimlichkeiten ausgrenzen und isolieren. 

Immer mehr Menschen, damals zu Paulus Zeiten, wie heute zu unseren, ertragen das nicht mehr. Sie wählen das andere Extrem. Heimlichkeiten werden jetzt offen gelebt. Man hasst alle Heuchelei, die mit Heimlichkeiten einhergeht. Deswegen wird die ganze eigene Dunkelheit anderen übergestülpt. Früher hätte man das so gesagt: “Ist der Ruf mal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.” Für viele ist das ein Befreiungsschlag. Sie ertragen es nicht mehr einen äußeren Schein vorzutäuschen, der sie selbst gar nicht widerspiegelt. Alles muss ans Licht, wird aber doch nicht geheilt. 

Paulus geht es dagegen um Licht, das heil macht, das Heimlichkeiten und Heuchelei ein Ende setzt, das Gemeinschaft wieder möglich macht. Um es in den anderen Bildern zu beschreiben, die er benutzt. Man muss nicht schweigend oder schreiend draußen stehen. Man darf in einen geschützten Raum kommen, aus der Dunkelheit und Kälte in ein hellerleuchtetes, warmes Haus. Jesus bietet diesen geschützten Raum, in dem wir heil werden dürfen. Wenn wir ihn einen Punkt setzen lassen, können wir das erleben. 

Um dieses Erleben geht es Paulus als Zweites. 

Ein neuer Satz wird formuliert – Klarheit wird gelebt 

Paulus beschreibt dieses Formulieren eines neuen Satzes mit dem Bild wachsender Früchte. Es gibt kaum Spannenderes, als zu Warten, dass die Erdbeeren endlich reif sind, die Tomaten wachsen und Farbe bekommen, aus den Blüten am Kirschbaum oder Apfelbaum Früchte werden. Beim Apfelbaum habe ich gelernt, dass er im Laufe dieses Reifungsprozesses viele Früchte fallen lässt, bevor sie reif sind. Zuerst war ich frustriert. Dann dachte ich, die Äpfel müssten so hart sein und sauer schmecken. Eine schlechte Sorte eben. So war es aber nicht. Ich beobachtete nur den ganz normalen Reifungsprozess. 

Paulus beschreibt das Leben, das Jesus in uns schreibt, mit so einem Wachstumsprozess. Jesus formuliert es mit uns neu. Er hilft uns immer lockerer zu schreiben. Immer wieder nimmt er den Radierer in die Hand, wenn wir ihn lassen und löscht Fehler aus. Früchte fallen vom Baum, bevor sie reif werden. Andere brauchen einfach mehr Zeit. 

Paulus mag dieses Bild von den Früchten. Im Brief an die Christen in der Provinz Galatien zählt er neun Früchte auf. Hier sind es nur drei: Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit. Diese drei haben eins gemeinsam. Sie sind alle auf Gemeinschaft ausgerichtet. Alle haben etwas mit dem Miteinander zu tun. Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit machen nur Sinn, wenn wir unseren Mitmenschen daran teilhaben lassen. Sie sind sinnlos, wenn wir versuchen sie nur für uns zu leben. Sie müssen ans Licht. Sie wachsen nur im Licht. Sie werden nur reif, wenn wir sie von Jesus pflegen lassen. 

Da ist Güte, diese Gesinnung, die dem anderen entgegenkommt und nicht wartet. Diese Gesinnung kann wachsen. Immer neu kann man sie einüben. Gerechtigkeit, die nicht auf sein Recht pocht, sondern heile Beziehungen schafft, wenn Unrecht passiert ist. Sie bringt Unrecht ans Licht, damit es verwandelt werden kann. Unrecht übertünchen ist die zerstörerische Dynamik der Finsternis. Unrecht heilen ist Licht und führt die Beteiligten wieder in eine heilende Gemeinschaft, aus der sie gefallen sind. Wahrheit ist, wenn alles wieder stimmt, wenn ich bereit bin zu lernen, mich korrigieren lasse, mich auf meinen Mitmenschen einlasse. Wahrheit toleriert keine Lüge, Licht keine Finsternis. Aber diese Wahrheit ist ohne Güte und Gerechtigkeit nicht komplett, sonst grenzt sie aus. Wahrheit lädt aber ein. 

Das Spannende und ehrliche an diesen Bildern ist, dass sie nicht schwarz-weiß malen. Sie machen deutlich, dass wir nicht fertig sind, wenn wir Jesus in unser Leben lassen. Sie fordern uns dazu auf, uns verändern zu lassen. Wir sind “Licht im Herrn”, übersetzt Luther. Hoffnung für Alle und andere Bibel schreiben “weil wir verbunden sind mit dem Herrn”. 

Alles dreht sich um Jesus. Auf ihn kommt es an. Er setzt den Punkt. Er nimmt unsere Hand und hilft uns unser Leben neu zu schreiben. Dabei entmündigt uns Jesus nicht. Ganz im Gegenteil. Worum es ihm aber geht, ist eine heilende Gemeinschaft. Die gibt es nicht alleine und isoliert. Wir brauchen einander, damit unser Leben gelingt. Wir brauchen Jesus in unserem Miteinander, damit Gemeinde lebendig bleibt und unser Glaube Sinn macht. Die größte Herausforderung ist nur ihn an uns ranzulassen. Dann wird es Licht. Dann entspannen wir. Dann erleben wir Freiheit und Heilung. Dann ist kein Versteckspiel mehr nötig. Es ist Licht. Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit halten Einzug.