Nicht vergessen

Wie schnell habe ich etwas vergessen. Wieviele Dinge schwirren da noch in meinem Kopf, die mich ablenken. Gerade wollte ich noch etwas tun. Und schon fällt mir etwas anderes ins Auge und verdrängt das erste, das eine, das eigentlich wichtiger wäre. Da habe ich mir die Aufgabe sogar in den Kalender eingetragen. Aber was nützt der beste und schönste Kalender, wenn ich nicht drauf schaue. Der eine oder andere Leser schüttelt jetzt vielleicht den Kopf: “Nein, nein, nein – so etwas würde mir nie passieren.” Glücklich der Mensch, der das von sich sagen kann. Und noch glücklicher, der mit dem anderen barmherzig ist. 

Im Brief an die hebräischen Christen, dem Hebräerbrief also, lesen wir auch von vergesslichen Menschen. Im Kontrast dazu lesen wir aber auch von Gott, der diese Menschen eben nicht vergessen hat. 

Trotz dieser ernsten Worte sind wir überzeugt, liebe Freunde, dass auf euch der bessere Teil dieses Vergleichs zutrifft und dass eure Rettung nicht in Frage gestellt ist. * Denn Gott ist nicht ungerecht; er vergisst nicht, was ihr alles getan habt. Ihr habt bewiesen, wie groß eure Liebe zu ihm ist, indem ihr den anderen Gläubigen tatkräftig zur Seite gestanden habt, wie ihr es ja auch weiterhin tut.” 

(Hebräer 6,9–10 nach der Neue Genfer Übersetzung der Bibel)

Den Namen des Briefschreibers kennen wir nicht, sein Anliegen schon. Er malt seinen Briefempfängern Gottes Geduld und Liebe und Größe immer wieder neu und mit bunter Farbe auf eine große Leinwand. In jeder Farbe wird Jesus sichtbar. Er erfüllt das ganze Bild. Trotzdem passiert es, dass sich viele Menschen eher von der Wand hinter dem Bild ablenken lassen. Da wird Jesus ganz groß vor ihre Augen gemalt. Doch sie lassen sich von dem Fleck hier und dem Riss dort in der Wand ablenken. 

Mit durchaus ernsten Worten und Vergleichen versucht der Briefschreiber die Aufmerksamkeit wieder zurück auf das schöne Bild zu lenken. Da ist ganz, ganz viel zu sehen und zu entdecken. Wenn man es tut, wird man immer neugieriger. Die Faszination nimmt zu und erfasst den Betrachter. Deswegen schließen sich die folgenden Worte an: 

Es ist deshalb unser dringender Wunsch für jeden von euch, dass ihr bis zuletzt denselben Eifer an den Tag legt, damit sich die Hoffnung, die Gott euch gab, voll und ganz erfüllt. * Werdet also nicht gleichgültig, sondern nehmt euch die zum Vorbild, die unbeirrt und voll Vertrauen auf das ihnen zugesagte Erbe warteten und die es daher auch in Empfang nehmen werden.” 

(Hebräer 6,11–12 nach der Neue Genfer Übersetzung der Bibel)

Über allem aber steht, dass Gott die nicht vergisst, die sich ihm einmal anvertraut haben. 

Gott ist nicht vergesslich. Hat Dich nicht vergessen!

Er verliert seinen Kalender nicht aus dem Auge. Noch viel mehr; er hat jeden von uns, Dich und mich, jeden, der sich ihm anvertraut hat, in sein Bild gemalt. In diesem großen, schönen, bunten Bild, das uns der Briefschreiber vormalt, ist jeder von uns auch zu finden. Weil das so ist, sollen wir es nicht aus dem Blick verlieren. Lassen wir uns nicht davon ablenken es immer wieder und immer mehr anzuschauen. 

Ganz konkret geht es darum, dass wir an der Begegnung mit Gott festhalten. Das ist natürlich der Gottesdienst, in dem wir gemeinsam von ihm hören und ihn besingen. Da ist auch das Lesen in der Bibel, wo wir seinen Plan der Heilung und Rettung kennenlernen können. Da ist aber auch das Gebet, die Zeiten, in denen wir Gott alles sagen, was uns bewegt. Das sind auch Momente, in denen Gott zu uns sprechen möchte. Geben wir dem doch Raum. Denn in diesem Raum lernen wir das Bild Gottes immer besser kennen. Wenn wir uns diesen Raum bewahren, wächst Hoffnung, Vertrauen wird sichtbar, Glaube fassbar – und unsere Liebe zu ihm wird nicht abnehmen, sondern wachsen. 

Vergessen wir also Gott und sein Wort und die Begegnung mit ihm nicht. Denn Gott hat uns nicht vergessen und wartet auf uns mit einem großen Erbe, einem Geschenk, dass uns überwältigen wird vor Freude. 

Amen