Von kleinen und von großen Herzen

Was ein Fest! Alle sind glücklich. Das Essen ist nicht nur reichhaltig, sondern auch lecker. Doch dann: eine unbedachte Bemerkung, ein komischer Blick, ein Scherz, der in die Hose geht. Und plötzlich ist man verletzt, tief verletzt. Wie kommt man aus dieser Geschichte wieder raus? Lässt man es sich anmerken oder vergräbt man es im Herzen. Spricht man es sofort an oder am Besten morgen oder übermorgen oder … schließlich garnicht. 

Der Starke zerschlägt den gordischen Knoten kurzerhand mit dem Schwert, macht einen Schnitt und alles kaputt. Die andere wendet sich schweigend ab und lässt den Dingen seinen Lauf. Die Dritten und Vierten versuchen ihn wegzutragen und zu verstecken, bis sie irgendwann unter dem Gewicht zusammenbrechen. Dabei war doch alles gar nicht so gemeint, oder doch? 

Heute geht es um kleine und große Herzen, menschliche Eifersucht und Gottes Großzügigkeit. 

Lassen wir uns dabei an die Geschichte von Hagar, Ismael, Sara, Abraham und Isaak erinnern. Gott hatte Sara und Abraham viele Nachkommen versprochen. Aber irgendwie lässt die Erfüllung seines Versprechens lange auf sich warten. Hat er es vielleicht anders gemeint? “Lasst uns ihm helfen.” Sara überredet Abraham den damaligen Gepflogenheiten zu folgen. “Nimm meine Angestellte Hagar als Leihmutter, damit Euer Kind unseres wird, wenn ich schon keine Kinder bekommen kann.” sagt sie. Gesagt, getan. Hagar wird schwanger und auch stolz, na klar. Sara ist auch zufrieden, erstmal. Doch dann nimmt das Drama seinen Lauf. Hagar beginnt ihre Chefin zu mobben. Sara mobbt zurück. Beschwerde bei Abraham. Abraham hilflos. Die Situation eskaliert. Hagar flieht hochschwanger und erlebt den Gott des frommen Abrahams das erste Mal persönlich und ruft erleichtert aus: “Du bist ein Gott, der mich sieht.” Sie bekommt den Mut zurückzukehren. Ja, den braucht sie wirklich. Denn Sara wird einfach nicht glücklich und Hagar auch nicht. Doch dann bekommt Hagar ihren Sohn, Ismael. Der Name bedeutet: “Gott hört. 

Was für tolle, befreiende Aussagen: Gott hört! Gott sieht! Egal, in welcher Situation Du Dich befindest. Gott hat Auge und Ohr für Dich. Gott ist einfach grenzenlos großzügig. Er macht unsere Angst zu kurz zu kommen, unsere Eifersucht überflüssig. Davon handelt der Bibeltext von heute. Es ist die Fortsetzung der Geschichte um Hagar und Ismael, aber auch um Abraham, Sara und Isaak. Ich lese aus 1.Mose, Kapitel 21, Vers 8 bis 21 aus der Hoffnung für Alle Übersetzung der Bibel. 

Isaak wuchs heran, und als Sara aufhörte, ihn zu stillen, feierte Abraham mit seinen Leuten ein großes Fest. 

*  Sara bemerkte, wie Ismael – der Sohn von Abraham und der Ägypterin Hagar – sich über Isaak lustig machte. *  Darüber wurde sie sehr zornig und bedrängte Abraham: »Jage diese Sklavin und ihren Sohn fort! Ich will nicht, dass mein Sohn Isaak mit ihm das Erbe teilen muss!« * Abraham war damit gar nicht einverstanden, denn schließlich war auch Ismael sein Sohn. 

*  Aber Gott sagte zu ihm: »Sträube dich nicht dagegen, den Jungen und die Sklavin wegzuschicken! Tu alles, was Sara von dir fordert, denn nur die Nachkommen deines Sohnes Isaak werden das auserwählte Volk sein! *  Aber auch Ismaels Nachkommen werde ich zu einem großen Volk machen, weil er von dir abstammt!« 

*  Am nächsten Morgen stand Abraham früh auf. Er holte etwas zu essen und einen Ledersack voll Wasser, hängte Hagar alles über die Schulter und schickte sie mit ihrem Sohn weg. Hagar irrte ziellos in der Wüste von Beerscheba umher. *  Bald ging ihnen das Wasser aus. Da ließ sie den Jungen unter einem Strauch zurück *  und setzte sich etwa hundert Meter davon entfernt auf die Erde. »Ich kann nicht mit ansehen, wie mein Kind stirbt!«, weinte sie. 

