Wenn Wünsche in Erfüllung gehen (Psalm 122)

Predigtmanuskript

Habt ihr euch auch schon mal was gewünscht bekommen oder nicht bekommen? Wie fühlt man sich da? …oder gewünscht, lange ersehnt, gewartet, fast die Hoffnung verloren, und sich dann aufgemacht im Vertrauen, dass der Wunsch doch in Erfüllung geht? Eines Tages wird er greifbar. Er wird erfüllt, endlich!

Wünsche, Sehnsüchte – sie sind für jeden so verschieden. Mögen sie der einen wichtig sein, kann sie der andere gar nicht nachvollziehen.

Mit Wünschen ist es auch so, dass man sich manche einfach selbst erfüllen kann, weil man die Mittel dazu hat. Andere Wünsche dagegen sind außerhalb der eigenen Möglichkeiten. Man muss sie erfüllt bekommen.

Heute geht es um einen Wunsch, den sich viele selbst erfüllen können.

Hören wir auf Psalm 122 (Nach der Bibelüberstezung Gute Nachricht)

1 Ein Lied Davids, zu singen auf dem Weg nach Jerusalem.

Wie habe ich mich gefreut, als man zu mir sagte: »Komm mit,wir gehen zum Haus des Herrn!«

2 Nun sind wir angelangt, wir haben deine Tore durchschritten und stehen in dir, Jerusalem. 3 Jerusalem, du herrliche Stadt, von festen Mauern geschützt! 4 Zu dir ziehen sie in Scharen, die Stämme, die dem Herrn gehören. Dort soll ganz Israel ihn preisen, so wie er es angeordnet hat. 5 In Jerusalem ist das höchste Gericht,dort regiert das Königshaus Davids.

6 Wünscht Jerusalem Glück und Frieden: »Allen, die dich lieben, soll es gut gehen! 7In deinen Mauern herrsche Sicherheit und Wohlstand, deinen Häusern bleibe die Sorge fern!« 8 Weil ich meine Brüder und Freunde liebe, sage ich: »Ich wünsche dir Glück und Frieden!« 9 Weil in dir das Haus des Herrn, unseres Gottes, steht, freue ich mich, wenn es dir gut geht.
(Gute Nachricht Bibel : Mit den Spätschriften des Alten Testaments. Stuttgart, Germany : Deutsche Bibelgesellschaft, 2000)

 

David singt hier von der Erfüllung seines Wunsches, die Stämme Israels zu einen. Im Buch der Richter lesen wir, wie früher noch Anarchie herrschte. „Jeder tat, was er wollte.“, steht da mehrmals zu lesen. Doch jetzt wird Jerusalem endlich Hauptstadt Israels. David bereitet auch den Bau des Tempels vor und übergibt schließlich die Vollendung seinem Sohn Salomo.

Gott hat Davids Wunsch Stück für Stück erfüllt – aber zu seinen Lebzeiten noch nicht ganz. David ist nicht enttäuscht darüber; vielmehr fasziniert von dem, was Gott noch tun wird. Er lässt sich nicht von nicht erfüllten oder nur fast erfüllten Wünschen irritieren. Er sieht schon in der Unvollkommenheit, was Gott vollenden wird. Das ist seine Hoffnung und sein fester Glaube. Mehr als ein Wunsch.

Viele sagen, dass der 122ste Psalm nicht von David, sondern in Erinnerung an ihn geschrieben und dann immer wieder gesungen wurde. In der Septuaginta, der alten griechischen Übersetzung des hebräischen AT aus dem 4. Jahrhundert vor Christus, fehlt der Bezug zu David. Der Psalm ist also möglicherweise David und seinen Nachkommen gewidmet. David ist es ja, der es erst möglich gemacht hat, dass die Menschen aus allen Stämmen und Regionen an einem Ort zusammen kommen können. Gleiches Recht für alle, Einheit, Gemeinschaft, Frieden.

Psalm 122 gehört übrigens zu einer Reihe von Wallfahrtsliedern, Wanderlieder mit dem Ziel Jerusalem. Von Psalm 120 bis 134 sind es 15 Lieder, die auch Jesus mit seinen Jüngern auf dem Weg nach Jerusalem gesungen hat.

