(Un)Bekanntes neu entdecken
Heute soll es darum gehen, Bekanntes neu zu entdecken. Konkret schauen wir zurück auf Karfreitag und Ostern und hangeln uns wieder durch’s Markusevangelium. Bekanntes und Unbekanntes neu entdecken - der ganzen Realität ins Auge schauen. Für machen ist da vielleicht auch das eine oder andere Unbekannte dabei.
Ist Euch das schon mal aufgefallen? Es ist dieselbe Strecke, die Ihr immer wieder unterwegs seid. Doch irgendwie entdeckt Ihr Neues, das Euch nie aufgefallen war. Uns passiert das eigentlich immer, wenn wir uns beim Fahren abwechseln. Als Fahrer achtet man auf andere Sachen als der Beifahrer es tut. Während der Fahrer die Strecke zum Ziel besser kennt, kann der Beifahrer mehr die Landschaft und andere Details genießen. Manchmal ist es dann sogar so, dass man als Beifahrer die Strecke zum Ziel garnicht kennt. Man hat sich eben nicht auf die Schilder konzentriert, das Abbiegen nach links oder rechts und andere wichtige Dinge. Man musste es ja auch nicht. Dafür verpasst man als Fahrer andere schöne Ausblicke, Landschaften, Details uns so weiter. Es reicht eben oft nicht, alles gesagt und beschrieben zu bekommen oder sich fahren lassen. Man muss es selbst erfahren, erleben, sich auf den Weg machen, losfahren und den Weg finden, aber andererseits auch die Landschaft genießen und kennenlernen. Beides ist wichtig.
Genauso ist es auch im christlichen Glauben. Man muss ihn nach und nach kennenlernen, selbst und mit anderen erleben, den Weg zum Ziel erkunden und das Schöne, Herausfordernde, Überraschende und alles drumherum entdecken. Das passiert, indem man sich mal fahren lässt; aber auch, wenn man selbst fährt. Das macht die ’Erfahrung‘ komplett. Deswegen überschreibt Markus seinen Jesusbericht auch mit diesem Titel:
Dies ist der Anfang der Guten Nachricht von Jesus Christus, dem Sohn Gottes.
(Markus 1,1)
Es ist der Anfang, weil Jesus seine Nachfolger führt, mitnimmt, alles vormacht und schließlich das tut, was keiner von uns tun kann, noch tun soll. Er stirbt am Kreuz und steht auf von den Toten. Das ist der erste Teil. Der zweite Teil liegt nun an uns. Er lädt uns ein, alles selbst zu erleben und auszuprobieren. Wichtig dabei ist aber nochmal dies: keiner von uns soll und kann das tun, was Jesus am Kreuz getan hat.
Kreuz und die Auferstehung sind das Ziel des Anfangs der Guten Nachricht und gleichzeitig der Start in ein Leben, in dem wir dieselbe Welt von vorher ganz neu erleben dürfen.
Dazu müssen wir uns auf diese ganze Gute Nachricht einlassen und sie persönlich erleben. Das ist der Weg, auf dem wir Jesus und unseren Glauben immer mehr und besser verstehen.
Deswegen sind zwei Dinge so wichtig:
• Zuerst lass Dich einladen mit Jesus unterwegs zu sein.
• Und dann nimm das selbst für Dich in Anspruch, was Du an Jesus gesehen hast.
Sich fahren lassen und selbst fahren, immer aber zusammen, niemals allein.
Lassen wir uns ein mit Jesus unterwegs zu sein.
