Wenn Warten sich gelohnt hat (Apostelgeschichte 2,1-13)

Wartezeiten sind typisch für …

… unseren Glauben an Jesus Christus. Wartezeiten kennt aber auch jeder von uns in seinem persönlichen Leben und Erleben.

Für Kinder, die auf ihren Geburtstag, das dazugehörige Fest und die Geschenke warten – oder auf Weihnachten – ist es eine Zeit der Vorfreude. Je näher das fest kommt, desto hibbeliger werden sie.

Es gibt aber auch andere Wartezeiten, das Warten auf die Diagnose des Arztes. Das hat weniger mit Vorfreude zu tun, als vielmehr mit Sorge oder sogar Angst. Nicht wenige scheuen deswegen generell den Gang zum Arzt. Sie merken nicht, dass er Heilung bringen kann. Stimmt – nicht immer, aber oft.

Die letzten Wochen haben wir auch eine Wartezeit durchgemacht. Es war – und ist im bestimmten Maß immer noch – das Warten auf eine Normalisierung des Lebens. Für uns Christen auf die Wiederkehr eines Gottesdienst, wie wir ihn gewohnt waren.

Die einen hatten wirklich eine tiefe Sehnsucht nach diesem ersten Gottesdienst. Andere haben vielleicht gemerkt, dass er ihnen gar nicht so wichtig war. Dritte wiederum fordern in dieser Wartezeit ihr verfassungsmäßiges Recht Gottesdienst feiern zu dürfen. Wieder andere fürchten, wie es weitergehen soll.

Der Predigttext von heute …

… nimmt diese Fragen und Gefühle auf. Er erinnert an eine der Wartezeiten, die unseren Glauben an Jesus Christus prägen. Er erinnert aber auch daran, dass das Warten sich lohnt, wenn man auf diesen Jesus schaut, nach ihm fragt, sich nach der Erfüllung seiner Versprechen und Zusagen sehnt, nach ihm selbst.

In unserem Glauben werden wir mehrmals im Jahr an

Wartezeiten erinnert, die uns helfen sollen Gott besser kennen zu lernen.

Advent ist eine vierwöchige Wartezeit, Warten auf die Geburt des Retters der Welt, Weihnachten. Die siebenwöchige Passionszeit, gewöhnlich Fastenzeit genannt, ist die Wartezeit auf die Auferstehung von Jesus und damit verbunden der Blick auf seinen Sieg am Kreuz. Dann sind da aber auch die 10 Tage des Wartens von Himmelfahrt, der Rückkehr von Jesus zu seinem himmlischen Vater, bis Pfingsten, der Sendung des Heiligen Geistes, des Kommens der kraftvollen Gegenwart Gottes auf die Nachfolger seines Sohnes Jesus. Wartezeiten prägen also unseren Glauben. Und schließlich warten wir auf die Wiederkehr von Jesus auf unsere Erde und das erlösende Gericht, das damit verbunden ist. So schließt sich der Kreis: es wird wieder Advent: Jesus kommt. Jesus ist gekommen!

Mehr noch als das Warten soll unseren Glauben aber …

… vom Ende dieser Wartezeiten …

… geprägt sein. Gott hält, was er verspricht. Er stellt uns nicht in eine endlose Warteschleife mit gegenseitigem Abstand untereinander und von ihm.

Gott kommt uns nah. Wollen wir ihm nahe kommen?

Er will uns anstecken mit Gesundheit, Heilung, Frieden, Ausgeglichenheit, Hoffnung, Vertrauen und vielem mehr. Wenn Gott uns berührt, macht er uns nicht krank. Er erstickt uns nicht, sondern gibt uns neuen Atem, lässt uns neu durchatmen.

So ist es auch am ersten Pfingstfest den wartenden Nachfolgern von Jesus passiert. Es ist das große Beatmungsfest seiner Gemeinde. Es ist nicht die Einladung auf ihn und auf die Einlösung seiner Versprechen zu warten. Es ist das Fest der Einlösung seines Versprechens. Es ist auch die Annahme eines großen, wertvollen Geschenkes. Untrennbar verbunden damit das Weitergeben dieser Erfahrung Gottes im eigenen Leben an andere.

Hören wir auf den Bericht über dieses Ereignis, wie es uns Lukas aufgeschrieben hat.

Textlesung: Apostelgeschichte 2,1-13

Was den meisten von uns ins Auge fällt, sind die spektakulären Umstände, die diesen Tag begleiten: Rauschen von einem starken Wind, züngelnde Flammen auf den versammelten Nachfolgern von Jesus, und schließlich das Sprachenwunder.

