Predigt
Liebe erleben und erwidern
Wahrscheinlich den Gott Amor, diesen kleinen, dicklichen, nackten und geflügelten Knaben, der sich nur mit Pfeilen und Bogen bekleidet. Er ist sympathisch und linkisch zugleich. In der Sendung Planet-Wissen wird er folgendermaßen beschrieben:
“Er soll ein Kind des Chaos' … Andere wiederum vermuten, dass der wahre Vater des Jungen der Kriegsgott Ares ist, Aphrodites Liebhaber (also nicht Hephaistos, ihr Mann). Unbestreitbar sind beide an seiner Erziehung beteiligt gewesen.
Bei solcher Art verwandtschaftlicher Beziehungen erstaunt es nicht weiter, dass ein rechter Tunichtgut aus dem Jungen wird. Pfeil und Bogen nutzt er nur dazu, die Herzen der Menschen in Flammen zu setzen, wobei es ihm einerlei ist, ob er damit Ehen zerstört oder anderes Unheil anrichtet.”
(https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/liebe/liebesgeschichte/pwieamordergottderliebe100.html)
Aus der Entfernung ist das eine lustige Sache. Wenn man selbst getroffen wird, ist das auch wunderbar. Dumm nur, wenn der Moment verstreicht und dumm auch, wenn die Liebe aus Eigennutz umgelenkt wird und Schaden anrichtet. Das ist Amors süßlich-saures Gesamtpaket. Markus präsentiert uns in seinem Bericht über Jesus einen alternativen Gegenentwurf. Ihm fällt auf, dass auch Jesus dieses Thema immer wieder anspricht oder sogar darauf angesprochen wird. Für ihn ist Liebe und der Anfang der Guten Nachricht von Jesus nicht nur ein einzelnes Ereignis, sondern der Beginn eines Weges … auf dem wir Liebe erleben und erwidern dürfen. (Das ist Teil 2 der Predigtreihe) Gott ist der Meinung, dass Liebe mehr ist, als ein Moment und wieder einer. Sie kann als Gute Nachricht erlebt und erwidert werden. Das macht schließlich was mit uns.
Bleiben wir doch mal bei dem Bild von Amor.
• Liebe macht den Anfang (Da wird der Bogen gespannt.)
• Liebe bringt Veränderung (Wenn dem Pfeil nicht mehr aus dem Weg gegangen wird)
• Liebe überwindet Furcht vor Zurückweisung (Wenn dem Bogenschützen vertraut wird)
• Liebe lässt Sehnsucht wachsen (Wenn man getroffen wird)
Liebe macht den Anfang (Wenn der Bogen gespannt wird)
Alles beginnt mit dem Geliebten. Das ist jemand, der ist geliebt und kann und will deswegen diese geschenkte Liebe weitergeben. Er behält sie nicht für sich. Er kann sie nicht für sich behalten. Markus beschreibt das so:
“Zu dieser Zeit geschah es: Jesus kam aus Nazaret in Galiläa zu Johannes und ließ sich von ihm im Jordan taufen. * Als er aus dem Wasser stieg, sah er, wie der Himmel aufriss und der Geist Gottes wie eine Taube auf ihn herabkam. * Und eine Stimme aus dem Himmel sagte zu ihm: »Du bist mein Sohn, dir gilt meine Liebe, dich habe ich erwählt.«”
(Markus 1,9–11 nach der Gute Nachricht Bibel)
Die gleiche Liebeserklärung hören die Nachfolger von Jesus später nochmal.
“Da kam eine Wolke … und eine Stimme aus der Wolke sagte: »Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe; auf ihn sollt ihr hören!«”
(Markus 9,7 nach der Gute Nachricht Bibel)
Das ist wie ein Fass, das in ein nächstes und dieses wieder in ein drittes überläuft und so weiter. Der Himmel öffnet sich. Ihr kennt bestimmt diese Brunnen mit den übereinander liegenden Schalen. Das Wasser füllt die erste, obere Schale, und fließt dann in die zweite darunterliegende und von da in die nächste und so weiter in ein großes Becken. Da können dann alle daraus schöpfen und sich erfrischen. Das ist so, wie wenn man ein frisch verliebtes Pärchen beobachtet. Oft fällt es ja schon allen Umstehenden auf, dass die zwei sich verliebt haben, bevor sie es selbst merken und es funkt. Das ist doch schön und witzig zugleich oder? Da fängt etwas an, bevor man es selbst merkt. So ist auch Gottes Liebe zu uns. Sichtbar wird aber zuerst, dass Gott Jesus seine Liebe zuerst selbst zuspricht. Und wir dürfen zuschauen, wie sich das entwickelt.
