Vom Platzmachen und Neues Wagen

Predigtmanuskript

Wir feiern heute den ersten Advent und werden gleichzeitig auf einen Brauch schauen, der in Skandinavien üblich ist, und dem auch in Deutschland immer mehr Menschen frönen. Ich hab es noch nie getan, mein Schwager schon. Wenn ich mich nicht täusche, wurde dieser Brauch durch ein bekanntes schwedisches Möbelhaus etabliert. 

Wenn man nicht aufpasst, kann es sogar gefährlich werden, das Ende des Weihnachtsfestes auf diese Weise zu begehen. 

Vielleicht weiß der eine oder die andere schon, worum es geht. Am 7ten Januar entledigen sich viele ihres Weihnachtsbaums und werfen ihn aus dem Fenster. Der Möbelriese hat das auf den 13.Januar verlegt und lädt dazu ein den vertrockneten Baum gegen ein Möbelstück auszutauschen. Andere feiern diesen Rauswurf am 19.Januar. Wer es bei alter deutschsprachiger Tradition belässt, verabschiedet sich vom Weihnachtsbaum erst am letzten Sonntag nach Epiphanias, dem offiziellen Ende der Weihnachtszeit in unserem Kirchenkalender. Das ist nächstes Jahr am 30. Januar. 

Die einen werfen den Baum also aus dem Fenster, bei den anderen wandert er durch den Kamin, und wieder andere nutzen das Angebot des besagten Möbelhauses. Die Geschichte des frommen, dänischen Königs Knut tritt da völlig in den Hintergrund; wird eigentlich total ignoriert. Bei dem Brauch erinnert man sich ursprünglich an seine Sozialreformen und den, nicht immer gewaltlosen, Kampf gegen Korruption in seinem Reich. Deswegen werden die Weihnachtsbäume auch vor dem Rauswurf mit Süßigkeiten geschmückt, die die Kinder plündern können.

Worum es geht, sowohl zu Beginn der Adventszeit, als auch am Ende der Weihnachtszeit ist, dass man Altes aus dem Weg räumt, damit Neues Platz bekommt.

Es ist ja auch Fakt, dass wir immer wieder Platz schaffen müssen, damit Neues Raum gewinnen kann. Nur dann kann man sich ja am Neuen freuen. Das ist ja der Zweck. Nichts soll uns vom Neuen ablenken. Sonja und ich haben uns nach langen Kämpfen vor ein paar Monaten von einem Haufen Bücher und DVDs getrennt. Das war gar nicht so einfach, vor allem für mich.

Doch genau um dieses Platz machen und neu Anfangen geht es heute am ersten Advent. Wir werden eingeladen Platz für das Wesentliche zu machen, für den Wesentlichen. Warum? Damit wir Advent und Weihnachten wirklich sehen und feiern können. Gott kommt zu uns mit einer guten, einer immer wieder neuen Guten Nachricht. Geben wir ihr doch mal wieder den Raum, der auch uns gut tut.

In der Bibel finden wir so einige Menschen, die von Jesus aufgefordert werden Altes hinter sich zu lassen um Platz für Neues zu schaffen. Konkret geht es heute nicht weiter um König Knut und unsere Weihnachtsbäume, sondern um den Gelehrten Nikodemus, der Platz in seinem Terminkalender macht um Jesus aufzusuchen. Jesus fordert ihn daraufhin auf auch Platz woanders zu machen. Ich lese mal aus einer ganz modernen Übertragung dieses Berichts nach Johannes 3,1-13 vor.

Einer der führenden Geistlichen Israels hieß Nikodemus. Der kam eines Nachts zu Jesus und sagte: „Rabbi, wir wissen, dass du ein von Gott gesandter Lehrer bist. Denn das, was du tust, schafft man nur mit Gottes Kraft.

Jesus antwortete ihm: „So ist es. Ich sage dir heute vor allem eines: Wenn du das Reich Gottes sehen willst, dann musst du neu geboren werden.

Nikodemus erwiderte: „Ich bin alt. Wie soll ich denn noch mal geboren werden? Ich kann ja wohl kaum in den Bauch meiner Mutter zurückkriechen.