Markus legt ganz viel Wert darauf Jesus als aktiven Helfer und Arzt, aber auch Ratgeber, zu beschreiben. Das Tolle an Markus ist dabei seine Einfachheit. Es geht ihm darum, dass seine Begleiter ihm zuschauen. Das ist so, wie eine klassische Ausbildung im Handwerk. Du guckst dabei erstmal dem Meister und den Gesellen zu. Du begleitest sie und reichst ihnen das Werkzeug, wenn sie darum fragen. Mit der Zeit hast Du das Werkzeug schon bereit, bevor sie das tun. Du bist am Lernen durchs Zuschauen. Dabei fällt es Dir vielleicht noch nicht einmal auf, was Du schon kannst. Es ist eben ein Prozess. So ist das auch, wenn man beginnt mit Jesus unterwegs zu sein, auf ihn zu schauen, ihm Sachen nachzumachen, mit ihm im Gespräch zu bleiben und seinen Willen in konkreten Situationen kennenzulernen und zu tun.
Es geht darum mit Jesus die Welt mit erneuerten Augen zu sehen. Wir werden zu Weltenentdeckern. Uns fallen Dinge auf, die wir vorher übersehen hätten.
Das ist der Anfang der Guten Nachricht von Jesus, dem Sohn Gottes.
(Markus 1,1)
So beschreibt Markus seinen Jesusbericht. So ziemlich mittendrin, also im achten von seinen sechzehn Kapiteln, beginnt Jesus dann zwei Sachen anzuschneiden, die viel Vorbereitung brauchen, die man nicht so einfach versteht. Es ist sein Tod am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten.
Da ist Jesus also mit uns unterwegs. Wir erleben viel mit ihm, wir als Beifahrer und er als Fahrer. Wir sitzen nicht einfach nur still nebeneinander. Wir kommen ins Gespräch. Jesus hat das Ziel fest im Blick und beginnt plötzlich davon zu erzählen. Das macht er immer wieder. Markus berichtet mindestens fünfmal, wie Jesus schon lange vorher von seiner Kreuzigung und Auferstehung spricht. Als alles passiert ist, kommt erwidere darauf zurück. Das Interessante ist, dass zunächst niemand versteht, was Jesus damit sagen will.
In Markus 8,31–32 lesen wir:
“Jesus sprach mit seinen Jüngern zum ersten Mal darüber, dass der Menschensohn vieles erleiden müsse und von den Ältesten, den führenden Priestern und den Schriftgelehrten verworfen werde; er werde getötet werden und drei Tage danach auferstehen. 32 Klar und offen redete er darüber. Da nahm Petrus ihn beiseite und versuchte mit aller Macht, ihn davon abzubringen.”
(nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Wenig später, nach einen unheimlich schönen, überwältigenden Erlebnis mit Jesus, sagt er seinen Vertrauten:
“Während sie den Berg hinunterstiegen, schärfte Jesus den drei Jüngern ein, niemand zu erzählen, was sie erlebt hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei. 10 Diese Bemerkung Jesu ließ sie nicht mehr los, und sie überlegten miteinander, was er wohl gemeint hatte, als er von der Auferstehung von den Toten sprach.”
(Markus 9,9–10 nach Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Das passiert nochmal, wie Markus das in Kapitel 9, Verse 30-32 berichtet:
“Sie gingen von dort weiter und zogen durch Galiläa. Jesus wollte jedoch nicht, dass jemand davon erfuhr, 31 denn er hatte seinen Jüngern wichtige Dinge zu sagen. »Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen gegeben«, erklärte er, »und sie werden ihn töten; doch drei Tage, nachdem man ihn getötet hat, wird er auferstehen.« 32 Die Jünger konnten mit dieser Aussage nichts anfangen, aber sie wagten auch nicht, ihn zu fragen.”
(nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Jesus wiederholt das immer wieder, bis Petrus wieder mal der Geduldsfaden reißt und er Jesus korrigieren will. Er will sozusagen das Steuer übernehmen und Jesus zu einem anderen Ziel führen.
In Markus 14,29-31 lesen wir von Petrus und den anderen.