Diese Liebe Gottes zu Jesus - des Vaters im Himmel zu seinem Sohn hier auf Erden - ist das Vorbild der absoluten Liebe. Es ist auch ein Vorbild, auf das man sich einlassen darf. Markus lädt uns ein, uns von unseren eigenen Vorstellungen zum Vorbild Gottes wenden, sozusagen von Amor zu Jesus. Jesus war sich auf jeden Fall total sicher, dass er geliebt war. Ganz wichtig ist es für ihn, mit seinem Vater zu sprechen. Immer wieder nimmt er sich Zeit fürs Gebet. Auch erzählt er immer wieder Gleichnisse vom geliebten Sohn. Er spürt einfach die Kraft, die aus dem Wissen kommt geliebt zu sein. Deswegen lebt er sie uns vor.
Gebet: “Lieber Vater im Himmel, öffne den Himmel für mich! Komm zu mir und lass mich in deine Gegenwart kommen! Hilf mir, dein Angebot mehr und mehr anzunehmen.”
Liebe bringt dann auch Veränderung (Wenn dem Pfeil nicht mehr aus dem Weg gegangen wird)
Das Problem ist, dass wir bewegliche Ziele sind. Wir verstehen uns bestens auf die Kunst, der Liebe Gottes aus dem Weg zu gehen. Das ist wie auf der Kirmes, dem Rummel, der Wiesn oder wie es genannt wird. Da gibt es oft Schießbuden. Man kauft ein Los und hat ein paar Schüsse frei, um kleine oder große Preise zu gewinnen. Damit es nicht zu leicht wird, bewegen sich die Ziele auf einem Laufband. Meistens sind es Figürchen oder Hülsen aus Gips. Die Herausforderung liegt jetzt in den sich bewegenden Zielen. Der Schießbudenbesitzer wird natürlich auch nicht auf unsere Bitte eingehen, das Laufband anzuhalten. So reagieren wir auch ganz natürlich, wenn Gott uns mit seiner Liebe erwischen will. Wir sehen ihn wohl, ducken uns aber schnell, bevor uns sein Liebespfeil treffen kann.
“Wovor hast Du, habe ich, haben wir denn eigentlich Angst? Warum ist das so?”
Jesus, der Geliebte und Verliebte, kommt mit einer Guten Nachricht und bittet uns ihr nicht aus dem Weg zu gehen. Er drückt das so aus:
“Die Gelegenheit ist da. Gott kann sich nicht mehr zurückhalten. Seine Herrschaft ist Dir nah. Ändere Deine Gedankenwelt und vertraue der Guten Nachricht.”
(frei nach Markus 1,15)
Wenn Gott zu uns kommt, macht er das nicht mit Kriegsmaschinerie, wie wir das gerade im Osten erleben. Seine Herrschaft ist eine Gute Nachricht für alle, weil er nicht andere vorschickt, sondern sich selbst investiert. Er beraubt nicht andere ihres Eigentums und ihres Lebens. Er gibt sein eigenes. Er gibt sich selbst. Jesus kommt mit einer Friedenstaube auf der Schulter zu uns und lädt uns ein ihn zu begleiten. Er nimmt uns nicht unseren Willen und zwingt uns seinen auf. Er lädt uns ein sich ihm anzuvertrauen.
Das ist die große Veränderung. Wir halten still und lassen uns auf Jesus ein und dann von ihm in Bewegung setzen. Wir lassen uns treffen von Gottes Liebe. Jesus ruft uns an: “Hey, dreh dich um!” und dann zwinkert er uns zu, spannt den Bogen und trifft uns mit seinem Pfeil der Liebe, eine Waffe, die Leben schafft und nicht nimmt.
Gebet: “Lieber Vater, ich will mich zu dir wenden. Lass mich vor deinem Sohn zur Ruhe kommen. Befreie mich von mir selbst. Verändere mich. Ich schaffe es nicht allein anzuhalten. Gib nicht auf, auf mich zu zielen mit deiner Liebe.”
Liebe überwindet auch die Furcht vor Zurückweisung (Wenn dem Bogenschützen vertraut wird)
Jetzt ist es so, dass Markus in seinem Jesusbericht auch von Situationen schreibt, wo Gott dieses Bedürfnis nach Liebe nicht gleich erwidert.
