Heute geht’s ums das Thema Erbschaft. Ein zwiespältiges Thema. Heute aber von einer ganz anderen, überraschenden Seite. Fangen wir aber erstmal so an, wie wir es kennen.
“Wenn wir sterben, bist Du unser Erbe, bekommst, was unser ist.”, sagen die Eltern. “Du bist unser Kind. Und als Kind gehörst Du zu uns, wie wir zu Dir. Was unser ist, ist Dein. Du und wir sind unlösbar miteinander verbunden. Du bist ohne uns nicht denkbar, würdest nicht existieren. Doch genau deswegen hast Du Anteil an allem. was unser ist. Wir haben auch Anteil an Dir. Wir gehören einander, zueinander.”
Wenn wir an Erbe, Erbschaft, ans Erben denken, geht es oft in erster Linie darum, dass wir etwas bekommen. Im schlimmsten Fall können wir allerdings auch enterbt werden oder je nach Erbrecht oder mager ausgehen. Waren die Verstorbenen verschuldet, verzichtet man auch gerne auf das Erbe. Ist das Erbe dagegen groß, will man auf keinen Fall darauf verzichten. Eigentlich sind das aber alles zwiespältige Gedanken.
Denn das Schlimme am Erben ist, dass man auf genau die verzichten muss, von denen man das Erbe bekommt. Genau dieser Punkt macht es zu einer traurigen Sache. Man verliert, um gewinnen zu können. Man muss jemand aufgeben, bevor man etwas bekommt.
Genau das macht das Erben zu einem zweischneidigen Schwert. Es ist niemals gleichwertiger Ersatz. Das Erben hat deswegen eigentlich nie einen echten Mehrwert.
Der Wochenspruch für die kommende Woche nimmt dieses zweischneidige Thema auf, beleuchtet es aber von einer ganz anderen Seite. Auf jeden Fall hat es mit purem Glück zu tun. Das Problem ist nur, dass dieses pure Glück für uns moderne Menschen einen Beigeschmack hat, den wir auf Anhieb nicht so mögen. Wir müssen uns daran gewöhnen an dieses pure Glück, diesen besonderen Geschmack. Dann entwickelt sich aber dieses Glücksgefühl, das wir nicht mehr missen möchten.
Hören wir auf Psalm 33,12 in zwei Bibelübersetzungen.
“Wohl dem Volk, dessen Gott der Herr ist, dem Volk, das er zum Erbe erwählt hat!”
(Psalm 33,12 nach der Lutherbibel 2017)
“Glücklich das Volk, das den Herrn zum Gott hat, das er erwählt hat als sein Eigentum!”
(Psalm 33,12 nach der Gute Nachricht Bibelübersetzung)
“Wenn ich sterbe, bist Du mein Erbe, bekommst, was mein ist.”, sagt Gott zu seinem Volk. “Du bist mein Kind. Und als Kind gehörst Du zu mir, wie ich zu Dir. Was mein ist, ist Dein. Wir sind unlösbar miteinander verbunden. Du bist ohne mich nicht denkbar, würdest nicht existieren. Doch genau deswegen hast Du Anteil an allem. was mein ist. Ich habe aber auch Anteil an Dir. Du bist also auch mein Eigentum. Du bist meine Erbschaft. Und ich freu mich an Dir.”
Da kommen gleich mindestens zwei Fragen: Kann Gott denn sterben? Nimmt mich Gott einfach in seinen Besitz? Vereinnahmt er mich einfach? Nebenbei kommen wir auch darauf zu sprechen.
Zuerst aber zu den drei Punkten, die mir beim näheren Hinsehen aufgefallen sind: Wir dürfen uns glücklich schätzen, weil wir bei Gott geborgen sind, von ihm erwählt und dann auch noch beschenkt sind.
Wir wissen nicht, wer dieses Psalmlied geschrieben hat. Die meisten Lieder im Buch der Psalmen sind von David, andere von Asaf und der Familie von Korach. Psalm 33 gehört aber zu den Psalmen, von denen wir den Komponisten nicht kennen. Der hat sich aber an etwas erinnert, das wir an einigen wichtigen anderen Stellen in der Bibel auch finden. Er schaut sich das Thema Erbschaft von einer anderen Seite an.
