Wahrheit und Liebe

(GVSA Kurzimpuls aus dem Bibelprojekt des GVSA zum zweiten Johannesbrief)

Hallo und schön, dass Sie wieder dabei sind, hier Lars-Uwe Jung, Prediger in Aschersleben und Hettstedt mit ein paar Gedanken zum zweiten Brief des Johannes.“ 

Der zweite und dritte Brief des Johannes gehören zu den am wenigsten gelesenen Briefen im Neuen Testament. Beide sind jeweils nur ein kurzes Kapitel lang, 13 und 15 Verse. Der zweite Brief hört sich noch dazu ein bisschen geheimnisvoll an. Da ist von zwei Haushalten die Rede, dem der Herrin, dem ihrer Schwester und der Kinder, die in beiden wohnen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich um die bildhafte Umschreibung zweier Gemeinden und ihrer treuen Mitglieder. Aus dem Alten Testament kennen wir das, wenn die Propheten über verschiedene Städte Gericht oder Heil ausrufen. 

Möglicherweise hat Johannes seine drei Briefe zusammen geschrieben und verschickt. Der erste Brief wäre dann der Hauptbrief, der zweite der Abschlussbrief und der dritte an den Gemeindeleiter Gaius der Einführungsbrief. Aber das ist eine Hypothese. Genug des Durcheinanders mit der Zählweise.

Denn was bei allen Schriften von Johannes auffällt, und er in diesem Brief nochmal deutlich macht ist, dass man die Wahrheit nicht von der Liebe trennen kann. Beides gehört untrennbar zusammen. Wenn wir in der Wahrheit, also der wahren Lehre bleiben, können wir nicht anders als zu lieben. Das ist für Johannes eine ganz logische Folge. Wahrheit kommt aus der Liebe und führt zur Liebe und auch umgekehrt. Es sind untrennbare Zwillinge.

Oft haben wir jedoch Angst jemand die Wahrheit zu sagen. Meistens handelt es sich dabei auch um unsere persönliche Meinung. Manchmal ist aber wirklich so, dass wir einen Mitchristen oder einer Mitchristin erinnern müssen von sich weg wieder auf Jesus zu schauen. Der Glaube an Jesus soll ja nicht nur gedacht, sondern auch gelebt werden. Es kann gar nicht anders sein. Denn unser Glaube an Jesus hat praktische Auswirkungen, oder er ist gar kein Glaube. Das ist übrigens auch das große Thema, das die Briefe von Johannes mit denen von Petrus, Jakobus und Judas verbindet. 

Diese Auswirkungen drücken sich in der Liebe aus, wie wir sie an Jesus gesehen und erfahren haben. Es ist die Liebe, die sich opfert. Liebe, die über Gefühle hinaus geht, sie aber auch nicht ausklammert. Liebe lebt vom Miteinander, nicht im Übereinander. Sie beinhaltet Zuneigung, Barmherzigkeit, Freude, manchmal aber auch Schmerz. Das ist der Inhalt des Gebotes, dass uns Jesus gegeben hat.

Niemand hat dieses Gebot klarer gelebt als Jesus, der am Kreuz für uns gestorben ist. Jesus, der wirklich Gott war und doch wahrer Mensch, Ausdruck einer nicht zu übertreffenden Liebe. Da kommt Gott zu uns, um uns die Wahrheit über uns zu sagen. Wir sind nur selten dazu bereit, in Ruhe zuzuhören. Dass jemand uns lieb hat, hören wir gerne. Wenn er aber in seiner Liebe den Finger in die nicht heilende Wunde legt, ziehen wir uns reflexartig zurück. Dieses Zucken ist Zeichen der Sünde. Dabei ist es doch die heilende Hand, die uns berühren will. 

Johannes geht es dabei sogar um noch viel mehr. Es betont ganz klar, und unterstreicht das immer wieder in seinen Briefen und in seinem Evangelium. Jesus Christus, Gottes Mensch gewordener Sohn, hat sich selbst verwundbar gemacht. Gott selbst lässt sich verwunden. Er macht sich schwach, damit wir stark würden. Er macht sich klein, um uns aufzuheben. 

Wer das leugnet, sagt Johannes, hat weder die Wahrheit noch die Liebe Gottes verstanden. Solch eine Person ist herzlich als Gast willkommen, hat in der Gemeinde aber kein Wort. Denn daran steht und fällt der christliche Glaube. Wer diese Unfassbare Wahrheit und Liebe jedoch annimmt und es seinem Mitmenschen zugesteht, der ist wahrhaftig geliebtes Kind Gottes. 

Dieses geliebte Kind lässt sich gerne seine Wunden heilen. Ja natürlich; es zuckt reflexartig zurück, wenn Jesus es anrührt, vielleicht gibt es auch Tränen und Scham. Aber es lässt sich schließlich doch heilen. Es schaut aufs Kreuz und sieht seinen wunderbaren Heilmacher, seinen Heiland, schaut auf Gott und weiß: „Ich hab ein neues Leben. Gott selbst hat meine Krankheit getragen und meine Sünde auch.“ Wäre es nicht Gott selbst, wäre es pure Illusion. „Nimm‘s für dich an!“, sagt Johannes gleich zu Anfang:

Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von Jesus Christus, dem Sohn des Vaters, sei mit uns in der Wahrheit und in der Liebe!

Vers 3 aus dem zweiten Brief des Johannes nach der Lutherbibel von 2017,