Zu Ruhe kommen (wollen)

Zur Ruhe kommen (wollen)

Heute geht es nach einer kleinen Pause wieder weiter auf der Reise durch das Markusevangelium. Markus geht es um den Anfang der Guten Nachricht von Jesus. Das ist für ihn kein einzelnes Ereignis, sondern ein Weg, auf dem wir viele Dinge erleben, ja persönlich erfahren dürfen, Liebe, Befreiung, Heilung, und vieles mehr. Heute geht es darum, dass wir bei Jesus zur Ruhe zu kommen und uns  umfassend versorgt fühlen dürfen.

Die Gute Nachricht von Jesus ist der Weg, auf dem wir also auch eingeladen werden zur Ruhe zu kommen. 

Ruhe auf dem Weg. Wie passt das zusammen? 

Geht es beim Ausruhen nicht darum still zu werden und anzuhalten? Ich glaube, dass das gar nicht so falsch ist. Es gibt wirklich Momente, wo man sich zurücknehmen muss. 

Oft leben wir ja wie eine Dampflok in voller Fahrt. Ständig wird Kohle nachgeschaufelt. Der Kessel muss immer heiß bleiben. Wer im Weg steht, wird im ungünstigen Fall angepfiffen. Dabei ist es wirklich gut, mal an einem Bahnhof Halt zu machen  und die Maschine warten, trockengelaufene Lager zu fetten, Dichtungen ersetzen lassen und ich weiß nicht was noch alles. 

Für nicht wenige Menschen ist der Gedanke zur Ruhe kommen zu müssen aber ein Schreckgespenst. Trotzdem ist es gut, sich diesem Gespenst mal zu stellen, damit es seinen Schreck verlieren kann. Bei Jesus zur Ruhe kommen, bedeutet also nicht, sich etwas aufzuzwingen, sondern ein Angebot anzunehmen. Wenn wir den Jesusbericht von Markus lesen, fallen ein paar Angebote auf, die uns helfen zur Ruhe zu kommen. 

  • Wir sind eingeladen bei Jesus zu und mit ihm unterwegs zu sein.
  • Wir dürfen uns umfassend versorgen lassen.
  • Wir müssen uns dafür bewusst entscheiden.

Dabei spielt es gar keine Rolle, ob wir uns mit einer romantischen Dampflok identifizieren würden oder eher mit einem modernen ICE oder einem gemütlichen Regionalzug - wenn wir mal zu dem Bild zurückkommen - vielleicht bist Du ja auch eher Fan einer Draisine. Spielt alles keine Rolle. Diese Angebote gelten für alle. 

Wir sind zuerst einmal eingeladen bei Jesus zu sein 

Als Jesus sich mit seinen ersten Nachfolger umgibt, hat er etwas ganz Besonderes vor. Das erste Besondere überrascht vielleicht, weil es irgendwie keinen offensichtlichen Nutzen hat. Jesus fordert nicht dazu auf, etwas zu tun. Das Erste und Wichtigste ist einfach nur und ganz simpel bei ihm zu sein. Sein Ziel ist noch nicht einmal, seine Nachfolger zur Ruhe zu bringen. Doch wenn sie bei ihm sind, passiert was. 

Markus ist genau dieses als das ganz Besonders aufgefallen: bei Jesus sein. 

Da lesen wir in Markus 3,14-15 folgendes:

"Dann bestimmte er zwölf, die er auch Apostel nannte. Sie sollten ständig bei ihm sein. Er wollte sie aber auch aussenden, um die Gute Nachricht zu verkünden. * Und sie sollten die Vollmacht haben, Dämonen auszutreiben." (böse, ungute Geister, also)

(Nach der BasisBibel-Übersetzung.)

Jesus ist der Meinung, dass unser Leben genau dort seinen Zweck erfüllt, wo man aus der Begegnung mit ihm lebt. 

Die Gute Nachricht ist also zuerst einfach nur bei Jesus zu sein. In dieser Begegnung kommt man dann ganz nebenbei selbst zur Ruhe und bekommt dann die Kraft anderen zu helfen zur Ruhe zu kommen, heil zu werden, befreit zu leben. 

Das Schöne dabei ist, dass Jesus immer unterwegs ist. Er hat kein Schulgebäude, zu dem man immer wieder zurückkommen müsste. Er selbst ist der Ort, der an jedem Ort schon da ist, um uns zu helfen wieder zur Ruhe zu kommen. Ruhe und Bewegung ist also kein Widerspruch.