Gott sagt zu seinem Volk:
“Du bist meine Erbe. Du bekommst alles. Du bist aber auch mein Eigentum. Du bist meine Erbschaft, und das ist eine gute Sache für mich und für dich. Du gehörst mir und ich gehöre Dir.”
Dem Propheten Jesaja sagt Gott deswegen:
“Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein.”
(Jesaja 43,1 nach der Lutherbibel 2017)
Das führt uns zum ersten, der drei Punkte GEBORGEN, ERWÄHLT, BESCHENKT.
Wenn Du zum Volk Gottes gehörst, bist Du geborgen.
Wir dürfen uns geborgen fühlen. Wir sind geborgen bei Gott. genau dieser Punkt ist so wichtig, wenn wir hören, dass wir Gottes Eigentum sind. Denn das Wörtchen Erbe hat in der Bibel immer etwas mit Eigentum zu tun. Und genau dieser Gedanke stört uns, wenn wir ehrlich sind. Spätestens, wenn wir als Kinder größer werden, als Jugendliche beginnen erwachsen zu werden, nehmen wir uns als einzelne Person wahr. Nach und nach werden wir unabhängiger von unseren Eltern und großen Geschwistern. Wir wollen uns nicht mehr vereinnahmen lassen.
René Descartes hat das im 17. Jahrhundert so ausgedrückt:
“Ich denke, darum bin ich.”
Diese simple Beobachtung hat seitdem unsere westliche Kultur und unsere Selbsteinschätzung geprägt. Das ist in anderen Kulturen – auch heute – ganz anders. Da sagt man:
“Wir sind, darum bin ich.”
Dort ist es immer die Wir-Einschätzung, die vor der Selbst-Einschätzung kommt. Ohne das Wir ist das Ich nicht vorstellbar. Ich will gar nicht mehr sein, wenn das Wir nicht mehr existiert. Aber auch hier grenzt sich das Wir, zu dem ich gehöre, immer von anderen Wirs ab.
Im Psalm hören wir dagegen: “Du bist mein Eigentum. Ich habe Dich geerbt. Du bist meine Erbschaft.”, sagt Gott zu meinem Ich und zu unserem Wir. Der Psalmsänger freut sich daran, dass das so ist.
Er merkt nämlich, dass es für Gott selbst ein großes Privileg ist, dass er uns als Erbschaft gewonnen hat. Er will nicht auf uns verzichten. Er kann nicht ohne Dich und mich leben. Wir sind untrennbar verbunden wie Eltern und Kinder.
Gott sagt zu seinen Leuten: “Ihr seid mein Eigentum. Ich habe Dich in ein neues Wir gestellt, eines, das Dir gut tut, das Dich glücklich macht. Wenn Dir dieser Gedanke auch erstmal nicht schmeckt oder einen komischen Beigeschmack hat; dann lass Dich etwas mehr darauf ein. Du wirst Dich nicht nur daran gewöhnen. Du wirst immer mehr davon haben wollen. Es wird Dir gut tun, Dich glücklich machen.”
Das Tolle an dieser Art Erbschaft ist, dass sie auf nichts verzichten muss. Dieses Erbe reicht über den Tod hinaus und beginnt schon weit vorher mit unserer Geburt. Mit dem Moment, wo Du neu geboren wirst durch den Glauben an Jesus, bist Du Gottes Eigentum und Erbe. Mit dem Moment, wo Du stirbst, wird Gott Dich doch nicht verlieren. Er behält Dich nicht einfach nur in seiner Erinnerung. Er behält Dich in seinen Augen und noch mehr. Du bist und bleibst geborgen seinen Händen von deiner Geburt an, durch Dein ganzes Leben und über Deinen Tod hinaus.
Das ist es, woran der Psalmsänger denkt und sich freut. Das zu erleben tut ihm so gut, macht ihn glücklich. Als Gottes Eigentum sind wir über alle Zeiten und durch alle Unzeiten hindurch in ihm geborgen. Das ist der erste und vielleicht wichtigste Punkt von den dreien.
Wenn Du zum Volk Gottes gehörst, bist Du erwählt.
