Predigtmanuskript
Heute ist der letzte Sonntag im Kirchenjahr, der Ewigkeitssonntag. Wir erinnern uns an den Lebenszyklus, der in unserer Schöpfung eingebaut ist, an das Ende des Lebens, aber auch an einen Neuanfang. Der Predigttext, der für heute vorgesehen ist, spricht genau davon, genauer gesagt von einer großen, alles umfassenden Erneuerung, nicht nur von einer neuen Erde, sondern auch von einem neuen Himmel. Alles wird neu. Nichts bleibt so, wie es war.
Hören wir doch mal, welche Worte von Gott uns der Prophet Jesaja weitergibt (Jesaja 65,17–25 nach der Bibelübersetzung Gute Nachricht 2018)
17 Alles mache ich jetzt neu:
Einen neuen Himmel schaffe ich und eine neue Erde. Dann sehnt sich niemand nach dem zurück, was früher einmal gewesen ist; kein Mensch wird mehr daran denken. 18 Freut euch und jubelt ohne Ende über das, was ich nun schaffe! Ich mache Jerusalem zur Stadt der Freude und seine Bewohner erfülle ich mit Glück. 19 Ich selbst will an Jerusalem wieder Freude haben und über mein Volk glücklich sein. Niemand wird mehr weinen und klagen.
20 Es gibt keine Kinder mehr, die nur ein paar Tage leben, und niemand, der erwachsen ist, wird mitten aus dem Leben gerissen. Wenn jemand mit hundert Jahren stirbt, wird man sagen: ›Er war noch so jung!‹ Selbst der Schwächste und Gebrechlichste wird ein so hohes Alter erreichen.
21 Sie werden sich Häuser bauen und auch darin wohnen können. Sie werden Weinberge pflanzen und selbst den Ertrag genießen. 22 Sie sollen nicht bauen und pflanzen und sich lebenslang mühen, nur damit andere den Gewinn davon haben. Alt wie Bäume sollen sie werden, die Menschen in meinem Volk, und den Lohn ihrer Arbeit selbst genießen! 23 Sie werden sich nicht vergeblich abmühen. Die Frauen gebären ihre Kinder nicht länger für eine Zukunft voller Schrecken.
Sie sind mein Volk, ich segne sie; darum werden sie mit ihren Kindern leben. 24 Noch ehe sie zu mir um Hilfe rufen, habe ich ihnen schon geholfen. Bevor sie ihre Bitte ausgesprochen haben, habe ich sie schon erfüllt.
25 Wolf und Lamm werden dann gemeinsam weiden, der Löwe frisst Häcksel wie das Rind, und die Schlange nährt sich vom Staub der Erde. Auf dem Zion, meinem heiligen Berg, wird keiner mehr Böses tun und Unheil stiften.
Ich, der Herr, sage es.«
Stellt Euch vor, Ihr wohnt in einem Haus, das schon in die Jahre gekommen ist. Wofür würdet Ihr Euch entscheiden: eine Renovierung oder einen Neubau? Da gibt es natürlich viel zu bedenken. Kann ich mir das eine oder andere überhaupt leisten? Mag ich mein Heim oder eher nicht? Hängen da zu viele schöne oder vielleicht auch bittere Erinnerungen dran? Möchte ich Dinge hinter mir lassen oder einfach nicht missen?
Kommen wir zurück zum Bibeltext. Er beginnt mit einem Versprechen und endet mit einer Versicherung: “Ich mache alles neu!” und: “Ich, der Herr, sage es.” Es geht nicht darum, unsere augenblickliche Schöpfung zu missachten, weil ja was Besseres kommt. Es dreht sich auch nicht um eine Utopie. Ganz im Gegenteil! Es geht darum, dass die Hoffnung nach dem Besseren mir hier hilft mein Leben neu zu gestalten, mich selbst hier schon erneuern zu lassen. Das sind Worte, die uns einladen Gott zu vertrauen.
Jesaja hört Gott reden von Heilung und Vergessen. Das erfüllt ihn mit großer und tiefer Freude. Er fällt nicht in einen Abgrund, sondern sieht sich in ein neues Leben geführt. Er fühlt sich geborgen und merkt, dass Gott ihn umgibt. Was für uns vielleicht nebensächlich ist, für Gott nicht: das Neue berührt sogar die Tierwelt.
