Wie Gott Gemeinde baut (Psalm 147)

Predigtmanuskript

Wenn wir die alte griechische Übersetzung des hebräischen Originaltextes lesen, finden wir zwei Namen, die in Vers 1 und 12 wiederholt werden. Es sind die, der Propheten Haggai und Sacharja. Dort liest man zweimal: "Halleluja von Haggai und Sacharja". Es scheint also, dass Psalm 147 diesen beiden Männern Gottes gewidmet wurde oder sie dieses doppelte Halleluja oder Loblied sogar selbst komponiert haben. Wir können es nicht mit letzter Bestimmtheit sagen.

Auf jeden Fall erinnert dieses Lied an eine spannende Zeit in der Geschichte des Volkes Gottes, Israel.

König Kyrus fasst den Plan, die Juden wieder in ihr Land zu lassen. Ein erster Trupp macht sich aus Persien auf und kommt nach Jerusalem. Sie sehen nur Ruinen, beginnen aber gleich, Gott anzubeten und ihm ein Fest zu feiern. Dann beginnen sie mit den Planungen für den Tempelneubau. Die Bewohner wollen mitmachen und mit den Juden ein interreligöses Gebetshaus errichten. Serubbabel und Josua, die beiden Leiter, lehnen das Angebot ab. Nur von Juden und nur für ihren Gott soll der Tempel gebaut werden. Das erzürnt die Nachbarn so sehr, dass sie den begonnen Bau mit Gewalt und böser Nachrede stoppen.

Es vergehen gut 10 Jahre. Die in ihrem Glaubenseifer demotivierten Rückkehrer machen es sich so bequem wie möglich und bauen sich Häuser. Währenddessen studiert der inzwischen alt gewordene Daniel das Wort Gottes und betet im fernen Persien für sein Volk. Nur wenig später treten die beiden Männer Gottes Haggai und Sacharja auf. Auch sie hören Gottes Stimme und beginnen Serubbabel und Josua Mut zu machen wieder mit dem Bau zu beginnen. Die beiden Leiter und die anderen Juden fassen wieder Mut. Es vergeht kein Jahr, bis der Tempel mit Rückendeckung des Perserkönigs Darius fertiggestellt ist.

In dieser Zeit kommt auch der Schriftgelehrte Esra aus Persien und führt weitere Gruppen von Juden nach Jerusalem. Auch Nehemia stößt dazu und beginnt gegen Widerstände die Mauern Jerusalems zu bauen. Dies ist auch die Zeit, in der die Jüdin Ester Frau des Königs Xerxes von Persien wird (oder Ahasveros, Artaxerxes(?), Sohn Darius I) und ihr Volk vor einem Genozid bewahrt.

Dann ist der Tag, an dem dieser Doppelpsalm sehr wahrscheinlich das erste Mal gesungen wird. Es ist die Einweihung der Stadtmauer, die uns in Nehemia 12 geschildert wird. Man widmet den Psalm beiden Propheten Haggai und Sacharja. Jerusalem ist wieder bewohnt. Singend ziehen zwei Anbetungschöre und -bands um die fertiggestellte Stadtmauer. Die Menschen schauen von der Mauer herab und jubeln den Sängern zu. Gemeinsam beten sie Gott an und erinnern sich daran, was Gott an ihnen getan hat.

Sie danken Gott für sein Handeln.

Wenn wir auf dieses Lied und auf unsere Geschichte und Situation schauen, finden wir ein paar Gemeinsamkeiten mit der Situation damals in Jerusalem. Was für die Juden damals der Wiederaufbau Jerusalems war, ist für uns heute der Bau der Gemeinde. Wie sich Gott damals den Juden in ganz verschiedenen Situationen zuwandte, so will er das auch heute mit uns tun.

Dabei geht es um eine dreifache Frage: Was Gott tut, wenn er Gemeinde baut? Wen er mit in den Prozess hineinnimmt? und: Was ist sein Mittel, mit dem er Gemeinde baut und Neues schafft?

Was tut Gott, wenn er Gemeinde baut?

Die Sänger, das ganze Volk, erinnern sich begeistert daran, was sie mit Gott in allen Widerständen erlebt haben. Er war es, der sie nicht vergessen hat. Er ist es auch, der sie zusammensammelt, wie etwas, das ihm verloren gegangen war.

Die Menschen, die er zusammenruft, sind verstreut; der eine hier, die andere dort. Oft wissen sie gar nichts voneinander. Gott führt sie zusammen und benutzt ganz verschiedene Menschen dazu.

Die einen merken gar nicht, dass Gott sie gebraucht. Da sind die Könige Kyrus, Darius und Xerxes, denen Gott den Gedanken ins Herz legt, den zuvor unterjochten Völkern wieder in ihre Heimat zu entlassen.

Da sind aber auch viele Menschen, die das Anliegen teilen, sich zusammenzutun und gemeinsam Gott anzubeten. Wir hören vom Pionier Serubbabel und dem Priester Josua, von den Propheten Haggai und Sacharja, aber auch vom Schriftgelehrten Esra und dem Organisator Nehemia. Im Hintergrund hilft der hohe Beamte Daniel aus Persien im Gebet und Ester, die Frau eines persischen Herrschers für Schutz.

Gott ruft viele verschiedene Menschen und ruft sie nacheinander zusammen. Noch mehr Menschen werden erwähnt und noch viel mehr gar nicht. Aber alle sind Teil eines neuen Ganzes. Alle hören Gottes Stimme und machen sich auf. Die Zerstreuten lassen sich von Gott zusammenrufen.