“»Auch wenn alle sich von dir abwenden – ich nicht!« 30 Jesus erwiderte: »Ich sage dir: Noch heute Nacht, bevor der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.« 31 Aber Petrus erklärte mit aller Entschiedenheit: »Und wenn ich mit dir sterben müsste – ich werde dich niemals verleugnen!« Das Gleiche beteuerten auch alle anderen.”
(nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Die engsten Vertrauten von Jesus sind mit ihm über drei Jahre unterwegs. Jesus weiht sie in alles ein, auch das Ziel, wofür er gekommen ist. Sie folgen ihm, begreifen aber noch nicht, worum es eigentlich geht. Der Sinn von Kreuzigung und Auferstehung bleiben ihnen verborgen, bis sie Beides selbst erleben und Jesus ihnen neu begegnet..
Einer, meiner Studenten im Theologie-Kurs, den ich im letzten Jahr unterrichten durfte, hat das in seiner Kursarbeit so beschrieben:
Karfreitag ist wie das hässliche Stiefkind von Ostern.
(Joseph Moses, 2021)
Ich würde noch hinzufügen:
Ostern ist das Kind, das die Eltern am Bahnhof vergessen haben abzuholen.
Ich denke, uns geht es oft genauso. Wir wollen viel mit Jesus erleben und tun es ja auch. Aber die ganze Dimension und Bedeutung und Wichtigkeit vom Tod und der Auferstehung von Jesus schaffen wir nicht ganz zu erfassen. Genau das führt uns zum zweiten Punkt:
Nehmen wir das doch für uns in Anspruch.
Jesus sagt seinen Vertrauten, die mit ganz anderen wichtigen Dingen beschäftigt sind, folgendes:
“Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele hinzugeben.«”
(Markus 10,45 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Jesus ist gekommen, um uns Menschen zu befreien. Das ist auch das große Thema, das Markus so wichtig ist in seinem Bericht. Jesus ist ein starker Befreier. Er wird eine neue Herrschaft aufrichten. Wir müssen sie nicht selbst erarbeiten. Mit all dem beginnt Markus sein Evangelium, seiner gute Nachricht. Und genau damit beendet er es. Deswegen spielt Markus auch immer wieder hintergründig auf die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei in Ägypten an und an die Befreiung aus dem babylonischen Exil.
Gott tut durch Jesus, was wir nicht können. Er heilt und befreit und begleitet. In seinem Tod am Kreuz fasst er das alles zusammen und beweist es, als er vom Tod aufersteht, ihn besiegt.
Wichtig ist heute, dass wir uns darauf einlassen Jesus immer neu kennenzulernen; dass wir auf dem Weg mit ihm bleiben, uns von ihm aus, vom Kreuz und von der Auferstehung aus die Welt anschauen und erklären lassen, von Karfreitag und Ostern.
Am Anfang macht das vielleicht noch nicht so Sinn für uns. Wenn wir aber mit ihm auf dem Weg bleiben, uns ihm anvertrauen, wird es uns immer verständlicher. Gott will uns zeigen, dass wir ihm ganz persönlich wichtig sind. Er will nicht einfach anonym aus der Ferne etwas für uns tun.
Wozu er Dich jetzt auffordert ist, dass Du Dich mit ihm auf den Weg machst und bei ihm bleibst, selbst, wenn Du ihn nicht ganz verstehst. Lass es alles sacken. Bleib mit ihm vielleicht auch im kontroversen Gespräch wie Petrus. Aber lass Dich auch auf ihn ein wie Petrus.
“(Der Engel) aber sagte zu ihnen: »Ihr braucht nicht zu erschrecken! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht, da ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hatte. 7 Geht nun zu seinen Jüngern und sagt zu ihnen, auch zu Petrus: ›Er geht euch nach Galiläa voraus. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch angekündigt hat.‹«”
(Markus 16,6–7 nach der Neuen Genfer Bibelübersetzung)
Jesus geht Dir voraus, Du wirst ihn sehen und erleben wie er es versprochen hat. Lass Dich ganz auf ihn ein!
Amen