Schauen wir mal.
(1) Da ist zuerst Heilung und Vergessen.
Wenn Gott Neues schafft; dann geht es nicht nur um körperliche Gebrechen, sondern auch emotionale. Oft sind es ja gerade die Erinnerungen, die uns nicht gesund werden lassen. Wie oft bestimmen sie unsere Gefühle, unsere Entscheidungen, unser Handeln, unser Tun und Lassen? Gott sagt: „Ich mache alles neu!“
Wie viele Menschen, die Krieg erlitten und Unrecht erlebt haben, werden davon lange verfolgt? Wie kann körperlicher oder seelischer Missbrauch wieder geheilt werden?
Da kommen Soldaten oder Entwicklungshelfer aus Krisengebieten zurück und bekommen die Erinnerungen an all das Schlimme, das sie erlebt oder gesehen haben, nicht mehr unter ihre Füße? Wie kann die Kirche oder der Sportverein Missbrauch wieder gut machen? Wie stecken Menschen, die Flucht und Vertreibung erlebt haben, ihre Erlebnisse weg? …und schließlich gibt es die vielen kleinen und großen Dinge, die man so erlebt: Brüche im Leben, die nicht so leicht heil werden wollen.
Gott sagt:
“Ich mache alles neu! Ich werde Dich nicht nur heil machen, sondern auch die Erinnerung an das Vergangene löschen. Es wird dann wirklich vergangen sein.“
Was würdest Du gerne hinter Dich lassen? Wo brauchst Du Erneuerung? Reicht eine Renovierung oder wünschst Du Dir eher einen Neubau an anderer Stelle?
Gott möchte Dir dort begegnen, wo Du bist - nicht an einem anderen Ort. Genau hier will er beginnen, Dich zu renovieren, zu erneuern. …und dann an jedem neuen Ort, an den Du gehst.
Paulus, einer der ersten großen Missionare, schreibt den Christen in der Großstadt Korinth genau davon (2. Korinther 5,17)
Wenn also ein Mensch zu Christus gehört, ist er schon »neue Schöpfung«. Was er früher war, ist vorbei; etwas ganz Neues hat begonnen.
Wenn Du Dich an Jesus Christus festhältst, beginnt schon hier etwas Neues in Deinem Leben. Ja, es stimmt. Da ist noch viel Altes drin, was Dich festhalten will. Aber genau deswegen wird Jesus auch Erlöser genannt. Wenn er etwas Neues in Dir beginnt, dann löst sich dieses Neue vom Alten. Damit ist nicht alles Fertig. Aber Jesus hat einen Anfang gemacht.
Gott sagt: “Ich mache alles neu! Ich der Herr sage es.” Er fängt hier schon an und freut sich deswegen um so mehr auf die Vollendung.
(2)Jesaja hört das und wird von große, tiefer Freude erfüllt.
Dieses Versprechen weckt in ihm eine große Vorfreude. Er wird ganz hibbelig. Er weiß, da kommt etwas Neues. Die Gewissheit, dass es kommt, bringt ihn schon in Adventsstimmung. Advent beginnt erst nächste Woche. Das stimmt.
Jesaja macht es aber so, wie unsere Supermärkte. Die Lebkuchen und Adventskalender liegen schon länger in den Regalen. In der Stadt werden auch schon Lichterketten aufgehängt. Natürlich; die Beleuchtung noch nicht angeschaltet. Wir wissen aber, dass es nicht mehr weit ist.
Wenn wir Jesus unser Leben anvertrauen, passiert folgendes:
Da sitzen wir neben unserem Freund und sehen ihm ungläubig zu, wir er für uns den Vertrag für die Renovierung unseres Hauses unterschreibt. Er übernimmt alle Kosten und stellt nur die Forderung ihm zu vertrauen, dass er es gut machen wird. Vielleicht schauen wir so ungläubig, dass wir beim Aufstehen über ein Stuhlbein stolpern.