Es sind Lieder der Sehnsucht.

Die Wanderer nähern sich der Stadt, wo ihre Wünsche in Erfüllung gehen. Ihre Freude wird immer größer, ihre Sehnsucht greifbar. Endlich erfüllt sich ihr größter Wunsch. Nach mehreren Tagen der Reise kommen sie in Jerusalem an. Sie hatten vielleicht mehr Staub als Brot gegessen und mehr Schweiß als Wasser getrunken. Manche waren nur kurz unterwegs, andere mehrere Tage. Nun stehen sie mitten in der Stadt und staunen, jedes Mal von Neuem. Denn es gab ja mehrere Gelegenheiten und Gründen nach Jerusalem zu reisen, in 3.Mose 23 lesen wir von 7 Festen und Gründe im Jahr nach Jerusalem zu kommen.

Das Spannende und Besondere in diesem Lied ist, dass die Menschen, die in Jerusalem zusammenkommen Gericht, Frieden und Glück zusammenbringen.

Da ist zuerst das Gericht, …

… wörtlich, den Rechtsspruch Gottes, das höchste Gericht. Sie haben keine Angst vor diesem Gericht. Ja, sie kommen genau deswegen zusammen, um vor Gott zu treten. Sie kommen nicht als Schaulustige zu einer spektakulären Sitzung, wo man der Verurteilung eines Verbrechers beiwohnen will. Sie wollen sich nicht die Hände reiben und auf den Schuldigen herabsehen. Sie kommen mit ihren eigenen Versäumnissen vor den Thron Gottes. Sie bekennen ihre Schuld.

Sie legen sie nicht auf die Schultern anderer wie es ganz am Anfang schon Adam mit Eva gemacht hat und Eva mit der Schlange, von der sie sich hatte verführen lassen. Die sagten damals hintereinander: „Wieso ich? Sie war es doch!

Unsere Wanderer wollen es anders machen. Sie gehen auf Gottes Angebot ein. Sie haben die Lasten, die sie anderen auferlegt hatten, mitgebracht. Sie sind mit dem Staub ihrer Schuld bedeckt. Dieser Weg hat sie Schweiß gekostet. Es ist ihnen nicht leicht gefallen. Aber sie wollen diese Lasten unbedingt loswerden. Wollen wieder sauber vor Gott stehen und voreinander.

Das ist nun das Spektakuläre am Gericht vom Thron Gottes, dass er diese Lasten abnimmt. Er selbst wäscht den Staub du den Schweiß ab. Er vergibt. Er reinigt. Er entlastet. Das ist der Grund des Festes du der Freude der Wanderer.

Deswegen gehört Frieden und Glück zum Gericht Gottes.

Hier in Jerusalem erfüllen sich Wünsche und Sehnsüchte. Na klar, es sind nicht die Wünsche und Sehnsüchte, die wir ganz spontan auf unseren Wunschzettel schreiben würden. Das sind vielleicht ganz andere. Ein paar davon sind auch wichtig; eine heile Familie, eine nette Frau oder ein mutiger Mann, der noch dazu schlau ist (und die Frau dazu ;-), einen gut bezahlten Beruf, einen erfolgreichen Schulabschluss oder einfach nur das neue Fahrrad oder was auch immer.

All das sind auch schöne Dinge. Ich glaube auch nicht, dass die Wanderer, die jetzt in den Toren Jerusalems laut singen, keine anderen Wünsche gehabt hätten. Damals waren es wahrscheinlich der neue Esel oder das frisch gedeckte Dach der größte Traum. Warum auch nicht!

Die Wanderer in Jerusalem haben aber gemerkt, dass das Leben eben wirklich aus mehr besteht. Was nützt mir das frisch gedeckte Haus, wenn ich darunter im Streit lebe? Was habe ich vom stärksten Esel, wenn er mir doch keine Freude bereitet? Natürlich ist alles zusammen das Beste: Haus, Esel, Friede und Freude.