Da ist Jairus, ein frommer Mann, der Angst um das Leben seiner Tochter hat und sich zu Jesus wendet. Er hat sie so lieb, dass er mit seiner ganzen Verzweiflung zu Jesus kommt und sich ihm anvertraut.Da ist die Ausländerin aus der römischen Nachbarprovinz, die auch ihre Tochter vor Jesus bringen will.
Was passiert? Es passiert erstmal nichts. Jesus lässt Jairus warten. Es sieht fast so aus, als ob er ihn vergessen hätte. Schlimmer noch mit der Ausländerin. Ihr sagt Jesus auf den Kopf zu, dass sie eigentlich nichts zu erwarten hat. Abgesehen davon gehört sie zu einem Volk, das die Juden immer wieder abfällig behandelt und ausnutzt.
Doch im Hintergrund wartet Jesus auf die richtige Gelegenheit. Er wartet auf Zeichen der Beiden, dass sie es mit ihrem Vertrauen zu ihm ernst meinen. Und die beiden bleiben dran an Jesus. Und schließlich macht Jesus beide Kinder gesund und lobt die Ausländerin sogar.
Jesus hat sie nicht zurückgewiesen. Er hat ihnen gezeigt, dass seine Liebe und Kraft durch unsere Verzweiflung nicht geschwächt wird. Wenn wir auch denken, Gott hätte uns vergessen. Gott denkt doch an uns. Seine Gedanken sind nicht unsere Gedanken. Wenn wir auch vergessen, Gott tut es nicht.
Schlimmeres noch passiert später Jesus selbst. Der geliebte Sohn spricht, ja schreit zu seinem Vater und weint vor ihm. Er weiß, dass seine Liebe einen Preis hat, den er für uns zahlen will. Die Nacht vor seiner Kreuzigung verzweifelt er und legt Gott dann doch alles in die Hände:
“Geliebter Vater, alles ist dir möglich. Erspare mir doch bitte diesen Preis zahlen zu müssen. Doch wer könnte es sonst tun? Deswegen will ich nicht meinen Gefühlen folgen, sondern tun, was du möchtest.”
(frei nach Markus 14,36)
Gebet: “Lieber Vater, lass mich an Dir festhalten wie Jairus und die Ausländerin. Ich komme mit meiner Not zu dir und lasse dich nicht los, bis du mir antwortest. Jesus, ich will nicht meinen Gedanken folgen, sondern deinem Willen. Lass mich deine Liebe erleben!”
Schließlich formt Liebe auch Sehnsucht (Wenn man vom Pfeil getroffen wird)
In all diesen Begebenheiten, von denen uns Markus berichtet, kann man diese Sehnsucht spüren. Da ist die Sehnsucht Gottes nach uns Menschen. Da ist die Sehnsucht von Jesus nach Gott, seinem Vater. Da ist die Sehnsucht von Menschen in Not, die sich Jesus zuwenden und ihre Erwartungen infrage stellen lassen.
Diese Sehnsucht nach dem Gott, der uns liebt wird im Verlauf immer deutlicher. Was ist das Höchste im Leben? Was ist das wichtigste Gebot, das wir halten sollen? Jesus wird das gefragt; und er antwortet mit dem wichtigsten jüdischen Bekenntnis. Es ist auch ein Bekenntnis der Sehnsucht nach Heilung von Gott, nach geheilten Beziehungen unter uns Menschen. Es ist auch ein Bekenntnis des eigenen Unvermögens.
“Jesus antwortete: »Das wichtigste Gebot ist dieses: ›Höre, Israel! Der Herr ist unser Gott, der Herr allein. * Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Willen und mit deiner ganzen Kraft.‹ * Das zweite ist: ›Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst.‹ Kein anderes Gebot ist wichtiger als diese beiden.«”
(Markus 12,29–31 nach der BasisBibel)
Das ist der Wunsch, ist die Sehnsucht, die wächst, wenn wir die Liebe Gottes zu Jesus anschauen und die Liebe von Jesus zu uns. Dass wir daran festhalten, uns nicht wegbewegen. Dass wir uns treffen lassen. Deswegen ist dieses Doppelgebot der Liebe mehr als eine Aufforderung. Es ist das Ergebnis der Guten Nachricht, auf die wir uns immer wieder neu einlassen.
Gebet: “Jesus, mach diese Sehnsucht in mir stark! Lass sie mein Leben bestimmen. Verändere mich. Vergib mir, dass ich so oft von dir weggeschaut habe.”
Amen - so soll es sein!