Genau das weckt die unterschiedlichsten Reaktionen. Gerne wären wir wohl dabei gewesen. Der oder die eine oder andere vielleicht auch eher als Zuschauer. Unter traditionellen Christen sind sogenannte Schwärmer ja nicht sehr beliebt. Aber neugierig sind wir schon. Vielleicht schauen wir auch ein bisschen spöttisch auf diese Menschen, die ihren Emotionen freien Lauf lassen.

Andere tun die Erzählung sowieso gleich als Übertreibung ab: sicher hat Lukas damit was anderes gemeint. Die Geschichte ist eher ein Gleichnis für tiefere Wahrheiten. Vielleicht ist es auch nur ein Ereignis aus der Vergangenheit, das für uns heute gar nicht mehr so relevant ist.

Dann gibt es aber auch Christenmenschen, die das gerne selbst erfahren würden. Sie wären gerne selbst in diesem Raum gewesen; wären selbst gerne auf dieselbe Art und Weise erfasst worden, wie die wahrscheinlich 120 Anwesenden dort in der oberen Etage dieses Hauses in Jerusalem.

Diese Reaktionen sind denen damals sehr ähnlich. Doch schauen wir mal, worum es eigentlich geht. Vergessen wir aber bitte nicht, die gerade beschriebenen Reaktionen. Denn sie haben mehr mit uns zu tun, als wir denken.

Na klar! Was damals an Pfingsten passiert ist, ist ein einmaliges Ereignis. Jesus erfüllt sein Versprechen und sendet seinen Heiligen Geist, den Heiligen Geist Gottes, des Vaters auf die Erde, sozusagen als seine Vertretung. Er war ja körperlich nicht mehr da.

Genauso, wie Jesus, Gottes Sohn, nur einmal als Kind geboren wurde, nur einmal gekreuzigt und nur einmal auferstanden ist. Genauso ist das Kommen des Heiligen Geistes ein einmaliges Ereignis. Alle diese einmaligen Ereignisse haben aber einen dauerhaften Einfluss auf jeden, der sich Jesus anvertraut. Und darum geht es hier.

Es geht eben nicht nur um etwas, das vor 2000 Jahren passiert ist. Es geht um etwas, das hier und jetzt mit mir und dir zu tun hat. Mit diesem Bericht will uns Lukas nicht nur den Anfang der christlichen Gemeinde schildern. Er fragt uns, ob wir persönlich verstanden haben, was das alles mit uns, mit mir, mit dir zu tun hat.

Lukas stellt uns sozusagen die Frage, ob wir in unserem Leben und Glauben vor einer roten Ampel stehen oder sie schon dabei ist auf gelb zu schalten oder vielleicht sogar auf grün steht, wir aber weiter stehen bleiben und das Hupen hinter uns nicht hören: „Oh, wie schön das gelbe und das grüne Licht ist.!“, so schauen wir auf all die schönen Geschichten in der Bibel, sind fasziniert oder verwundert oder versuchen zu er klären, was das eigentlich bedeutet oder nicht.

Pfingsten heißt losfahren. Das Ereignis, das Lukas uns hier schildert, lädt uns dazu ein uns verändern zu lassen: „Lass dich bewegen vom Geist Gottes, von ihm selbst erfüllen. Schau auf das, was Gott für dich getan hat und lass dich darauf ein, was er noch mit dir tun will. Du musst nicht in Aktionismus verfallen. Aber bleib offen für ihn.“ Genau das zu verstehen, war der Sinn der Wartezeit. Und die dauert gar nicht so lange.

Der Tag, an dem das alles passierte, war wieder ein großer Feiertag im jüdischen Kalender. 50 Tage nach Ostern, nach dem Passafest, sollte sich das Volk wieder an Gottes Handeln erinnern. Dieses Fest war ein Rückblick auf das, was Gott schon getan hatte. Er hatte sein Volk aus der Sklaverei befreit und ein neues Land gegeben. Die ersten Früchte der ersten Ernte sollten nun Gott gehören.

Es war, wie alle anderen Feste auch ein Fest der Dankbarkeit. Man feierte Gott als Befreier, als der, der alles neu macht, der nicht nur von Bindungen lösen kann oder will, sondern es auch tut. Er tut es aber nur bei dem, der sich auf ihn einlässt, der auf ihn wartet, der sich von ihm ansprechen lässt. Daran soll das Fest auch erinnern.

Gott spricht zu uns: „Wenn in deinem Leben alles still steht. Wenn du dich im Status Quo selbst verfangen hast, wenn du dich vielleicht damit schon zufrieden gegeben hast oder in Unzufriedenheit gefangen bist. Dann ist genau jetzt die Zeit dich befreien zu lassen, dich vom Geist Gottes erfüllen zu lassen.