Da sagte Jesus: „Pass auf. Nur ein Mensch, der eine Neugeburt erlebt – innerlich gereinigt und geistlich erneuert – kommt ins Reich Gottes. Menschen bringen Menschenkinder auf die Welt, ich rede aber von ‚Kindern des Geistes‘. Wundere dich also nicht, dass ich von einer Neugeburt spreche.

Mit dem Geist ist es übrigens wie mit dem Wind. Er weht, wo er will. Du hörst ihn rauschen, aber du weißt nicht, wo er herkommt und wohin er geht. Das passiert auch den Menschen, die eine geistliche Neugeburt erleben.

Nikodemus hakte noch mal nach: „Ja, aber wie genau läuft das ab?

Da fragte ihn Jesus: „Du bist ein Gelehrter und weißt das nicht?

Soweit die erste Hälfte der Begegnung. Jesus fordert Nikodemus hier mehrfach heraus. Spannen wir das Pferd mal von hinten auf.

Er lädt ihn ein Platz für seine Erinnerungen zu machen. 

Du weißt doch so viel! Du bist doch ein Gelehrter. Du kennst dich doch mit den Dingen Gottes aus und lehrst sie den Menschen. Was bedeutet das für dich persönlich? 

Du bist ein Gelehrter und weißt das nicht?

Als Christen passiert es uns immer wieder, dass wir das Wesentliche aus den Augen verlieren. Da haben wir soviel erlebt und auch gelesen. Aber irgendwie kriegen wir das nicht geordnet. Jesus lädt uns dazu ein mal alles Revue passieren zu lassen - nicht nur für andere, sondern für uns ganz persönlich. 

Du weißt doch so viel von mir. Was hältst Du mal davon es für Dich zu ordnen?

Die Menschen um uns her wissen auch viel. Es ist wahrscheinlich nicht so viel wie wir wissen von Gott. Aber sie haben auch ihre Erfahrungen gemacht und Erlebnisse. 

Jesus fordert uns alle auf, mal runterzufahren und das durchzudenken, was wir schon wissen. Ist das alles so richtig? haben wir das richtig verstanden? Woran hänge ich mein Leben, meine Hoffnung eigentlich? Vielleicht sind da ja eine ganze Menge Platzverschwender dabei. Jesus fordert uns heraus Platz zu machen, mal alles durchzuwühlen und auszumisten, gedanklichen und emotionalen Sperrmüll zu bestellen und ihn abholen lassen. Diesen frei gewordenen Platz können wir dann mit Neuem füllen lassen. Jetzt geht es aber auch darum es ruhig angehen zu lassen.

Mach Platz an der richtigen Stelle.

Nikodemus hört auf Jesus. Dann kommt er auf eine ganz absurde Idee. Als Jude, der er ist und Gelehrter, ist das um so überraschender, weil das für seinen Glauben absolut absurd ist. Für Nikodemus ist es folgendes. Soll er wirklich als alter Mann in ein Baby verwandelt werden? Ds ist und war ein wirklich absurder, ganz unjüdischer Gedanke.

Nimmt er mit dieser Gegenfrage Jesus ernst oder ist er wirklich so hilflos? Manchmal antworten wir selbst ja auch mit ausweichenden Fragen und Schutzbehauptungen um den eigentlichen aus dem Weg zu gehen. Wieviele Ausreden kommen uns, bevor wir Platz schaffen? Wieviele Ausreden hatten wir nicht als Kinder, wenn es darum ging, unser Zimmer aufzuräumen? 

Jesus bleibt ruhig und erklärt: 

Es geht darum ‘Kinder des Geistes Gottes’ zu werden. Wenn Gott auf Dich zu kommt, kommt er als Erneuerer. 

Davon haben wir in der letzten Woche gehört. Gott renoviert. Er macht sogar mehr. Er beginnt ganz von Neuem. In unserem alten Leben will er Platz nehmen und sagen: “Es werde Licht!” Genauso, wie er es am Anfang der Schöpfung gemacht hat. Dasselbe Prinzip wendet er auch an, damit wir seine Herrschaft sehen können. Er macht Licht. Als Gott die Welt schuf, sah man erstmal nur ein großes Durcheinander, ein Tohuwabohu - so drückt es die Bibel auf hebräisch aus. Advent ist etwas ähnliches. Gott schickt seinen Sohn und macht Licht. Wenn wir ihm begegnen, merken wir zwei Sachen. 