Wenig später passiert dann auch etwas Überraschendes. Die ganze Mannschaft um Jesus ist auf dem Boot unterwegs, als sie in einen starken Sturm geraten. Sie kommen so richtig in Bewegung. Alle sind zwar bei Jesus. Aber sie kommen trotzdem nicht zur Ruhe. Sie schauen auf den Sturm und nicht auf Jesus. Deswegen sagt ihnen Jesus, nachdem er den Sturm beruhigt hat, dass sie Glauben einüben sollen. Jesus selbst würde ausreichen auch wenn es stürmt.

 Worauf es ankommt, ist Jesus im Boot, nicht die Stillung des Sturms. 

Jesus lädt uns ein, genau das zu wagen, nämlich sich auf ihn persönlich einzulassen und anderen helfen, das auch zu tun, und ihn dann vielleicht auch gemeinsam zu erleben.

Jesus ist dann wie ein Anker im Boot. Wenn wir ihn auswerfen, verschwindet er nicht. Er bleibt mit dem Boot verbunden. Das ist der Sinn des Ankers. Er gibt Halt, lässt uns in unruhiger See nicht unkontrolliert wegtreiben. Wenn das Boot dann wieder in See sticht, bleibt er nicht auf dem Meeresgrund liegen. Man nimmt ihn natürlich wieder mit ins Boot. Er ist immer dabei. 

Jesus will immer bei uns sein. Er ist der Meinung, dass es gut ist, in seiner Gegenwart zu bleiben. Es ist gut, ihn in unsere Gegenwart zu holen und immer in Verbindung mit ihm zu bleiben. Denn genau bei Jesus ist auch der Ort, sich umfassend versorgen zulassen. Das ist der zweite Punkt.

Sich versorgen lassen 

Markus ist es wichtig klarzustellen, dass sich Jesus nicht nur um unsere Seele kümmert. Er nimmt uns als ganze Menschen wahr. Wir sind keine Halblinge, wie Jesus es auch nicht ist. Unsere leiblichen Bedürfnisse sind nicht unwichtig. Aber sie dürfen auch nicht in Konkurrenz zur Begegnung mit Jesus treten. Markus hat uns den kürzesten Jesusbericht überliefert, den wir haben. Aber er nimmt sich Zeit und Raum um zweimal ausführlich darüber zu berichten, wie Jesus mehrere tausend Menschen satt macht. 

Im sechsten Kapitel berichtet Markus, wie Jesus beginnt eine lange Predigt zu halten, die bis zum Abend dauert. Niemand beschwert sich, nur die engsten Vertrauten von Jesus. “Mach mal halblang, Jesus.” ermahnen sie ihn. Die Leute müssen doch auch was essen. Wir kennen die Geschichte. Am Schluss werden alle auf wundersame Weise satt; und es bleibt sogar noch was übrig. 

Worauf es aber im Augenblick ankommt, ist folgendes. Die Zuhörer selbst beschweren sich weder über die lange Predigt, noch über das fehlende Essen. 

Die Menschen merken, dass sie bei Jesus zur Ruhe kommen. Das ist der Punkt. 

Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt Jesus. Sie scheinen das ‘Bei-Jesus-sein’ besser zu verstehen, als die eigentlichen Vertrauten von Jesus. 

Wenig später passiert fast dasselbe. Wieder sind ein paar tausend Menschen zusammengekommen, um bei Jesus zu sein. Diesmal nimmt sich Jesus ganze drei Tage Zeit für sie; und sie bleiben bei ihm und vergessen alles um sich herum, selbst das essen. Sie wollen ganz bei Jesus sein.

Wie reagiert Jesus? Jesus sieht sie wie beim ersten Mal als Menschen, wie sie sind - Menschen mit Hunger nach seiner Gegenwart und Hunger nach Wasser und Brot und Fisch, als Menschen mit ganz normalen Bedürfnissen. Er sagt: 

Die Volksmenge tut mir leid. Sie sind nun schon drei Tage bei mir und haben nichts zu essen. * Wenn ich sie hungrig nach Hause schicke, werden sie unterwegs zusammenbrechen – denn einige sind von weit her gekommen.«

(Markus 8,2–3 nach der Bibelübersetzung BasisBibel)

Beim ersten Mal hatte er die Menschen so beschrieben:

Als Jesus ... die große Volksmenge (sah) ... bekam (er) Mitleid mit den Menschen. Sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er redete lange zu ihnen.

(Markus 6,34 nach der Bibelübersetzung BasisBibel)

Beide Male lässt sich Jesus ganz auf sie ein. Der Sohn Gottes bringt ihnen Gott nahe und stillt ihre leiblichen Bedürfnisse. Beide Male bleiben Nahrungsmittel über. Damit sagt er seinen Vertrauten: 

Macht euch keine Sorgen. Beunruhigt euch nicht. Ich habe nichts vergessen. Aber mein Wort werde ich ihnen nicht vorenthalten.

