Unscheinbar mächtig (Psalm 48,1-4. 13-15)

Predigtmanuskript

Endlich bin ich mal hier!

Bis jetzt habe Schloss Mansfeld immer nur von unten gesehen – auf der Durchfahrt. Nie war Zeit hier hoch zu kommen. Das heißt, nie habe ich mir Zeit genommen hier herzukommen. Nun ist es aber!

Es ist ein Schloss mit einem Ort drumherum, wo Geschichte geschrieben wurde. Martin Luther ist dort unten im Ort aufgewachsen. Ich denke, man ist heute noch stolz darauf; und unsere Freunde in Brasilien und Kolumbien sind ganz außer sich, dass wir hier in der Nähe leben dürfen.

Sicher gibt es weit größere Schlösser und höhere Berge. Aber genau hier begann eine besondere Geschichte. Schauen wir mal auf einen anderen Berg, von dem wir in Psalm 48 lesen.

Ein Psalmlied der Korachiter.

2 Groß ist der Herr und hoch zu rühmen

in der Stadt unsres Gottes,

auf seinem heiligen Berge.

3 Schön ragt empor sein Gipfel,

daran sich freut die ganze Welt,

der Berg Zion fern im(zum) Norden,

die Stadt des großen Königs.

4 Gott ist in ihren Palästen,

er ist bekannt als Schutz.

13 Ziehet um den Zion herum und umschreitet ihn,

zählt seine Türme;

14 habt gut acht auf seine Mauern,

 durchwandert seine Paläste,

dass ihr den Nachkommen davon erzählt:

15 Dieser ist Gott,

unser Gott für immer und ewig.

Er ist’s, der uns führet.

Psalm 48,1-4 und 13-15

Der Psalm, …

den wir gerade gehört haben beschreibt auch einen Berg, auf dem und um den herum Geschichte geschrieben wurde. Die Korachiter, die ihn geschrieben haben, sind einfach nur begeistert dort leben, singen und Gott anbeten zu dürfen.

Es gibt viele Berge.

Sie wissen, dass dieser Berg, auf dem Jerusalem liegt, Zion genannt, nicht der größte ist. Der Hermon im Norden Israels ist knapp dreimal so hoch. Auch dort gab es Opferstätten.

Dann gibt es noch einen anderen Berg weiter im Norden entlang der Küste. Auch er war weit höher und von sehr weit zu sehen. Er hieß Zaphon und wurde Berg der Götter genannt. Dort, meinte man, wohnten die Götter der Nachbarvölker Israels: Aschera, die Frau des höchsten Gottes und der bekannte Gott Baal, Meister genannt.

Den Seefahrern auf dem Mittelmeer diente er dazu als wichtiger Orientierungspunkt.

Der Berg Zion war unscheinbar.

Die Korachiter wissen das. Für sie ist aber genau dieser unscheinbare Berg Zion der größte. Als unscheinbarer Berg kann er nicht als geographischer Orientierungspunkt dienen. Aber als Ort der Anbetung des Gottes Israels, des Schöpfers der ganzen Welt, bleibt er unübertroffen. Denn dieser Gott liebt es sich den Unscheinbaren zuzuwenden. Er sucht die, welche sich nicht von den nur scheinbar Großen irritieren lassen.

Nicht der Berg dient ihnen als Orientierung, …

… sondern dieser Gott. Er, der Herr, gibt ihnen Orientierung für ihr Leben, dazu Halt und Schutz und erfüllt sie mit Freude.

Diese Freude wollen sie raussingen. Jeder soll es hören. Laut loben und preisen sie den Gott, der sie erwählt hat. Dieser Berg ist Berg der Freude. Wenn alles um sie herum wankt oder droht. Gott hält sie.

Einladung zum Kennenlernen

Darum laden sie ein, sich den Berg und die Stadt, die Paläste und den Tempel, anzusehen. Sie bieten sich als Führer an: „Schaut hier! Schaut dort!“ sagen sie der Besuchergruppe:

Schaut herein in die Räume und schaut von unten auf die Mauern und Türme.“ „Gebt acht und lernt diesen Ort kennen. Habt Gemeinschaft mit Gott, sucht ihn, fragt nach ihm, lernt ihn kennen. Er ist in eurem Alltag da und in besonderen Situationen auch. Er führt euch auf dem Weg zu einem guten Ziel und nicht in die Irre. Er konkurriert nicht mit anderen Göttern. Denn er ist der einzige wahre Gott. Er gibt Orientierung und Halt, schenkt Ruhe und Freude.

Die Korachiter laden uns ein …

… sich an ihnen ein Beispiel zu nehmen. Wir sind eine kleine unscheinbare Gruppe. Wir sind wenige. Niemand interessiert sich für uns; und wenn, dann nur, wo wir Fehler machen.

Da sind viele Dinge, die mit unserem Gott konkurrieren wollen, die unsere Aufmerksamkeit von ihm ablenken wollen. Doch wir tun gut daran, uns immer wieder erinnern zu lassen, auf wen es wirklich ankommt.

Wir haben diesen Gott, der in Jesus zu uns gekommen ist. Er hat sich selbst unscheinbar gemacht, um uns zu begegnen. Er hat sich für uns verspotten lassen, um uns Halt zu geben und Schutz und Freude, einen Ort des Friedens und der Ruhe. Er hat sich dort am Fuß dieses Berges kreuzigen lassen, um unsere Lasten zu tragen. Er ist auch auferstanden, um uns in unserem Leben zu begegnen, Orientierung und Halt und Freude zu geben. Durch Jesus macht unser Gott deutlich, dass er gerade die Unscheinbaren liebt.

Er kommt ins Dunkel, in die Tiefe, um Licht zu machen und Menschen auf seine Arme zu nehmen. Wir dürfen dieses Angebot annehmen, ihn jeden Tag mehr kennenlernen, ihn bewundern lernen, andere einladen hoch zu ihm in seine Arme zu kommen, uns miteinander zu freuen. Warum sollten wir weiter von ferne nur zuschauen, immer an ihm vorbeifahren auf der Durchfahrt und nur einen kurzen Blick erhaschen, wenn die Situation es zulässt?