Es sind Menschen mit Vergangenheit. Sie kommen nicht aus dem unberührten Nichts. Jeder kann von zerbrochenen Herzen, von enttäuschten Hoffnungen, von Verletzungen und scheinbar nicht endenden Geduldsproben berichten. Doch jeder einzelne merkt auch, das Gott sich ihm, sich ihr konkret zuwendet.

Der unvorstellbar große Gott, der die Sterne am Himmel zählt und keinen übersieht, widmet sich seinen Menschen auf der Erde. Sie haben kein Licht an sich, wie die Sterne am Himmel. Deswegen leuchtet Gott sie an, macht aus ihrem Dunkel Licht. Er macht sie selbst zum Licht für die Völker. Niemand wird vergessen.

Was sie dabei erleben ist, dass Gott sie auch berührt, umarmt. Er lässt sich durch Schmutz und Wunden nicht abschrecken. Er kommt, um zu heilen und zu pflegen. Er wäscht und behandelt, verbindet und macht ganz, was zerrissen war.

Davon singen die Menschen. Genau das erleben wir auch heute. Gott sammelt ganz verschiedene Menschen in der Gemeinde zusammen und begegnet ihnen in heilsamer Weise, dir und mir, Menschen, deren Namen wir noch nicht kennen und andere, die uns schon lange bekannt sind.

Wen nimmt Gott konkret mit in diesen Prozess hinein?

Die Menschen, die den Psalm singen, haben gemerkt und selbst erlebt, dass Gott sie liebt, nicht weil sie so tolle Kerle sind, sondern obwohl sie es nicht sind.

Die Erniedrigten richtet er auf, doch alle, die sich gegen ihn erheben, wirft er zu Boden.“, hören wir singen und: „Viele verlassen sich auf ihre schnellen Pferde und die starken Muskeln ihrer Krieger; sie alle sind dem Herrn zuwider.


Psalm 147,6 und 10 nach der Bibelübersetzung Gute Nachricht

Gott ignoriert die Prahler und die, die sich auf sich selbst verlassen. Dafür hört er die, die verlassen wurden und jetzt Mut fassen und laut nach ihm schreien. Das darf sogar ein Krächzen sein, wie Raben es tun. Man muss kein Singvogel sein, um Gott zu loben. Man darf es aber.

Worauf es ankommt sind eben nicht unsere Fähigkeiten, sondern unser Vertrauen, nämlich dass wir Gott ehren und ihm gehorchen wollen. Es dreht sich nicht um unsere Stärke, sondern alles um Gottes Güte.

Alle Gaben, die wir bekommen und Fähigkeiten, die wir haben, widmen wir Gott, wie es Haggai und Sacharja, Serubbabel und Josua, Esra und Nehemia, Daniel und Ester und viele andere gemacht haben. Alles fähige Menschen, die sich Gott anvertraut haben.

Genau das sollen wir auch tun. Dazu ruft uns dieses Lied auf. Ob wir krächzen oder singen, lasst uns das zusammen vor Gott tun und auf ihn hören.

Was ist Gottes Methode beim Gemeindebau?

Wenn Gott spricht, passiert etwas. Er wehrt denen, die es nicht hören wollen und verändert die, die sich auf sein Wort einlassen.

Paulus beschreibt das Wort Gottes in seinem Brief an die Christen in Ephesus als Schwert. Dasselbe lesen wir auch im Brief an die Hebräer. Das Wort Gottes tut etwas mit uns, wenn es auf uns trifft. Wir selbst dürfen es aber auch gebrauchen.

Gottes Schwert, sein Wort, ist nicht dazu da, um zu töten, sondern um zu heilen, um Faules sauber herauszuschneiden wie eine schlechte Stelle im Apfel. Wer will in einen bitteren, verwurmten Apfel beißen? Wer will so einer sein? Gott kommt, will uns genießbar machen und das Herausgeschnittene wieder füllen mit seiner Güte.

Wir dürfen auch lernen das Wort Gottes zu benutzen. Der Vergleich hört sich zwar etwas albern an, bietet aber eine gute Parallele. Wie wir eine Gurke in die richtige Richtung schälen müssen, damit sie nicht bitter wird, sollen wir auch das Wort Gottes benutzen, um Menschen zu segnen und nicht bitter zu machen. Das können wir von den Männer und Frauen lernen, denen dieser Psalm gewidmet ist.

Trotzdem passiert es, dass sich Menschen dem Wort Gottes verschließen. Das Leben hat sie bitter gemacht, Erfahrungen und Erlebnisse, die sie verletzt haben. Der Erfolg hat sie faul gemacht sich auf Gottes Wort einzulassen.

Gott sagt den einen wie den anderen:

Mein Wort ist ein Licht. Mein Wort lässt das Eis schmelzen. Mein Wort kann auch falsche Ideen zerschmettern wie Hagel oder auflösen wie die Sonne das Eis. Mein Wort kann dein Leben auch schön machen, wie eine weiße, sanfte Schneedecke. Sie ist nicht nur schön, sondern schützt auch davor den Frost durchzulassen.

Gott, der die Eiskristalle gemacht hat und die Sterne am Himmel, will uns in seiner Liebe begegnen. Er begegnet uns auch in seinem Wort. Er hat sein Wort Mensch werden lassen in Jesus. Durch ihn macht er uns heil. Zu ihm ruft er uns. In seinem Namen kommen wir zusammen.

Amen!