Es ist so schön und beruhigend zu sehen, dass Jesus uns heute genauso wie die Menschen damals umsorgt. Das kann man erleben, wenn man bei ihm sein will. 

In seiner Gegenwart vergessen die Menschen alles. Aber es ist schon komisch. Die engsten Vertrauten bekommen damit Probleme. 

Wie sieht das mit uns aus, mit Dir und mir? Mit wem identifizierst Du Dich mehr, mit den Menschen in der Menge oder mit den Vertrauten von Jesus? Von wem möchtest Du lernen? Wie weit würdest Du gehen um bei Jesus sein zu können?  

Das sind Fragen, die man sich ruhig mal stellen darf. Es sind aber auch keine Fragen, die man einfach so stellen darf, ohne sich selbst darüber Gedanken zu machen. 

Worauf es aber ankommt ist, dass Jesus uns gerne bei sich hat. 

Er schickt Dich nicht weg, wenn Du Zeit mit ihm verbringen willst. Er will ja gerade bei Dir sein, Dich rundherum versorgen. Er will das, egal wo Du bist oder in welcher Situation Du Dich befindest. 

Was er uns aber nicht abnimmt, ist die Entscheidung bei ihm zu sein und uns von ihm versorgen zu lassen. Das ist der letzte Punkt.

Sich entscheiden ...

... und lernen sich auf den Wesentlichen zu konzentrieren, auf Jesus. Markus berichtet deswegen von verschiedenen Personengruppen, die jeder ganz anders auf das Angebot von Jesus reagiert. 

Da sind zuerst die sorgenvollen Familienangehörigen von Jesus. 

Dann ging Jesus nach Hause. Und wieder strömte die Volksmenge zusammen, sodass Jesus und seine Jünger noch nicht einmal zum Essen kamen. * Als seine Verwandten das hörten, machten sie sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt dort wegzuholen. Denn sie sagten: »Er ist verrückt geworden.«” (Markus 3,20–21 nach der Bibelübersetzung BasisBibel)

Die sorgenvollen Menschen sind so sehr mit sich beschäftigt, dass sie überhaupt nichts außer ihre eigenen Bedürfnisse mitbekommen. Und gefangen in  ihren eigenen Bedürfnissen, beurteilen sie die Bedürfnisse anderer. Sie sind so sehr mit sich und ihren Sorgen für andere beschäftigt, dass sie garnicht mitbekommen, worum es Jesus eigentlich geht. 

Jesus hätte sie gerne bei sich. Aber sie wollen ihn nach ihren Vorstellungen formen. Sie sehen die Menschen nicht, die Jesus suchen. Die sich von ihm formen und zur Ruhe bringen lassen wollen. Sie sehen nur sich.

Dann sind da aber auch die Kritiker von Jesus. 

Die sagen dasselbe, machen sich aber keine Sorgen, sondern fühlen sich durch den Anspruch von Jesus bedroht. “Er ist irre.” sagen sie auch, meinen aber: “Zu nahe bei Jesus zu sein ist gefährlich, bedenklich.” Ein anderes Mal fordern sie Beweise, dass Jesus wirklich der ist, der er verspricht zu sein. “Gib uns ein Zeichen vom Himmel.” Sie wollen Beweise. Was sie nicht wollen ist sich beschenken zu lassen; und was sie am Wenigsten wollen, ist bei Jesus zu sein. Sie hatten viele Gelegenheiten gehabt Zeichen, Wunder und Beweise zu sehen. Und als Jesus nicht auf sie eingeht, vertieft sich ihre kritische Haltung ihm gegenüber.

Schließlich sind da aber auch die vielen Menschen, 

die bei Jesus sein wollen und alles andere vergessen; und die Vertrauten von Jesus, die nicht alles verstehen, aber doch an Jesus dran bleiben. Sie lassen sich von Jesus bewegen und kommen zur Ruhe. 

Wer bist Du? Ein Mensch aus der Menge, der seinen Blick nicht von Jesus lösen kann? Einer, der Vertrauten von Jesus, die ihn noch nicht so ganz verstehen, aber mit ihm unterwegs sein wollen? Oder einer, der sorgenvollen oder der Kritiker? 

Ganz egal!  Worum es zuerst geht ist, an Jesus dranzubleiben, selbst, wenn es unruhig wird. Bei Jesus sein und alles andere vergessen, sogar die Ruhe, die man sucht. Es geht um Jesus - und wenn wir, wenn Du und ich uns um Jesus drehen, dann wird uns nicht schwindlig. Dann kommen wir zur Ruhe.