Das ist der zweite Punkt von den dreien: geborgen, erwählt und beschenkt. Du bist als sein Eigentum erwählt. Du bist jemand Besonderes. Es gibt unzählige Menschen auf der Welt und tausende Völker und Sprachen. Milliarden von Menschen tummeln sich auf unserem Planeten. Gott nimmt Dich wahr. Du musst nicht um Anerkennung kämpfen, und schon garnicht auf Kosten anderer. Wer bin ich? Wer sind wir? Bin ich wie das eine Feld unter den vielen auf der Roulettescheibe, die sich schnell dreht? (eigentlich Kessel) Wird die Kugel auf mein Feld fallen? Werde ich der Glückliche sein, die vom Glück Erwählte?
Von dieser Art unerwartetem Glück spricht dieser Psalmvers. Ich bin ganz unerwartet erwählt worden. Für mich scheint es zufällig passiert sein. “Warum ich und die andere nicht?” So fragen sich viele und beginnen schon wieder zu zweifeln an der Güte Gottes. Aber darum geht es hier nicht. Es geht um die Freude, die man spürt, wenn man merkt, dass Gott einen selbst erwählt hat. Ja, selbst mich und selbst Dich hat Gott erwählt.
Ich bin Gott viel wert. Er hat auf mich gesetzt. Ich bin nicht Nummer 0815, die Zahl für den Standard. Ich bin einzigartig und auf mich hat Gott gesetzt und gewonnen. Was für andere Zufall ist, ist viel mehr der Wert, den mir Gott zuspricht. Ich bin verschuldet. Trotzdem nimmt Gott mich als Erbschaft an. Er ist so reich, dass er die Schulden begleicht. Er will einfach mich. Das ist der Gedanke des Psalmsängers und darüber freut er sich. Das Schönste für ihn: er ist nicht allein, sondern gehört zu einem großen Volk, in dem er nicht untergeht. “Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist!”
Wenn wir das merken, fühlen wir uns beschenkt und kommen zum letzten, der drei Punkte: geborgen, erwählt, beschenkt.
Wenn Du zum Volk Gottes gehörst, bist Du beschenkt.
Vor allem: Gott fühlt sich mit Dir beschenkt. Es dreht sich nicht darum, dass er von uns beschenkt wird, sondern dass er uns beschenkt und sich selbst dadurch beschenkt. Ein Geschenk hat nichts mit der Leistung des Beschenkten zu tun. Sonst wäre es kein Geschenk. Das Beschenktwerden macht aber etwas mit uns. Wir wollen bei nächster Gelegenheit auch ein Geschenk weitergeben. Man fühlt sich geehrt und will Ehre zurückgeben. Das kann zu einem ganz unangenehmen Wettstreit führen, der zu immer größeren Geschenken führt. Dann spüren wir die Angst und den Stress nicht genug zurückgeben zu können, den anderen nicht zufriedenstellen zu können.
Hier geht es aber um etwas anderes. Es geht darum, dass man seiner Freude Ausdruck verleiht. “Glücklich das Volk, dessen Gott der Herr ist!” Es geht mal wieder nicht darum, was ich tun soll. Der Punkt, um den es sch dreht, ist das Glück der Beschenkten. Und aus diesem Glück heraus freut sich der Beschenkte daran, dem Schenkenden etwas zurückzugeben. Du bist Gott soviel wert, dass er sein Leben für Dich gegeben hat. Am Ende der Bibel macht es Jesus Johannes, seines inzwischen alten Nachfolgers, deutlich:
“Hab keine Angst! Ich bin der Erste und der Letzte. * Ich bin der Lebendige! Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit. Ich habe Macht über den Tod und die Totenwelt.”
(Offenbarung 1,17–18 nach der Gute Nachricht Bibelübersetzung)
Gott hat Dich beschenkt, erwählt, in ihm bist Du geborgen.
“Glücklich das Volk, das den Herrn zum Gott hat, das er erwählt hat als sein Eigentum.”
(Psalm 33,12 nach der Gute Nachricht Bibelübersetzung)
Hier geht es mehr, als um unsere Definition von Erbschaft. Alles dreht sich um den, der an nichts anderes denkt, als sich zu geben um uns zu gewinnen. Lassen wir uns darauf ein.