*  Aber Gott hörte den Jungen schreien. Der Engel Gottes rief Hagar vom Himmel herab zu: »Warum weinst du, Hagar? Hab keine Angst – Gott hat das Schreien des Jungen dort unter dem Strauch gehört! *  Geh zu ihm und hilf ihm auf, denn aus seinen Nachkommen will ich ein großes Volk machen!« *  Dann ließ Gott sie einen Brunnen sehen. Sie füllte ihren Ledersack mit Wasser und gab ihrem Sohn zu trinken. *  Gott kümmerte sich auch weiterhin um Ismael. Er wuchs heran und wurde ein Bogenschütze. Er lebte in der Wüste Paran, und seine Mutter gab ihm eine Ägypterin zur Frau. 

(1.Mose 21,8–21 nach der Bibelübersetzung Hoffnung für Alle)

Fällt Euch was auf? Eigentlich gibt es nur Grund zum Feiern. Doch die Herzen derer, die feiern, sind nicht frei. Sie tragen eine Vergangenheit mit sich, die nicht bereinigt wurde. Sie sind verstrickt und kommen nicht los. Das geht soweit, dass es sogar an die nächste Generation weitergegeben wird. Der Konflikt war zwischen Hagar und Sara. Abraham hat sich reinziehen lassen, und Ismael lässt die Situation unbeabsichtigt eskalieren. Mangelndes Vertrauen und Eifersucht sind sehr ansteckend.

Fällt Euch noch was auf? Unser Text bietet keine einfache Lösung. Dafür zeigt er Gottes Großzügigkeit und Zuwendung. Wenn wir Menschen keinen Ausweg mehr finden als den gordischen Knoten zu zerschlagen oder uns abzuwenden, kommt er um uns zu begleiten und ihn zu entwirren. 

Wie macht er das? 

Gott geht zuerst auf unser enges Herz ein. 

Dann begleitet er uns auf unserem Weg.

Zuletzt erinnert er uns an seine Versprechen. 

Gott geht auf unser enges Herz ein

Kennt Ihr solche Situationen, wo Ihr Euch wie Abraham zwischen den Stühlen wiederfindet? Oder wie Hagar benutzt, dann aber doch weggeschickt werdet? Oder wie Sara zornig und Ismael eifersüchtig?

Ganz egal, wie es sich verhält. Gott kümmert sich um uns, so wie wir sind und wo wir uns befinden. Wenn wir unser enges, überlaufendes Herz vor ihm ausschütten, hilft er uns es auszuleeren und in sein weites Herz zu kommen. 

So erlebt es Abraham. Er ist der erste, der Beteiligten, der mit seiner Hilflosigkeit zu Gott kommt. Gott antwortet ihm und geht überraschenderweise auf die lieblose Lösung Saras ein. Der Teenager Ismael soll weggeschickt werden. 17 Jahre vorher hätten sich Sara und Abraham anders entscheiden müssen. Es wäre nicht nötig gewesen Hagar ein Kind zu zeugen. Sie hätten auch Gottes Versprechen vertrauen können. Gott klagt aber nicht an. Gott steht zu seinem Wort. Er öffnet beiden Parteien die Tür ihm zu vertrauen. Deswegen geht er auch auf Hagar und Ismael in ihrer Hilflosigkeit zu. Er öffnet allen sein Herz.

Die Nachkommen von Isaak werden zu meinem auserwählten Volk. Aber die von Ismael werden auch groß werden. 

Gott verschließt sein Herz nicht – vor keinem – vor niemand! Er hat ein weites Herz, auch wenn wir Entscheidungen getroffen haben, die weder uns noch anderen gut tun. Das ist doch unglaublich! Setzen wir uns einfach Gottes weitem Herz aus. Machen wir das nicht nur für uns, sondern auch für andere. Schütten wir unser enges Herz in sein weites aus. Da ist viel Platz. Das befreit.

Gott begleitet uns auf diesem Weg.

