Ganz nah und doch so fern

Sechs Männer aus verschiedenen Zeiten kommen sich ganz nah und bleiben sich doch so fern. Dann gibt es noch jemand, der ihnen gerne nahe kommen würde. Drei von ihnen nehmen das Angebot an.

(Ein paar Gedanken zu Jeremia, Kapitel 37-39 und seine Parallelen zum sechsten Kapitel im Markusevangelium und dem 26sten aus der Apostelgeschichte.)

Zedekia war der letzte König, der über Judäa regierte. Er war auch der jüngste unter den vier Söhnen Josias, von denen wir wissen. Sein älterer Bruder Jojakim war ein Spötter. Er hasste den Propheten Jeremia und hielt rein gar nichts von Gott. Zedekia interessiert sich auch nicht wirklich für den Gott Israels. Irgendwie lassen ihn die Worte Jeremias jedoch nicht los. Als der Prophet wegen falscher Nachrede in den Kerker kommt, lässt ihn Zedekia heimlich holen. Er ahnt immer mehr, dass Jeremia ein Mann war, den Gott gesandt hatte. Deswegen erbittet er von ihm immer wieder ein Wort von Gott. Obwohl Jeremia jedes Mal hart mit ihm redet, sorgt Zedekia für Hafterleichetrung. Wollte er doch noch an den Glauben seines Vaters Josia anknüpfen? Schlussendlich hört er nicht auf Jeremias Warnungen und erleidet ein trauriges Schicksal.

Im Neuen Testament lesen wir von Herodes Antipas, einem der Söhne von Herodes dem Großen, dem Kindermörder um die Zeit der Geburt von Jesus. Johannes der Täufer hatte Herodes Antipas wegen schwerer moralischer Verfehlungen in aller Öffentlichkeit scharf gerügt. Deswegen wirft der König ihn ins Gefängnis, wagt aber nicht, ihn zu töten. Aber auch er holt Johannes, den Propheten, immer wieder zu sich. Wie Zedekia lange vor ihm, spürt auch Herodes, dass Gott zu ihm spricht. Schlussendlich knickt er jedoch vor seiner Stieftochter ein und lässt Johannes umbringen.

Denn Herodes wusste, dass Johannes ein frommer und heiliger Mann war; darum wagte er nicht, ihn anzutasten. Er hielt ihn zwar in Haft, ließ sich aber gerne etwas von ihm sagen, auch wenn er beim Zuhören jedes Mal in große Verlegenheit geriet.

(Markus 6,20 nach der Bibelübersetzung Gute Nachricht 2000)

Als dritter im Bunde lesen wir in der Apostelgeschichte noch von Herodes Agrippa, dem Großneffen von Herodes Antipas. Er ist zusammen mit dem römischen Statthalter Festus zuständig, über den Apostel Paulus ein Urteil zu fällen. Sie hören Paulus Verteidigungsrede gespannt zu. Festus ist außer sich. Auch Agrippa ist tief berührt. Er steht kurz davor, Jesus sein Leben anzuvertrauen und Christ zu werden. Soweit kommt es jedoch zunächst nicht. Mehr wissen wir nicht über Agrippa.

  “König Agrippa, glaubst du den Ankündigungen der Propheten? Ich weiß, du glaubst ihnen!«Agrippa erwiderte: »Es dauert nicht mehr lange und du überredest mich noch dazu, dass ich selber Christ werde!«»Ob es nun kurz oder lang dauert«, sagte Paulus, »ich bete zu Gott, dass nicht nur du, sondern alle, die mich hier hören, mir gleich werden – die Fesseln natürlich ausgenommen.«

(Apostelgeschichte 26,27–29, nach der Bibelübersetzung Gute Nachricht 2000)  

Zedekia, Antipas und Agrippa, drei einflussreiche Männer werden von Gottes Wort tief berührt. Sie kommen Gott so nah und bleiben ihm doch so fern. Sie wagen es nicht, einen letzten Schritt des Vertrauens zu Gott hin zu tun.

Wo stehen wir, die wir uns Christen nennen? Es ist einfach, über das Leben anderer zu urteilen und dadurch von sich abzulenken. Gottes Aufmerksamkeit ist aber immer voll auf uns gerichtet. Er macht immer wieder Schritte auf uns zu durch seine Boten, durch sein Wort, die Bibel, und zuletzt durch seinen Sohn Jesus. Doch immer geht es darum, dass auch wir Schritte wagen, Gott ganz zu vertrauen. Was kann es uns schon kosten, wenn uns Gott so reich beschenkt? Er ist es, der sich zwischen uns und destruktiven Kräften stellen will. Geben wir ihm Raum dazu. Hören wir auf sein Wort. Gehorchen wir dem, der es wirklich gut mit uns meint. Machen wir uns falschen Ratgebern gegenüber taub, wenn sie auch noch so lieblich tanzen.

Schauen wir also nicht nur auf Jesus. Nehmen wir auch seine Hand und lassen sie nicht los. Er seinerseits wird uns jedenfalls nicht im Stich lassen. Wie schön, das zu wissen und ihn an unserer Seite zu haben. Nahe und nicht fern.

Glaube ist mehr als nur ein Gefühl.