Worum es hier geht ist, dass die Wanderer einen Ort gefunden haben, in dem sie sich Gott anvertrauen dürfen. Er befreit von Sorgen, von drückenden Lasten, von Schuld. Bei ihm werden sie von dem Frieden erfüllt, den sie nirgendwo anders bekommen. Diesen Frieden wollen sie gegen nichts anderes tauschen!

Damals war Jerusalem der Ort für diese Wünsche.

Diese Wünsche, die alle anderen erst perfekt machen, wurden nur hier erfüllt. Als Jesus mit seinen Nachfolgern ein letztes Mal in Jerusalem ist, sind auch sie glücklich, wieder in dieser Stadt zu sein. Sie freuen sich auf das Passafest, das Fest der Erinnerung an Gottes große Taten: Befreiung aus der Sklaverei in Ägypten, Entlastung, ein neues Leben, eine große Zukunft und ganz konkret die gemeinsame Feier mit allen anderen Wanderern.

Fasziniert sprechen sie mit Jesus über die Stadt, die großen Bauten, den Tempel und die Paläste. Jesus lässt das gelten, erinnert aber daran, was schon vorher zweimal passiert war und ein paar Jahrzehnte später wieder passieren würde (Mk 13,2):

Hier wird nicht ein Stein auf dem anderen bleiben, der nicht zerbrochen werde.

Er spricht von Unruhen und schweren Zeiten, die kommen werden.

Mittendrin spricht er aber von dem, was nicht vergeht (Mk 13,10):

Das Evangelium (die Gute Nachricht schlechthin) muss vorher allen Völkern gepredigt werden.

und (Mk 13,30):

Himmel und Erde werden vergehen (diese Stadt also auch). Meine Worte aber werden nicht vergehen!

Dann, nur drei Tage später, gibt er sich selbst als Opfer und sagt ein paar Stunden vorher zu seinen Freunden (Mk 14,24):

Mein Blut, für viele vergossen (zur Vergebung der Sünden)!

Während der Gerichtsverhandlung spricht er dann folgende Worte (Mk 14,62):

Ihr werden den Menschensohn (mich, den Sohn Davids) zur Rechten Gottes sitzen sehen und in den Wolken des Himmels zurückkommen.

Genauso beschreibt Johannes später das Neue Jerusalem, das aus dem Himmel von Gott herabkommt, Gottes Gegenwart unter allen Menschen (Off 21,2). Dazu die Worte vom Thron Gottes (Off 21,5):

Siehe, ich mache alles neu!

Bis dahin hat uns Gott aber nicht allein gelassen. Er will uns schon hier und jetzt entlasten, mit Frieden erfüllen und nicht nur auf später vertrösten. Gott selbst in unserem Leben, der Heilige Geist, der uns immer wieder an Jesus erinnert.

Denn Jesus bringt Gottes Gericht wieder mit Friede und Glück zusammen. Er sagt:

Ich will die Last deines Weges tragen, will den Staub von deinen Füßen waschen und den Schweiß von deinem Gesicht. Komm zu mir!

Es ist nicht mehr nötig nach Jerusalem zu pilgern. Es ist schön, einmal dort gewesen zu sein. Aber diese augenblickliche Stadt wird uns nicht das geben, was uns Jesus geben will. Es ist genau das, wonach sich die Wanderer aus Psalm 122 gesehnt haben.

Es ist Jesus, der uns den letzten Wunsch erfüllt, den Wunsch, durch den alles andere erst seinen richtigen Platz bekommt. Dann kehrt Friede ein, kommt Glück ins Leben. Lasst uns deswegen immer wieder gemeinsam auf Gottes Zusagen schauen, gemeinsam feiern und gemeinsam seinen Frieden erleben. Es ist genau dieses, das gemeinsame Vor-Gott-treten und -feiern, das uns gibt, was wir uns alleine nicht erarbeiten können. Wir sind gemeinsam auf dem Weg mit Jesus.

Wenn wir das tun, lasst uns auch für das zerrissene Jerusalem beten und dieser Stadt und den Menschen dort Frieden und Glück wünschen, wie wir es auch erlebt haben: Jesus, Herr, Heiland, Friedefürst. Für dich, für mich, für sie. Auch dieser Wunsch wird in Erfüllung gehen. Ganz sicher!

Amen!