Damit beginnt der zweite Akt der Geschichte. Hagar wird für den Weg versorgt, aber verirrt sich schließlich. Der eigene Proviant geht aus. Ismael hat als 17-jähriger wohl doch noch nicht die Kraft, die man ihm zugetraut hatte. Als er zusammenbricht, kann seine Mutter das nicht mit ansehen. Beide schreien sie ihre Not heraus zu Gott. Ismael – Gott hört! Das erleben Hagar und ihr Sohn. Du bist der Gott, der mich sieht. Gott ist heute derselbe für Hagar, wie damals. Er hat weder sie noch Ismael aus den Augen verloren. Er ist auch nicht taub geworden. 

Wenn wir uns auf unserem Weg verirrt haben und erschöpft sind, dürfen wir zu ihm rufen. Gott hört und sieht uns, wo wir sind und wie wir uns befinden. Er macht uns keine Vorhaltungen, sondern geht auf uns ein. Er kommt auf uns zu und erfrischt uns. Er öffnet uns die Augen wie Hagar, damit wir einen Brunnen sehen, aus dem wir trinken können. Er lässt uns nicht im Gestrüpp liegen. Manchmal sind wir Opfer der Entscheidungen anderer. Wir kommen zwischen die Räder, die andere ins Rollen gebracht haben. Wir selbst schaffen es aber nicht, den Karren zu stoppen. Oft schieben wir ihn selbst noch an. Auch wir finden keinen Halt. 

Hagar und Ismael erleben genau das. Als die Luft bei ihnen raus ist auf ihrem Weg, kommen sie kraftlos zur Ruhe. Genau an diesem Punkt bitten sie Gott um Hilfe. Wäre das nicht auch früher möglich gewesen? Sicher! Doch Gott macht ihnen keine Vorwürfe. Wie er sie vorher begleitet hat, so geht er jetzt auf sie ein.

Das will er auch mit uns. Er will uns auf dem Weg nicht erst erfrischen, wenn wir erschöpft sind. Es ist gut, unseren Karren immer mal wieder anzuhalten und von Gott warten zu lassen. Er will nicht, dass wir uns verirren, will uns vielmehr vorangehen, uns begleiten. Machen wir doch einfach Halt und lassen uns von ihm erfrischen. Und dann passiert etwas ganz besonderes. Er lädt uns ein mit ihm zu reden, auf ihn zu hören. Der Gottesdienst ist so ein Angebot, Hauskreis oder auch ein paar Minuten Qualitätszeit mit Gott nach dem Aufstehen oder vor dem Ins-Bett-gehen oder irgendwann anders am Tag. Es lohnt sich. Das hilft uns aus dem Gestrüpp des Tages zu kommen und uns erfrischen zu lassen. Gott ist so großzügig. Lassen wir uns darauf ein.

Gott erinnert uns an diesem Ruhepunkt an seine Versprechen. 

Erst, wenn wir uns Zeit für Gott nehmen, können wir seine Stimme hören. Abraham kommt in seiner Ratlosigkeit zu Gott, wie Hagar und Ismael in ihrer Hilflosigkeit. Genau in diesen Momenten erinnert sie Gott an seine Versprechen und seinen Plan.

Ich habe Großes mit Euch vor, mit Dir und mit Dir und mit Dir. Nur, weil ich mit Isaak etwas Größeres vorhabe, lasse ich Ismael nicht links liegen. Ich habe Ismael nicht verstoßen. Mit Isaak habe ich nur andere Pläne.

Ich habe euch beide unendlich lieb. Folgt nur meinem Plan mit euch. Bleibt an meiner Seite!” sagt Gott beiden. Die Geschichte zeigt, dass Isaak auf Gott hört. Ismael strickt sich seinen eigenen engen Glauben.

Was machen wir mit den Versprechen, die Gott uns gibt? 

Du bist geliebt. Ich habe einen Plan für Dich. Lass Dich nicht nur erfrischen. Folge mir auch. Meine Versprechen erfüllen sich nicht plötzlich. Sie wollen auf dem Weg, den Du gehst, mit Dir wachsen. Sie erfüllen sich auch nicht immer auf die Weise, die Du Dir gewünscht hast. Aber sie erfüllen sich zu Deinem Besten. 

Das Tolle an dieser Geschichte um Hagar und Ismael ist, dass Gott uns in unserer Verworrenheit begegnet. Er kommt nicht nur in unser enges Herz. Er lädt uns  ein, in sein weites Herz zu kommen und darin zu wachsen.