In späteren Zeiten wurde an diesem Fest übrigens an das Gesetz Gottes erinnert, das uns von außen leiten soll. Hier passiert aber etwas ganz Neues. Gott selbst will uns von innen erfüllen, will uns mit seinem Geist erfüllen. Das ist keine abstrakte Kraft und kein unheimliches Gespenst. Das ist Gott selbst, der bei uns, der in uns wohnen will, uns Lasten wegnehmen will, unsere Gedankenwelt ordnen und unsere Gefühlswelt befreien will.

Die 120 vom Geist Gottes Erfüllten verstehen das plötzlich alles. Sie beginnen von dem zu erzählen, was Gott Großes getan hat.

Bei aller Kritik und Verwunderung, Lob und Spott der Herbeigelaufenen. Eines ist ihnen klar: diese 120 erzählen von den großen Taten Gottes. Sie sind so begeistert davon, dass sie den Eindruck machen, als wären sie betrunken.

Ich weiß nicht, ob wir das wirklich so wahr haben wollen. Aber so beschreibt das Lukas hier und Paulus und andere übrigens in ihren Briefen auch immer wieder: (Eph 5,18f BasisBibel): „Betrinkt euch nicht mit Wein, denn das macht euch zügellos. Lasst euch lieber vom Geist Gottes erfüllen. * Tragt euch gegenseitig Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder vor. Singt für den Herrn und preist ihn aus vollem Herzen!“ Und jetzt sitzen wir hier mit Mundschutz zusammen und dürfen das nicht. Was ein Jammer!

Was wir aber dürfen und woran uns niemand hindern kann ist, dass wir uns von Gottes erlösendem Geist erfüllen lassen. Dafür gibt es keine Eindämmungs-verordnung, die uns das verbieten könnte. Und wenn, … dann befreit uns Gott selbst davon. Kein Gesetz der Welt kann diese Dynamik bremsen.

Gott lädt uns ein, unseren geistlichen Mundschutz abzunehmen, die Angst jemand mit der guten Nachricht von Jesus infizieren zu können, als wäre es etwas Gefährliches. Es ist eben nicht bedenklich, von Jesus zu reden, egal, was andere dazu meinen.

Die Zeit des Wartens ist vorbei. Pfingsten schaltet die Ampel auf Grün. Gott kommt, um uns zu erfüllen, uns zu beschenken, zu befreien, uns zu verändern, uns Angst zu nehmen, Freude zu schenken.

Das sollen, das dürfen wir uns nicht vom Alltag nehmen lassen. Unsere größten Feinde haben nämlich genau diese Namen: Gewohnheit und Alltag. So schön und wichtig ein regelmäßiger Tagesablauf ist. Er darf uns nicht blind für Jesus machen, nicht abhalten uns vom Gottes Geist erfüllen zu lassen, auf sein befreiendes Wort zu hören.

Wenn wir uns auf den Geist Gottes einlassen, verstehen wir plötzlich, was Gott Großes getan hat. Dann verstehen wir, warum Jesus am Kreuz sterben und wieder vom Tod auferstehen musste. Dann verstehen wir, was das mit uns persönlich zu tun hat. Dann finden wir überall in der Bibel Anspielungen darauf ohne, dass uns das jemand hätte erklären müssen.

Wenn der Geist Gottes auf uns kommt. Dann lernen wir Jesus als Befreier kennen, als Heilmacher, als Heiland. Johannes der Täufer hat das schon geahnt, als er Jesus das erste Mal sah. Da sprach er zu den Umstehenden: „Ich taufe euch mit Wasser. Dieser aber wird euch mit Heiligem Geist taufen und mit Feuer.“ Jesus ist gekommen, um zu befreien, um durch seinen Geist bei uns zu bleiben, um uns zu reinigen wie Feuer es tun kann, das allen Müll in unserem Leben wirklich vernichten kann. Wir müssen all das Schlechte nicht aufbewahren, immer wieder recyceln und wieder-verwerten. Und wieder: Gott kommt, um uns zu befreien, zu heilen, uns zu erfüllen.

Das verändert uns dann genauso, wie die 120 Christen damals. Dann lass die anderen doch spotten. Denn dann schauen wir in das Gesicht des liebenden Vaters, der uns mehr wert ist als alles andere: Gott selbst.

Die Ampel steht auf Grün. Die Wartezeit ist zu Ende. Die großen Taten Gottes werden plötzlich sichtbar und kommen in unser Leben. Das ist dann unser persönliches Pfingstfest. Wenn dieses Fest in unserem Jahreskalender noch ein paar Wochen hin ist. Gottes Geist kannst du seit dem ersten Pfingstfest schon jetzt erfahren – hier und jetzt. Du musst nicht auf ein offizielles Kirchenfest warten so schön wie das ist. Es ist auch nicht nur für 12 Apostel, für 120 ganz Fromme. Es ist für uns alle, für dich und auch für mich!

Amen!