Auf dem Schlauch gestanden

(Radio HBW – Andacht zum 21. August 2021 zu 2.Könige 22,14-15)

Standen Sie auch schonmal auf dem Schlauch? Nein, ich meine nicht den Gartenschlauch, auch nicht einen Feuerwehrschlauch. Obwohl – beim ersten ergeben sich machmal ganz lustige Szenen. 

Da will man im Sommer den Garten wässern. Man schließt den Schlauch an den Wasserhahn, öffnet das Ventil und merkt: da kommt nichts. Man dreht sich um. Schaut hin. Macht nur einen Schritt; und schwupps – da spritzt es einem ins Gesicht, aufs Hemd, die Hose. Als Kinder haben wir uns das eine und andere Mal auch absichtlich auf den Schlauch gestellt. Das Gelächter war dann groß, wenn wir unsere Füße weggenommen haben. War auch gar nicht so schlimm. In der Sonne trocknen die Sachen ja schnell. 

Dieser Tage, als ich in der Bibel las, musste ich schmunzeln. Da kann man im 2.Buch der Könige, im 22. Kapitel, auch lesen, wie gestandene Männer sozusagen auf dem Schlauch standen. Die Geschichte ist lange her. Das Prinzip hat sich bis heute aber nicht geändert. Und ich weiß nicht, ob damals nicht auch jemand von den Beteiligten schmunzeln musste. Obwohl – die Situation war irgendwie gar nicht so lustig. Das Land stand nämlich inmitten eine großen Krise.

Da war nämlich eine Frau, die in der Neustadt Jerusalems wohnte, so lesen wir. Ihr Mann war Chef der Kleiderkammer des Tempels oder Palastes. Da ist der Text nicht so eindeutig. Nun denn; da ist also die Frau eines Mannes, der ganz im Verborgenen seinem Job nachkam. Immerhin, die Aufgabe war anspruchsvoll, aber doch unscheinbar. Um diesen Mann geht es aber nun gar nicht. Es geht um die Frau dieses unscheinbaren Mannes, eine Frau also, die sogar noch hinter ihm stand. Doch gerade die bekommt in dieser Geschichte plötzlich und unvermittelt die Hauptrolle. Denn diese Frau namens Hulda steht als Einzige in Stadt und Land nicht auf dem Schlauch. Alle anderen gucken nur auf die Öffnung, aus der nichts rauskommt. Das Land im Krisenmodus.

Ein paar Tage oder Wochen vorher hatte man jedoch beim Aufräumen im Tempel die wichtigsten biblischen Schriften gefunden. Während der Regentschaft der vorigen Könige – das heißt so knapp 60 Jahre lang – waren sie beiseite gelegt und vergessen worden. Nun werden sie wiedergefunden, aufgeschlagen und mit überraschendem Interesse gelesen, ja sogar verschlungen. Das ist alles plötzlich wieder so neu in dem alten Buch, dass es König und Priester interessiert. Sie lesen und können nicht aufhören. Sie erschrecken über ihre Unwissenheit, die plötzlich zutage tritt. Um so interessanter, dass noch nicht mal die Priester den Durchblick haben. So lesen wir über dieses Ereignis:

Da gingen der Priester Hilkija, Ahikam, Achbor, Schafan und Asaja zur Prophetin Hulda. Sie war die Frau Schallums, des Sohnes Tikwas, des Sohnes des Harhas, des Verwalters der Kleiderkammer, und wohnte in Jerusalem in der Neustadt. Die Abgesandten trugen ihr alles vor 15 und sie gab ihnen diese Antwort: So spricht der Herr, der Gott Israels: Sagt [folgendes] zu dem Mann, der euch zu mir geschickt hat:

(2. Könige 22,14–15 nach der Einheitsübersetzung der Bibel von 2018)

Da kommen fünf intelligente und einflussreiche Männer zur Frau dieses unscheinbaren Mannes, der nicht nur unter den Klamotten der Priester und Beamten zu verschwinden scheint, sondern sogar noch hinter dem Schatten von Vater und Großvater. Die Männer stehen alle auf dem Schlauch. Die einzige in Stadt und Land, die es nicht tut, ist Hulda. Und irgendwie finden sie diese Frau und fragen um Rat. 

Diese wiederum zeigt keinen großen Respekt. Sie redet den König an mit: “Sagt diesem Mann da!” Sie nimmt ihm sozusagen die Krone vom Haupt. Dann scheucht sie die Abgesandten vom Schlauch, auf dem sie stehen. Und plötzlich spritzt es ihnen im übertragenen Sinn in Gesicht und Kleidung. Nein – Herz und Verstand werden plötzlich aus dem Schlaf geweckt und erfrischt. Hulda hilft ihnen Gottes Willen zu verstehen. Da ist ein großer Ernst drin, aber auch Trost. 

Was können wir davon lernen? Das Frauen die Schlaueren sind? Ja, warum nicht! Es geht aber um mehr. Um die Bibel zu verstehen, muss man nicht studiert haben, muss man nicht ganz vorne stehen. Die Bibel versteht man, wenn man bereit ist, sich auf den Willen Gottes einzulassen. Genau dann erlebt man, dass es Gott ernst meint mit seinem Trost. Dann erfrischt sein Wort unser Herz und Verstand.

Stehst Du auch noch auf dem Schlauch? … oder siehst Du Hulda schon mit dem Auge zwinkern und Dich einladen? “Komm, lass uns gemeinsam nach Gottes Willen fragen.” 

› Ihr Lars-Uwe Jung von den Landeskirchlichen Gemeinschaften Aschersleben und Hettstedt