• Wir sehen die Unordnung in unserem Leben.

• Wir lernen den kennen, der Ordnung bringen will und kann.

Es geht also bei dieser Wiedergeburt nicht darum, dass wir irgendwann als neues Wesen wiedergeboren werden. Im Hinduismus kann das im unglücklichsten Fall ein Stein sein. Das ist nämlich die Folge, wenn wir selbst nicht auf ein geordnetes Leben achten, wenn sich zu viel Unordnung anhäuft. Dann versteinern wir im nächsten Leben. 

Jesus meint etwas ganz anderes. Er bietet uns an in unser jetziges Leben zu kommen und für uns Ordnung zu schaffen. Er lädt alle Unordnung auf sich selbst, alle Platzverschwender. Er bringt keine Rute wie Knecht Ruprecht, sondern einen leeren Sack, in den wir alles Zeugs reintun können. Er entsorgt dann alles. Er nimmt uns falsche Sorgen. Alles, was am falschen Platz ist, bekommt den passenden Ort. Dann kehrt Ruhe ein. dann wird unser Herz wieder weich. Denn versteinert ist es ja sowieso schon oft genug. 

Wir brauchen also jemand wie den, von dem der Prophet Sacharja im Wochenvers spricht: einen König, einen gerechten Herrscher, der wirklich hilft, einen Steinbrecher sozusagen, einen Geburtshelfer. 

Jesus bietet uns an, die gute, entlastende, ordnende, sanfte Herrschaft Gottes zu sehen und zu erleben, hineinzukommen.

Mach deswegen Platz für eine freie Sicht.

Das Reich Gottes, seine Herrschaft, kann man nur sehen, wenn man das Angebot und die Herausforderung ernst nimmt. Jesus sagt deswegen zu Nikodemus (und auch zu uns):

Ich sage dir heute vor allem eines: Wenn du das Reich Gottes sehen willst, dann musst du neu geboren werden. 

Es geht also nicht nur darum, dass man Wissen aufhäuft. Es geht auch um mehr als das Wissen zu verstehen und richtig anzuwenden. Jesus fordert uns auf uns dazu auf uns auf ihn einzulassen, auf seine Fürsorge. Gleich im Anschluss spricht er davon, dass Gott uns Menschen unheimlich lieb hat. Das ist der Grund, aus dem Jesus zu uns gekommen ist. 

Denn so sehr hat Gott die Welt lieb, dass er seinen Sohn gab, damit alle, die sich ihm anvertrauen, nicht untergehen in ihrer Unordnung, sondern das ewige Leben haben.

(frei nach Johannes 3,16)

Es geht nicht darum, dass Du große Anstrengungen vornimmst. Es geht darum, dass Du Gottes Liebe an Dir wirken lässt, dass Du Jesus an Dich ranlässt, zu Dir hineinlässt.

Du musst Dich nicht selbst erneuern. Jesus erneuert Dich. Er sagt auch nicht nur: “Nichts geht mehr. Neues Spiel neues Glück.” Er gibt Dir nicht einfach nur immer wieder eine neue Chance, bis Du es gelernt hast. Er kommt zu Dir und sagt: “Es ist vollbracht! Ein neues Leben und Frieden vom Schöpfer der Welt. 

Wenn Du Jesus machen lässt - wenn Du Dich genau dafür entscheidest - wirst Du Gott handeln sehen, Gottes Herrschaft. 

Nikodemus brauchte noch ein bisschen Zeit, bis er das verstand. Später lesen wir aber von ihm, dass er zur Gemeinde der Jesusnachfolger gehörte. Er hat diese neue Geburt wirklich erlebt. Er hat Altes rausgeschmissen und sich auf Neues eingelassen, auf den Erneuerer Jesus. Das ist Advent. Das ist der Anfang von Weihnachten. 

Weihnachten neu erleben. Darum geht es.