(3) Beim Stolpern fallen wir aber nicht in einen Abgrund, sondern in ein neues Leben.
Da ist kein Haken an der Sache. Alles hängt am Vertrauen, dass das mit der Unterschrift auch so richtig ist. Jesaja lädt uns dazu ein, Gott zu vertrauen. „Alles wird neu!“ Gott gibt unserem Leben eine neue Qualität.
Es stimmt; er spricht von der Zeit der neuen Schöpfung, also der Zeit nach der Renovierung. Aber er spricht in unseren Worten.
“Da ist nichts vergeblich.”, hören wir Jesaja reden.
Es dreht sich nicht mehr um schwach und stark. Es gibt keine Konkurrenz, keine Enttäuschung, keine Eifersucht, keine Angst zu kurz zu kommen.
Wie ein Baum, so ist das Leben. Selbst, wenn er umgehauen wird, beginnt er neu zu sprießen. So drückt es Jesaja an anderer Stelle aus.
Bei Gott gibt es immer einen Neuanfang.
Er beginnt aber bei ihm, nirgend woanders.
Der Jesusnachfolger Johannes beginnt seinen ersten Brief mit dieses Worten (1.Johannes 1,2 nach der Lutherübersetzung 2017):
“Das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist.”
Jesaja spricht von dem, was noch kommt. Johannes und Paulus schreiben von dem, was wir jetzt schon haben sollen. Es ist erst ein Anfang. Aber der Anfang ist gemacht. Gott kümmert sich auch um den Rest. Beides verlieren die drei nicht aus den Augen.
(4) So merken wir, dass Gott uns umgibt.
Jesaja beschreibt die Fürsorge Gottes. Er sieht allen Mangel überwunden, den wir hier noch erleben und erleiden. Er geht aber noch einen Schritt weiter.
“Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.”
(Jesaja 65,24)
In unserem Leben ist Gebet noch nötig. Gott gibt uns die Aufgabe, ihn zu suchen, seine Nähe zu finden, uns auf ihn einzulassen, sein Schweigen, aber auch sein Reden. Und es ist ja auch so. Wir sind umgeben von Wünschen, Sehnsüchten und Bitten. All das sollen, dürfen wir zu Gott bringen.
Gott ist gerne mit uns zusammen. Er lässt sich gerne auf uns ein. Jesaja macht uns Mut Gott zu begegnen. Er geht sogar noch einen Schritt weiter. Gott selbst kommt auf uns zu, steht neben uns und ist ganz Ohr, schweigt uns nicht an, sondern beginnt zu antworten.
Was wir hier schon bruchstückhaft erleben können, wird eines Tages vollkommen. Die Renovierung, die Erneuerung, hat aber schon begonnen. Jesaja sieht sie erst von Weitem. Aber er hört nicht auf zu warten und zu hoffen auf den Gesandten Gottes. Dann kommt Jesus, das Leben, und beginnt etwas ganz Neues in uns, wenn wir uns auf ihn einlassen.
Es ist so neu, dass er sich sogar nicht nur um uns Menschen kümmert, sondern auch um den Rest der Schöpfung.
(5) Gott nimmt die ganze Schöpfung mit hinein ins Neue, Mensch und Tier.
Ganz spontan denke ich da an einen veganen Löwen. Es geht aber um mehr. Der Apostel Paulus erinnert die Christen in Rom deswegen an folgendes (Aus Römer 8 nach der Lutherübersetzung 2017):
“Auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes.”
Alles wird rund, wird harmonisch, passt so zusammen, wie es ursprünglich gedacht war. Bosheit und Schaden werden total ausgeklammert. Alles wird heil. Das Alte dürfen wir getrost vergessen. Gott erleichtert uns von allem, was belastet.
Hier können wir schon viel davon erleben. Aber es kommt noch mehr. Das ist keine Utopie, weil Jesus Christus das Böse, den Bösen, am Kreuz besiegt hat. Das Kreuz ist deswegen kein Zeichen der Verzweiflung, sondern des Sieges. Das letzte, was Jesus dort sagte, ist:
„Es ist vollbracht!“
Alles wird neu, alles! Der Herr hat es geredet. Amen!